Demo:Muslime planen Freitagsgebet am Münchner Marienplatz

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Der Gebetsraum an der Hotterstraße war zuletzt so überfüllt, dass Gläubige vor deren Fenstern die Gebetsteppiche ausrollen mussten. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Aus Brandschutzgründen musste der Gebetsraum an der Hotterstraße in München schließen.
  • Muslime verlieren damit auch noch die letzte Moschee im Stadtzentrum.
  • Zum Freitagsgebet soll es deshalb eine Demo auf dem Marienplatz geben.

Von Jakob Wetzel, München

Der Andrang war am Ende einfach zu groß. Vor der Tür zur Altstadt-Moschee an der Hotterstraße habe es freitags zuletzt immer wieder Auseinandersetzungen gegeben, sagt Benjamin Idriz, Imam des Münchner Forums für Islam (MFI). Seit Anfang des Jahres sei die Zahl der Moscheebesucher drastisch gestiegen. Hunderte wollten am Freitag, wenn gläubige Muslime mit einem Imam beten müssen, in die Moschee, sie war schließlich die einzige in der Altstadt. Aber sie war klein, bald durfte niemand mehr hinein, das gebot der Brandschutz.

Wer daraufhin nicht gehen wollte, blieb vor der Tür, betete auf dem Parkplatz, wo er den Imam durch das Fenster hören konnte. "Jeder Passant konnte sehen, dass das kein Dauerzustand war", sagt Idriz. Deshalb habe der Vorstand des Vereins nun die Notbremse gezogen.

Seit Anfang dieser Woche ist die Moschee im MFI geschlossen. Nicht nur das überlaufene Freitagsgebet, auch die täglichen Gebete fallen ab sofort aus. Das noch bis 2018 gemietete Gebäude dient dem Verein nur noch als Geschäftsstelle, als Veranstaltungszentrum und als Informationsbüro für das nach wie vor bestehende Vereinsziel, eine repräsentative, liberale Moschee in München zu bauen. Gepredigt aber wird nicht mehr - und damit hat sich die Raumnot der muslimischen Münchner ein weiteres Mal verschärft.

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Für diesen Freitag hat deshalb Massi Popal zu einer einstündigen Kundgebung auf dem Marienplatz aufgerufen. Dort will er von 13 Uhr an auf die Raumnot der Muslime aufmerksam machen. Danach will er mit allen Teilnehmern unter freiem Himmel das Freitagsgebet verrichten. Angekündigt hat er 200 Teilnehmer. Hinter ihm stehe kein Moscheeverein und kein islamischer Verband, sagt der 28-Jährige. Er engagiere sich als Privatperson. Und er habe schlicht einen Nerv getroffen.

Denn in der Münchner Innenstadt ist in den vergangenen Monaten eine Moschee nach der anderen geschlossen worden. Verlässliche Zahlen sind nicht zu bekommen, weil das islamische Gemeindeleben nicht zentral organisiert ist. Doch selbst im südlichen Bahnhofsviertel, wo bis vor wenigen Jahren noch ein halbes Dutzend Gebetsräume fußläufig zu erreichen waren, gibt es keine Moschee mehr.

Die letzte war die Kuba-Moschee an der Landwehrstraße: Sie musste Ende März schließen, nach 36 Jahren. Auch hier ging es um Brandschutz: Es kamen erheblich mehr Betende als die 90 Zugelassenen - und unter den neuen Gästen waren keineswegs nur Neumünchner, also Zuwanderer oder Flüchtlinge. Auch eingesessene Muslime wichen zuletzt auf die Moschee aus, weil ihre alte Moschee geschlossen hatte. Und mit jeder Schließung drehte sich der Teufelskreis weiter: Je weniger Moscheen blieben, desto mehr Menschen drängten in jede einzelne.

Wohin nun? Der von der Altstadt aus nächstgelegene Gebetsraum ist Albanisch geprägt und befindet sich an der Karlstraße, in der Nähe des Königsplatzes. Größere Moscheen mit mehr Platz stehen in Pasing und in Freimann - wer soll freitags in der Mittagspause dorthin fahren? Wenn die Gläubigen am MFI am Freitag Benjamin Idriz fragen, wo sie denn nun beten sollen, dann muss der Imam passen: "Darauf haben wir leider keine Antwort."

Massi Popal erzählt, er sei in München geboren und aufgewachsen. Er liebe seine Stadt und wolle nirgendwo sonst daheim sein. Doch als er gesehen habe, wie eine Moschee nach der anderen verschwand, habe ihn das verletzt. Die Muslime bräuchten einen zentralen Ort, findet er. "Es geht mir auch um das Gefühl, zugehörig zu sein in meiner Heimatstadt."

Seine Idee einer Kundgebung trifft indes nicht bei allen muslimischen Münchnern auf Zustimmung. Auch Imam Idriz ist skeptisch: Die Kundgebung sei eine spontane Aktion eines Einzelnen. Man müsse aber gemeinsam handeln, findet er. Der Münchner Muslimrat zum Beispiel, der viele muslimische Vereine und Verbände vertritt, plane für den 2. Juni bereits ein eigenes gemeinsames Freitagsgebet in der Stadt.

Vor allem aber dürfe man nicht den Eindruck vermitteln, dass man sich gegen die Stadt wende. Die Stadt könne vielleicht helfen, aber sie sei nicht schuld, wenn Moscheen geschlossen werden. Von Schuldzuweisungen hält auch Massi Popal nichts: "Der Stadt den Schwarzen Peter zuzuschieben, ist überhaupt nicht das Ziel!", sagt er. Er wünsche sich nur, dass der Stadtrat sieht, was in München geschieht.

© SZ vom 17.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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