Süddeutsche Zeitung

Demo gegen Münchner Sicherheitskonferenz:"Vermiesen wir den Herren im Bayerischen Hof den Tag!"

Die Kälte ist unerbittlich, doch die Gegner der Münchner Sicherheitskonferenz lassen sich davon nicht beeindrucken. Mehr als 1000 Menschen gehen gegen Krieg und Rüstungsexporte auf die Straße - mit phantasievollen Kostümen und jeder Menge Wut im Bauch. In Bildern.

Tobias Dorfer

Nur ein kleines Grüppchen hat sich auf dem Münchner Karlsplatz eingefunden. In einer Stunde soll es losgehen mit der groß angekündigten Demonstration gegen die Münchner Sicherheitskonferenz, die zeitgleich im Hotel Bayerischer Hof stattfindet. Doch fast keiner ist da. Wird die Kundgebung der Aktivisten zum Desaster?

Auch die Polizisten haben noch nichts zu tun. 3100 Beamte seien im Einsatz, verkündigt die Polizei. Doch wo bleiben die Demonstranten?

Nach und nach trudeln sie dann doch ein - wie Johannes (rechts im Bild). Er kommt seit vier Jahren zu den Demonstrationen gegen die Sicherheitskonferenz. "Da sitzen die klügsten Leute im Bayerischen Hof", sagt er. "Aber sie können sich nicht einigen." Traurig sei das, sagt der 29-Jährige, der an diesem Samstag Flagge zeigen und gegen Kriege demonstrieren möchte. Eingepackt in eine dicke Jacke, Schal und Mütze macht er sich warm für den Protestmarsch.

Und plötzlich ist der Karlsplatz voll. 800 Kriegsgegner seien gekommen, meldet die Polizei, später wird sie diese Zahl auf 2000 erhöhen. Trotzdem - in den vergangenen Jahren waren mehr Menschen bei der Demo. An der Kälte liegt es, sagen viele, die gekommen sind.

Wer warme Kleidung trägt, ist heute klar im Vorteil. Manche trinken Tee, Bierflaschen sind fast gar nicht zu sehen - für einen Auftakt mit Alkohol ist es definitiv zu kalt. Andere halten sich mit einem Tänzchen warm.

Der Protest ist bunt: Frauengruppen, DKP-Mitglieder, Stuttgart-21-Gegner, Friedensaktivisten, Gewerkschaftler und viele mehr haben sich am Karlsplatz eingefunden. Besonders viel Farbe...

... bringen diese Clowns in die Veranstaltung. Für bunte Clownkleidung ist es an diesem Tag aber viel zu kalt.

Lisa Munz aus der Nähe von Ingolstadt (rechts im Bild) ist erst zum zweiten Mal auf einer Anti-Sicherheitskonferenz-Demo. Gegen Krieg war sie schon immer, sagt sie. Aber richtig aktiv wurde sie erst vor wenigen Jahren. In Afghanistan herrsche Krieg, sagt sie. Alles sei schlechter geworden durch den Einsatz am Hindukusch. Man solle mehr Schulen und Kindergärten in Afghanistan bauen, wünscht sich Munz, die mit ihrem Mann (links) und einem Bekannten nach München gekommen ist. Der Sicherheitskonferenz kann sie nichts Gutes abgewinnen: "Da geht es doch nur um die Rüstung und damit, wie man mit Waffenlieferungen Geld verdient", sagt sie.

Ein anderes Anliegen haben Tünün Cokdegerli (links) und ihr Sohn. Sie wollen nicht nur für Frieden und Gerechtigkeit demonstrieren sondern wollen mit anderen Vertretern des Demokratischen Arbeitervereins (DIDF) auch auf die Situation der Kurden in der Türkei aufmerksam machen.

Die Situation der Kurden liegt auch Kathrin (rechts) am Herzen. Sie setzt sich für die Pressefreiheit in der Türkei ein. "Deutschland liefert Waffen und Panzer an die Türkei", sagt sie. Mit diesen Waffen würden in der Türkei Andersdenkende unterdrückt. Die Kälte macht Kathrin gar nichts aus. "Ich bin innerlich heiß", sagt sie und lacht.

Auch kirchliche Gruppen sind an den Karlsplatz gekommen. Mehr Aufsehen erregt jedoch...

... diese Gruppe, die sich über Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ärgert.

Aber auch andere Unternehmen sind Zielscheibe des Ärgers: Der europäische Rüstungskonzern EADS zum Beispiel - oder...

... das Unternehmen Krauss Maffei Wegmann, das seinen Hauptsitz in München hat.

Krieg? Bäääh! Auf diese Botschaft können sich alle Demonstrierenden einigen.

Der Tod ein Meister aus Deutschland? Auch dieser Kriegsgegner protestiert gegen Waffenverkäufe ins Ausland.

Dieser Teilnehmer hat sich ein spektakuläres Kostüm gebastelt.

Auf der Bühne ruft eine Sprecherin des Aktionsbündnisses: "Vermiesen wir den Herren und wenigen Damen im Bayerischen Hof den Tag!" Ein Mann hält Flugblätter in die Höhe - und wenig später...

...geht es auch los. Mit 20 Minuten Verspätung setzt sich der Protestzug in Bewegung.

Größere Zwischenfälle gibt es zunächst nicht. Die Kälte lässt selbst die heißesten Herzen ein wenig ruhiger werden - und die Menschen schneller laufen. Ein Polizist sagt, so rasch wie in diesem Jahr seien die Demonstranten noch nie durch die Innenstadt gezogen.

Über die Bayer-, Landwehr- und Sonnenstraße geht es zum Sendlinger Tor und dann immer weiter in Richtung Marienplatz, wo wenig später die Hauptkundgebung stattfindet. Diese Demonstrierenden sorgen für die musikalische und tänzerische Untermalung des Protestzugs - mit dem angenehmen Nebeneffekt: Man friert nicht so sehr.

Am Marienplatz hat sich die Zahl der Teilnehmer schon etwas reduziert. Einige Kriegsgegner sind auf den Alten Peter gestiegen und lassen ein Plakat herunter.

Da lassen sich diese Banner schon besser lesen.

Zur Abschlusskundgebung spricht neben Malalai Joya aus Afghanistan auch der Musiker Konstantin Wecker (Foto). Wolfgang Ischinger, der Organisator der Sicherheitskonferenz, habe sogar Macht über das Wetter, sagt Wecker mit Blick auf die eisige Kälte. "Aber das wird ihm nichts nützen." Auch die Polizei ist mit dem Verlauf zufrieden. Es habe lediglich kleinere Störungen gegeben, der Großteil der Demonstranten sei friedlich gewesen, heißt es von den Beamten.

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