DEL 2:Kevin gegen Goliath

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"Garantien gibt es keine": Trotz des fehlenden Hauptsponsors hat Kevin Gaudet sich für ein weiteres Jahr in Bad Tölz entschieden. (Foto: Michael Sigl/imago)

Die Tölzer Löwen können den erfolgsverwöhnten Trainer Gaudet für eine weitere Spielzeit verpflichten. Doch der 57-Jährige muss sich auf schwierige Bedingungen einstellen.

Von Christian Bernhard, Bad Tölz

Kevin Gaudet musste zuletzt auf eine seiner Lieblingsbeschäftigungen verzichten: das Golfen. Schuld war nicht die Corona-Pandemie, sondern das Wetter. "Unglaublich, nur Regen und Kälte", klagte der Trainer der Tölzer Löwen, so etwas habe er in seinen 30 Jahren in Deutschland zu dieser Jahreszeit noch nicht gesehen. Und seit Freitag ist klar, dass ein 31. Jahr dazukommen wird, denn da gaben die Tölzer die Vertragsverlängerung mit Gaudet für eine weitere Saison bekannt. "Kevin ist ein echter Erfolgstrainer. Er kennt die Liga in- und auswendig und weiß, was man braucht, um Siege zu holen", sagte Löwen-Geschäftsführer Jürgen Rumrich. "Dazu ist er ein feiner Sportsmann." Gaudet führte die Tölzer, die in den DEL2-Spielzeiten vor ihm 13. und 12. waren, zunächst auf Rang fünf und in der zurückliegenden Saison auf Platz zwei der Hauptrunde. Im Playoff-Viertelfinale gegen Ravensburg war dann Schluss.

"Das ist der Schlüssel. Wenn etwas Geld zum Arbeiten da ist, kann ich immer Spieler finden."

"Ich habe 30 Jahre Erfahrung, aber dieser zweite Platz, mit so wenig Leuten und diesem engen Spielplan, ist für mich der größte Erfolg", versicherte Gaudet. "Wenn mir vor der Saison jemand gesagt hätte, mit so einem kleinen Kader und diesem Verletzungspech werden wir Zweiter, hätte ich ihn ausgelacht." Aufgrund der restriktiven Corona-Einreiseregeln in seiner Heimat Kanada bleibt Gaudet erst einmal weiter in Bad Tölz. Dort hätte er auch ohne Golfen genug zu tun: "Wir versuchen, mit einem kleinen Etat eine Mannschaft zusammenzustellen."

Dass die nächste ähnlich stark sein wird wie die bisherige, werde "verdammt schwer", weiß er. Neben dem Verlust zahlreicher Schlüsselspieler wie Maximilian Franzreb, Reid Gardiner, Marco Pfleger oder Andreas Schwarz beunruhigt Gaudet vor allem jener des Hauptsponsors Wee. "Das ist der Schlüssel. Wenn etwas Geld zum Arbeiten da ist, kann ich immer Spieler finden, aber ohne Hauptsponsor wird es richtig schwer." Der Klub ist mit Blick auf die DEL2-Lizenzierung, die bis zum 15. Juni läuft, optimistisch.

"Was bringt es dir, vier Reihen zu haben, wenn du dann 13. wirst?"

Der 57-jährige Trainer erinnerte daran, dass er vor zwei Jahren nach Bad Tölz gekommen sei, da Wee-Gründer Cengiz Ehliz das Ziel DEL ausgerufen habe. "Dieses Ziel war sehr interessant für mich." Jetzt muss sich Gaudet mit neuen Realitäten abfinden. "Wir können nicht denken, nächstes Jahr ganz oben mitzuspielen. Das ist sicher. Es wird ein Kampf, in die Playoffs zu kommen", prophezeit er. Eine neue Ausgangslage für Gaudet, denn "in den letzten 20 Jahren habe ich immer um den Titel mitgespielt". Jetzt will er die Motivation aus dem "David gegen Goliath"-Motiv ziehen. Kleiner Standort, niedriger Etat: "Wir sind ein bisschen wie Straubing in der DEL", sagte Gaudet, der sich selbst als "Kämpfer" bezeichnete - trotz der Ungewissheiten. "Garantien vom Verein habe ich keine", sagte er, "im Moment wissen wir nicht genau, wie der Etat aussehen wird." Der nächstjährige Löwen-Kader werde abermals ein kleiner sein. "Man muss sich immer entscheiden: Will man einen großen Kader, aber wenig Talent? Oder einen kleinen und mehr Talent? Wir haben gesehen, was mehr Talent macht", sagte er mit Blick auf die zurückliegende Spielzeit und stellte die rhetorische Frage in den Raum: "Was bringt es dir, vier Reihen zu haben, wenn du dann 13. wirst?"

Im Moment stehen sieben Spieler für die kommende Saison unter Vertrag, darunter zwei mit ausländischer Lizenz: Max French, zuletzt DEL2-Spieler des Jahres, und dessen kanadischer Sturmkollege Tyler McNeely. Was die zwei offenen Ausländerpositionen betrifft, will Gaudet abwarten. Sie für zwei weitere Stürmer zu verwenden, sei eine Möglichkeit, der Verbleib von Verteidiger Kenney Morrison ebenfalls eine Option. "Kommt darauf an, was der Etat hergibt", erklärte er. Fakt ist: "Wir müssen uns neu orientieren. Eigentlich willst du dich nach so einer Saison noch weiter verbessern, das Team zusammenhalten und ergänzen. Alles wäre möglich gewesen", sagte er. Nun gilt es, das Beste daraus zu machen - und auf besseres Wetter fürs Golfen zu hoffen.

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