Deep Purple in München:Ohne Knastbrüder und Lederjacken

Wenig Rauch und ein großartiges "Smoke on the Water": Deep Purple lassen auf ihrem Jubiläumskonzert den Hardrock wiederauferstehen.

Lisa Sonnabend

Es war in einer Sommernacht, als es die Absackerkneipe Koralle in Schwabing noch gab: "Im November unbedingt zum Konzert von Deep Purple gehen", empfahl dort ein großer Typ in schwarzer Lederjacke. Er selber könne leider nicht hin, er müsse zu der Zeit wieder in den Knast.

Deep Purple in München

Hard Rock pur: Deep Purple heizen der Münchner Olympiahalle ein.

(Foto: Foto: Lisa Sonnabend)

Wer dachte, am Samstagabend in der Münchner Olympiahalle auf ähnlich raue Kerle zu treffen, lag falsch. Kaum ein Konzertbesucher trug eine dicke Lederjacke, statt langen Matten waren bereits ergraute Haare zu sehen, sogar Eltern waren mit Kindern im Grundschulalter gekommen. Nur ein Gipsarm, der in der dritte Reihe zum Rhythmus in die Luft gereckt wurde, deutete womöglich auf einen Typ raueren Gemütes hin.

Auch Deep Purple, die zu den Mitbegründern des Hard Rock zählen, gaben sich zahm. Sänger Ian Gillan schlenderte barfuß auch die Bühne und trug Jeans zum weißem Designer-T-Shirt. Er hüpfte auf und ab, wie ein Kind, das die Bescherung an Weihnachten nicht mehr erwarten kann. Die muskelbepackten Steve Morse und Roger Glover bearbeiteten Gitarre und Bass zwar gewohnt heftig, doch dabei lächelten sie stets brav.

An diesem Abend gelang es Deep Purple mit Leichtigkeit, das Publikum mit in die Vergangenheit zu nehmen und klar zu machen, warum die Band zu den Größen des Hard Rock zählt. Seit 40 Jahren gibt es Deep Purple und zum Jubiläum touren sie nun durch die Konzerthallen der Welt. 40 Jahre, in denen die Bandbesetzung zehn Mal wechselte, sich wohl Hunderte Mal in die Haare geriet und ebenso oft vereint auf der Bühne stand. Schlagzeuger Ian Paice ist der einzige, der von Anfang an durchgehalten hat. Das Konzert in der Olympiahalle hat sogar einen weiteren historischen Bezug. Nach den Olympischen Spielen 1972 fand hier am 21. Januar 1973 das erste Rockkonzert statt. Auf der Bühne: Deep Purple.

Gewohnt geradlinig ging es auch auf dem Konzert 35 Jahre später zu: Keine Licht- oder Bühnenshow, die ablenken könnte. Stattdessen volle Konzentration auf die mitreißenden Bass-Intros von Rover, die harmonischen Klänge der Hammond-Orgel von Don Airey und den kreischenden Gesang von Gillan.

Als nach fast eineinhalb Stunden "Highway Star" gespielt wurde, bewegte sich das Konzert auf den Höhepunkt zu. Es fehlte nur noch "Smoke on the Water" - und der Song kam gleich anschließend. Die Fans sangen mit. Wer ausreichend Platz hatte, spielte das meistgespielte Gitarrenriff aller Zeiten auf der Luftgitarre mit. Das ist Rock pur.

Und so wünscht man dem Mann aus der Koralle, der sich sicherlich an diesem Abend im Gefängnis die Haare raufte wegen des verpassten Konzerts, dass er beim nächsten Auftritt der Kultband wieder dabei sein kann.

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