Debatten erwünscht:Mit Bus und provokanten Ideen

Die Münchner SPD stellt ihren Fahrplan bis zur Wahl vor

Von Dominik Hutter

Gut möglich, dass die SPD bald im Bus vorbeikommt - mit Tischen und Stühlen, an denen es sich gemütlich über Kommunalpolitik und ganz allgemein über die Sorgen und Nöte der Münchner diskutieren lässt. Bislang haben die Sozialdemokraten noch kein Gefährt für diese Aktion, die laut Münchens Parteivize Roland Fischer in wenigen Wochen starten und dann möglichst jeden Tag ablaufen soll. "Kümmerer-Partei" müsse die SPD wieder werden, sagt Fischer. Es soll Kaffee geben, aber kein Bier. Und keine Broschüren, Luftballons oder Kugelschreiber, kein Infostand-Feeling also.

Es ist ein schwieriger Weg bis zur Kommunalwahl 2020, das ist der SPD spätestens seit der Klatsche bei der Landtagswahl bewusst geworden. Den Startpunkt sieht Parteichefin Claudia Tausend beim SPD-Parteitag am kommenden Samstag: Dort soll es zwar keine personellen Neuerungen geben, der Großteil des Vorstands tritt wieder an. Die Bundespartei habe bewiesen, dass ein ständiger Austausch von Köpfen nichts bringe, erklärt Tausend. Vielmehr will sich die SPD als Debattenpartei präsentieren. Mit einem durchaus provokanten Thesenpapier sollen die Vorbereitungen fürs Kommunalwahlprogramm beginnen. Vieles sei noch unausgegoren, und so manche Idee werde wohl die Debattenphase nicht überstehen, weiß die Bundestagsabgeordnete. Was aber übrig bleibt und dann auch konkret formuliert ist, soll am 30. April 2019 abgestimmt werden. Kurz darauf wird auch die Kandidatenliste für die Stadtratswahl erstellt. Ende August 2019 ist Meldeschluss für die Kandidaten, danach stellen sich die Bewerber parteiintern vor. Im November werden dann Liste und OB-Kandidatur offiziell festgezurrt.

Das Thesenpapier birgt durchaus Sprengstoff, es soll schließlich anregend diskutiert werden. So will die SPD wo möglich die Unternehmen an die Kandare nehmen. Gewerbeflächen sollen nur noch für Firmen ausgewiesen werden, die bestimmte Mindeststandards einhalten. Wohnraum für die eigenen Mitarbeiter zählt dazu, Werkswohnungen also oder Belegrechte. Und möglicherweise auch ein kommunaler Mindestlohn. 12,50 Euro kann sich Fischer vorstellen. Das klappt allerdings nur, wenn die Stadt Druckmittel hat - über den Verkauf von Grundstücken etwa oder übers Planungsrecht. Genauso wie beim Wohnungsbau, bei dem Investoren etwa die Infrastruktur mitfinanzieren sowie einen Anteil bezahlbarer Wohnungen anbieten müssen. Lediglich bei städtischen Unternehmen sowie natürlich in der Verwaltung selbst kann das Rathaus einen flächendeckenden Mindestlohn einführen.

Regeln wollen die Sozialdemokraten auch den ausufernden Lieferverkehr: durch ein kommunales Liefersystem mit emissionsfreien Fahrzeugen, das das unorganisierte Nebeneinander zahlreicher Lieferfirmen beendet. Es sollen weniger neue Hotels gebaut und bei der Ausweisung von Gewerbeflächen bereits ansässige Unternehmen bevorzugt werden. Über einen stadtweiten Fonds, so stellt es sich die SPD vor, können sich Bürger Grundstücke in der eigenen Stadt sichern - als Anlagemodell mit einer Rendite unterhalb der Casinomarke. "Wir kaufen uns die Stadt zurück", lautet für Fischer das Motto der Aktion, die als Gegenstück zu den internationalen Immobilieninvestoren mit ihren Renditeerwartungen dient.

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