David Hasselhoff in München:Der Hoff in Endlosschleife

Zwei Mal "Looking for Freedom", ein Nackter, aber keine blinkende Lederjacke: Beim Konzert von David Hasselhoff in München werfen die Zuschauer Slips statt Bierbecher.

Lisa Sonnabend

Was war das für ein Geschrei: Iggy Pop hat sich nackt auf der Bühne gezeigt! Auch der Auftritt von David Hasselhoff am Montagabend im Deutschen Theater in München-Fröttmaning sorgt für einen Skandal, zumindest ein Skandälchen. Erst zieht der Mann den Oberkörper blank, dann rutscht die Hose nach unten und schließlich gar die Unterhose. Auf der Bühne steht der US-amerikanische Sänger, auf einer Empore im hinteren Bereich des Zuschauerraumes ein junger Mann, kaum 20, in Adamskostüm. Er wiegt seinen Körper zum Limbo Dance lässig hin und her.

Mit einigem war zu rechnen beim Konzert von Neunziger-Jahre-Star David Hasselhoff: mit einem torkelndem Sänger, mit einer Lederjacke mit blinkenden Leuchtdioden wie sie der US-amerikanische Sänger nach dem Mauerfall in Berlin trug, oder wenigstens mit einer ordentlichen Fülle an schwarzem Brusthaar. Doch nichts von alledem hat sich erfüllt. Dafür der nackte Fan. "The Hoff" is back - und wie!

Zu Beginn steht Hasselhoff mit dem Rücken zum Publikum, auf seiner schwarzen Lederjacke prangt ein weißer Adler, eine Hand hat er in die Höhe gestreckt. Dann dreht der 58-Jährige sich ruckartig um, der Beat wummert los: I've been looking for freedom.... Die Zuschauer kreischen, hüpfen, klatschen. Das Faszinosum hält bis heute an. Vielleicht war es ja doch Hasselhoff, der die Mauer zum Einsturz brachte.

Looking for Freedom funktioniert auch nach über 20 Jahren, noch immer bekommen Tausende Deutsche täglich einen Ohrwurm, noch immer wird der Song auf Partys gespielt, wenn die Stimmung gerade auf dem Höhepunkt ist. Dabei ist David Hasselhoffs bekanntester Song eigentlich eine Frechheit. Die Melodie stammt von Tony Marshalls Schlager Auf der Straße nach Süden, die Stimme ist matt, der Text arg pathetisch und die Gesten sind es erst recht. 1989 konnte man das ertragen. Aber warum auch noch 2011? Aufgeführt von einem 58-Jährigen, dessen Bauchansatz sich über dem Gürtel wölbt und dessen Bewegungen nicht gerade geschmeidig sind?

In Serien wie Knight Rider und Baywatch spielte der Vorzeige-Kalifornier einst die Hauptrollen, im Guinessbuch der Rekorde wird er als meistgesehener Schauspieler geführt. Nach dem Mauerfall 1989 trat er vor 500.000 Menschen am Brandenburger Tor auf. Doch es folgten Alkoholsucht, Scheidungskrieg. Und nun das Comeback. Zumindest in Österreich, der Schweiz und Deutschland, wo Hasselhoff schon immer die größte Fangemeinde hatte.

Das Deutsche Theater, wo das letzte Deutschlandkonzert stattfindet, ist an diesem Abend zwar nicht ausverkauft, doch die Garderobe vor Konzertbeginn so voll, dass es heißt: "Keine Jacken mehr, bitte." Auf den Tischen im Foyer reiht sich eine leere Bierflasche an die andere. Alkohol gehört zu einem Konzert von The Hoff dazu. Zumindest für den einen Teil des Publikums.

Dieses spaltet sich nämlich in zwei Lager: Auf der einen Seite die Hardcore-Fans. Sie lassen sich vor dem K.I.T.T.-Modell fotografieren, heben sich gegenseitig auf die Schultern und breiten dort ihre Posterbotschaften aus, damit Hasselhoff sie gut lesen kann, bei ruhigen Nummer wie After manana mi ciello steigen ihnen Tränen in die Augen. Auf der anderen Seite die Ironiker. Sie tragen Badeschlappen und rote Shorts, sollten jedoch in ihrem alkoholisierten Zustand Gewässer unbedingt meiden. Sie grölen bei jedem Song mit, in den Pausen skandieren sie: "David, David!"

Slip statt Bierbecher

Bierbecher muss Hasselhoff an diesem Abend nicht fürchten, kein Ausschank in der Halle. Dafür fliegt ein roter Slip auf die Bühne. Der 58-Jährige hebt ihn mit spitzbübischen Grinsen auf. Begeistert von der Hoff-Show, einer Mischung aus Kindergeburtstag, Dorfdisco und Musikantenstadl, sind beide Fanlager an diesem Abend.

David Hasselhoff in München: The Hoff ist back - und wie! Hasselhoff beim Konzert in München.

The Hoff ist back - und wie! Hasselhoff beim Konzert in München.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die meisten Konzertbesucher sind zwischen 20 und 30 Jahre alt, in Hasselhoffs Schaffensperiode waren sie Kinder. Sind die Zuschauer dem Retro-Trend verfallen, der in Deutschland grassiert? Schütten sie Ahoj-Brause in ihren Wodka, schlecken im Sommer Brauner Bär und tragen dicke Hornbrillen? Sehnen sie sich nach der Zeit, in der alles einfacher war?

Auf dem Bildschirm werden Szenen aus Baywatch eingeblendet, zwei Frauen laufen die Bühnentreppe hinunter - sie tragen rote Bikinis und haben jeweils eine Boje in der Hand. Dann stülpt sich Hasselhoff ein anachronistisches Sakko über und klatscht die Hände der Zuschauer in der ersten Reihe ab. Nun wolle er ein Lied von seinem neuen Album spielen, das im April erscheint. Er widmet es den Zuschauern. Der Titel: You are my hero.

Natürlich erkennen die "Helden" die Melodie sofort: Y.M.C.A., der große Hit von Village People aus dem Jahr 1978. Hasselhoff schmettert den Refrain "You are my hero". Doch die Zuschauer singen: "Y.M.C.A.". Nicht wenige beherrschen auch noch die passenden Handbewegungen. Irgendetwas ist doch schief gelaufen bei dem Auftritt. Und dann - nach drei Stunden - stimmt David Hasselhoff erneut Looking for Freedom an. Der Hoff in Endlosschleife? Die Stop-Taste, bitte!

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