Dashcam-Video als Beweis:Gestochen scharf und doch unbrauchbar

Lesezeit: 1 Min.

Mit einem Dashcam-Video könnte ein Autofahrer wohl seine Unschuld an einem Verkehrsunfall beweisen. Darf er aber nicht. Ein Richter am Amtsgericht München will das Unfallvideo nicht sehen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Gestochen scharf und in Farbe könnte ein Münchner Autofahrer wohl seine Unschuld an einem Verkehrsunfall nachweisen - darf er aber nicht. Ein Richter am Amtsgericht München will das Unfallvideo nicht sehen. Wenn jeder Bürger ohne Anlass eine Kamera in seinem Fahrzeug oder womöglich auch an der Kleidung befestigen und so jedermann permanent filmen und überwachen dürfte, könnte die Gesellschaft das Recht auf informationelle Selbstbestimmung praktisch aufgeben, meint der Richter zur Begründung.

Am 14. Januar gegen 17 Uhr wollte der Münchner sich mit seinem Auto von einem Parkplatz am Frankfurter Ring in den fließenden Verkehr einfädeln. Dazu wartete er nach eigenen Angaben, bis die rechte der beiden Fahrspuren frei war. In diesem Augenblick sei jedoch ein Autofahrer aus Erding mit seinem Wagen plötzlich und ohne zu blinken von der linken Fahrspur auf die rechte gewechselt, wo es dann zum Unfall gekommen sei.

Unfallkameras im Auto
:Schutz mit Risiko

"Dash-Cams" entwickeln sich zu einem modernen Beifahrer im Auto. Die Unfallkameras zeichnen alles auf: vom Rotlichtverstoß des Vordermanns bis zu aggressiven Dränglern. Allerdings kann die Überwachung auch den Fahrer selbst belasten.

Der Erdinger sagt dagegen, er sei bereits auf der rechten Fahrspur gefahren, als der Münchner aus der Grundstücksausfahrt auf den Frankfurter Ring einscherte. Dieser habe ihn offensichtlich übersehen. Und er trage daher keine Schuld an der Kollision, der er nicht mehr ausweichen konnte.

Dashcam verstößt gegen Datenschutzgesetz

Es gibt bisher keine Unfallzeugen. Doch der Münchner verwies sofort auf die sogenannte Dashcam am Armaturenbrett seines Autos, die kontinuierlich das Verkehrsgeschehen aufzeichne: Mit dem Video könne er seine Unschuld beweisen.

Der Richter lehnt das Beweismittel jedoch ab: Die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs durch eine Autokamera verstoße gegen das Bundesdatenschutzgesetz sowie das Kunsturhebergesetz und verletze den beklagten Erdinger in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Allein das allgemeine Interesse an einer funktionstüchtigen Straf- und Zivilrechtspflege reiche nicht aus, um diese konkurrierenden Rechte auszuhebeln (Az.: 345 C 5551/14).

Auch das Verwaltungsgericht Ansbach hatte vor wenigen Tagen den schrankenlosen Einsatz von Dashcams für unzulässig erklärt.

© SZ vom 19.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: