Das Martyrium der Sazan B.:"Wie im Schlachthaus"

Im Prozess um den sogenannten Ehrenmord in Garching schildern Mediziner die Leiden des Opfers Sazan B.

Stephan Handel

Am vierten Verhandlungstag im Prozess gegen Kazim M. wegen Mordes an seiner Frau Sazan B. gab es grausige Details der Tat vom Oktober des vergangenen Jahres zu hören: Der Gerichtsmediziner Oliver Peschel berichtete von der Obduktion der ermordeten Frau und von den Verletzungen, die ihr Ehemann ihr zugefügt hatte.

Wie berichtet, wollte die 24-jährige Frau sich von dem elf Jahre älteren Mann scheiden lassen, was dieser nicht akzeptieren konnte. Seit Monaten schon stellte er ihr nach, terrorisierte sie, hatte sie auch einmal auf offener Straße geschlagen. Am Tattag nun sollte das Martyrium vorbei sein: Um 14 Uhr war Scheidungstermin vor dem Familiengericht.

Danach holte Sazan ihren fünfjährigen Sohn bei Freunden ab, ging mit ihm noch einkaufen und wollte dann in ihre Wohnung in Garching zurückkehren. Kurz vor der Haustür jedoch lauerte Kazim M. ihr auf, er stach mit einem Messer auf sie ein, übergoss sie mit Benzin und zündete sie an.

Das Blut der Mutter

Sazan B. starb am selben Abend im Klinikum Bogenhausen. Der Sohn musste die grausame Tat aus nächster Nähe mit anschauen: Eine Polizistin berichtete, dass an seiner Kleidung Blutspuren der Mutter gefunden wurden.

Oliver Peschel ließ, wie es seine Pflicht ist, keine Einzelheit aus. Zwölf Stiche fanden die Mediziner, neun davon im Schädel, einen bis fast zehn Zentimeter lang. Keiner davon sei für sich tödlich gewesen, sagte Peschel. Aber wegen der starken Durchblutung der Kopfhaut und des daraus resultierenden hohen Blutverlustes hätten schon diese Verletzungen Sazan B. in Lebensgefahr gebracht.

Fataler waren zwei Stiche, die Kazim M. seiner Frau im Rücken beibrachte: Beide, drei und fünf Zentimeter tief, drangen in die Lunge ein. Mehr als zwei Liter Blut verlor die Frau alleine aus diesen Wunden. Ein Polizeibeamter, der kurz nach der Tat ins Bogenhausener Klinikum gekommen war, berichtete: "So, wie man die Blutkonserven eingefüllt hat, sind sie wieder rausgelaufen. Da hat's ausgeschaut wie im Schlachthaus."

Doch seine Frau zu töten, das genügte Kazim M. nicht - er wollte sie vernichten. Etwa einen Liter Benzin schüttete der Täter über die Frau und zündete sie an. "Der Begriff der Fackel ist durchaus angebracht", sagte Oliver Peschel, und: "Jeder weiß, welch große Schmerzen schon kleine Verbrennungen verursachen können."

Sazan B. war zu diesem Zeitpunkt noch bei Bewusstsein. Etwa die Hälfte ihrer Hautoberfläche war verbrannt. Damit, so der Mediziner lag die "Sterbewahrscheinlichkeit" bei 80 Prozent.

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