Das ist schön:Mehr Akten, mehr Einsicht

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Nationalmuseum ermöglicht zentralere Provenienz­forschung

Von Susanne Hermanski

Für den Laien klingt es nach einer staubigen Angelegenheit, Provenienzforscher atmen dagegen auf: Das Bayerische Nationalmuseum hat die Aussonderung und Übergabe seiner archivreifen Unterlagen an das Bayerische Hauptstaatsarchiv unterzeichnet. 150 laufende Meter an Aktenordnern werden nun überstellt. Das Nationalmuseum folgt damit dem Vorbild der Staatsgemäldesammlungen, die bereits vor drei Jahren ihre Akten (120 Meter) ans Hauptstaatsarchiv übergeben hatten. Vorangegangen war zum Teil harsche öffentliche Kritik an der Zugänglichkeit der Akten. Der Fall Gurlitt und die daraus resultierende Debatte über Raubkunst aus der NS-Zeit, die sich immer noch in Beständen Bayerischer Museen befindet, befeuert diese. Zwar war es Forschern und Anwälten von Hinterbliebenen nicht erst seit der Verabschiedung der Washingtoner Erklärung 1998 und der entsprechenden Selbstverpflichtung der Bundesrepublik möglich, wichtige Unterlagen in den Museen einzusehen - das Procedere stellte sich jedoch über aus kompliziert da. Manche wähnte Absicht dahinter.

Wenn die Akten nun zunehmend zentral, entsprechend professionell aufbereitet und jederzeit im Hauptstaatsarchiv zur Verfügung stehen, erleichtert das ihre Arbeit. Den Kern der wichtigen Akten für die Provenienzforschung bilden die Beschlagnahmungsprotokolle der SS, die sich in den Zugangsjournalen des Nationalmuseums aus dem Zeitraum 1930 bis 1950 finden. Auch wenn sie physisch nur einen schmalen Teil des Aktenkonvoluts aus dem Museum bilden, das bereits im Jahr 1855 gegründet worden ist.

Dass die Übergabe der Akten durchaus einen emotionalen Akt und eben keine staubige Angelegenheit bedeutete, verdeutlicht schon die eigenwillige Wortwahl bei der festlich inszenierten Unterzeichnung der Übergabevereinbarung. Der Generaldirektor des Museums Frank Matthias Kammel sprach von "Verlobungsgeschenk" und "Morgengabe", die Generaldirektorin der Archive Margit Ksoll-Marcon begrüßte die nun geschlossene "Ehe". Nur Bernhard Grau vom Staatsarchiv blieb etwas trockener in der Formulierung der Aussichten auf weitere erhoffte Zugänge von entsprechenden Akten aus anderen Bayerischen Häusern - dem Museum Fünf Kontinente etwa. Schnelle Fortschritte dabei, die wären schön.

© SZ vom 25.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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