Das ist nicht schön:Verloren für die Künste?

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Was junge Leute per Zoom nicht lernen können

Von Susanne Hermanski

Seit anderthalb Jahren gehört zum Pandemiealltag allerlei unfreiwillig Komisches. Eine befreundete Mutter hat vor ein paar Wochen etwa ihre Tochter vom Zoom-Schwimmunterricht abgemeldet. Sie konnte schlicht nicht mehr mit ansehen, wie die Kleine sich auf Anweisung ihres rührend bemühten Schwimmvereins-Trainers mit Trockenübungen abplagte. Derlei ist nicht nur für junge Sportler seit einer gefühlten Ewigkeit die absurde neue Normalität. Auch Buben und junge Mädchen, die vor dem ersten Lockdown ganz ambitioniert getanzt haben, kriegen das Plié vorm Bildschirm immer noch einigermaßen gut hin. Wenn es aber gilt, eine Schritt-Sprung-Kombination im Wohnzimmer einzustudieren, stößt das Ganze doch recht schnell an seine Grenzen - und das Knie an die Sofatischkante.

Solange sich all das nur im Hobby-Bereich bewegt, mag es genügen, jetzt ein müdes "Schade eigentlich" zu tippen. Die nächste Generation von Schwimmern und Tänzern, von Bigband-Musikern und Chorsängern wird postpandemisch nachdrängen, in der Welt da draußen werden verlorene Talente nicht vermisst werden. Ganz anders stellt sich das freilich aus der Sicht einzelner Betroffener dar. Existenziell bedrohlich gar für junge Menschen, die sich bereits konkret auf ein Leben als Profi in den Darstellenden Künsten eingestellt hatten. So etwa die Studierenden der Otto Falckenberg Schule, eine der renommiertesten Schauspiel- und Regieschulen im deutschen Sprachraum.

Wer es geschafft hat, dort in die Schauspielklasse aufgenommen zu werden, gehört zu einem winzigen Kreis, der beste Aussichten auf eine Karriere in einem von knallharter Konkurrenz geprägten Geschäft hat. Eigentlich. Denn die aktuell 37 Schüler der Akademie verzweifeln gerade über ihre Lage. "Trotz allen zusätzlichen Hygienemaßnahmen und bislang keiner einzigen Ansteckung durften wir in den vergangen vier Monaten nur drei Wochen lang in Präsenz arbeiten", schrieben sie diese Woche an Politiker von Söder über Sibler bis Reiter. Der angebotene Online-Unterricht sei keine Alternative, "da Schauspielkunst wesentlich im Erlernen von Techniken im Umgang mit Körpern, dem Raum und anderen Menschen besteht". Wenn also die Stadt, der Freistaat und die Republik diese kleine Schar besonders Begabter nicht aufgeben will, sollten die Adressierten das Schreiben nicht im Stapel mit den anderen Bittbriefen dieser Tage versenken. Sondern es ernst nehmen. Das wäre schön.

© SZ vom 30.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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