Das Faschingslexikon (3):Zwei Tage Schmalz und Sport

Vom "Schmoizana Samsda", dem "Großen Fastabend" und maskierten Skifahrern.

Birgit Lutz-Temsch

Mit fettigem Essen und Alkohol ist es ein bisschen wie mit der Henne und dem Ei: Man weiß nicht, was zuerst da war. Während viele Menschen auf ein fettiges Essen gern einen Schnaps trinken, gelüstet es andere nach reichlich Schnapsgenuss am nächsten Tag nach Fettigem. Am Faschingswochenende befinden sich die Jecken deshalb in einer Art kulinarischer Endlosschleife.

Der Samstag heißt auch "Schmoizana Samsda", weil Muttern dann traditionell Schmalznudeln und Faschingskrapfen bäckt, von denen sich die Familie bis Faschingsdienstag ernähren kann. Hintergrund dieses Backwahns ist das Verbot von Eiern und reichhaltigen Speisen während der Fastenzeit. Deshalb musste in den letzten Tagen vor Aschermittwoch alles, was schmeckt, aufgegessen werden.

Übrig geblieben ist von diesem Brauch neben den "Auszognen" und "Kiachln" vor allem der Faschingskrapfen, den es zu dieser Zeit mit etlichen verschiedenen Füllungen und Verzierungen gibt. Eine lustige Variante kommt mit Senf im Gewande. Als Auswuchs ist immer häufiger der Latte-macchiato-Krapfen zu beobachten.

Der Sonntag schließlich trägt auch den Beinamen "Großer Fastabend"; er ist einer der drei tollen Tage, die schon vor dem 19. Jahrhundert gefeiert wurden. Die auch während des restlichen Jahres ausgeprägte Affinität mancher Après-Skifahrer zu karnevalesken Gesängen ("Zeig mir Deine Möpse") ist wohl der Grund dafür, dass die Narren am Faschingswochenende bundesweit ihre Kappen gegen Mützen tauschen und die Pisten stürmen.

Bräuche aus vorchristlicher Zeit

Nicht nur in den Alpen, auch in den Mittelgebirgen wird maskiert gewedelt, sofern es die Schneelage zulässt. Manche Liftbetreiber heizen die Stimmung zusätzlich an, indem sie kostümierte Skifahrer umsonst fahren lassen. Narren haben seit der Erfindung der Skilifte also ein ganz anderes Verhältnis zum Winter als früher. Denn in der Faschingsforschung gibt es auch Strömungen, die ein jeckes Treiben schon zu vorchristlicher Zeit vermuten - das also nichts mit der Fastenzeit zu tun haben kann. Bei der Ausübung dieser Bräuche ging es ausschließlich um die Vertreibung des Winters, der den Menschen das Leben schwerer machte als der Sommer.

Beim so genannten Aperschnalzen im Rupertiwinkel zum Beispiel soll der Winter Angst vor dem lauten Peitschenknallen bekommen, zu dem Sprüche gerufen werden wie: "Aperschnalzen, Grasausläuten, hört's ös ned von allen Seiten, Winter, du saudummer Narr, wirst denn heuer nimmer gar."

Es ist aber umstritten, ob es sich nicht auch dabei schlicht um Tollheiten der christlichen Fastnachtszeit handelt. In München sind für das Wochenende ohnehin sonnige zehn Grad zu erwarten. Beim Open-Air-Faschingstreiben - zum Beispiel von 11 Uhr an am Rotkreuzplatz oder beim Gaudiwurm der Feringa in Johanneskirchen - dürfte deshalb wenig darüber nachgedacht werden, wann der Winter endlich verschwindet.

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