Der italienische Kaffeekonzern Lavazza soll an dem Münchner Familienunternehmen Dallmayr interessiert sein. Das berichtete die italienische Tageszeitung Corriere della Sera am Samstag, ohne anzugeben, worauf sie sich bei dieser Informationen stützt. Lavazza wollte auf Anfrage dazu keine Stellung nehmen. Bedeckt hielt sich auch Dallmayr: „Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu Gerüchten über unser Unternehmen“, sagte eine Sprecherin.
Dem Zeitungsbericht zufolge stecken die offenbar von der US-Investmentbank Goldman Sachs geführten Verhandlungen noch in einem frühen Stadium. Die Gespräche finden vor dem Hintergrund steigender Preise für den Rohstoff Kaffee statt, die Hersteller unter Druck setzen. Allein 2024 sind sie im Schnitt um 70 Prozent gestiegen. Dem Bericht nach könnte ein möglicher Zusammenschluss über einen Austausch von Anteilen erfolgen, durch den der deutlich größere Lavazza-Konzern die Mehrheit an Dallmayr übernehmen würde.
Münchnerinnen und Münchner kennen Dallmayr vor allem als Delikatessengeschäft mit Sitz an der Dienerstraße mitten in der Altstadt. Das um 1700 gegründete Unternehmen ist aber auch eine der bekanntesten deutschen Kaffeeröstereien. Mehr als 75 000 Tonnen Röstkaffee werden nach Unternehmensangaben jährlich an fünf Standorten in Deutschland produziert. Verkauft wird der Kaffee im Lebensmittelhandel oder direkt an Hotels, Bars und Restaurants. Neben Kaffee verkauft Dallmayr unter anderem auch Tee und Kakao. Kaffee spielte erst von 1933 an eine größere Rolle.
Dachgesellschaft des Familienunternehmens ist die Alois Dallmayr KG. Mit einem Jahresumsatz von 1,2 Milliarden Euro ist sie im alleinigen Eigentum der Familien Wille und Randlkofer. Das Geschäft mit dem Kaffee wurde in der Alois Dallmayr Kaffee OHG gebündelt, einer hundertprozentigen Tochter der KG. Dort hat man bereits in der Vergangenheit Erfahrung mit größeren Partnern gesammelt: 1985 beteiligte sich der Schweizer Nestlé-Konzern (Nescafé, Nespresso) mit 51 Prozent an der Alois Dallmayr Kaffee OHG. Später wurde der Anteil gesenkt. 2015 schließlich kauften Dallmayrs Eigner-Familien ihre Anteile von Nestlé zurück.
Auch Lavazza ist ein Familienunternehmen mit langer Tradition. Es wurde vor 130 Jahre in Turin gegründet und zählt heute zu den größten Kaffeeröstern der Welt mit einem Umsatz von 3,3 Milliarden Euro. Seit es für Lavazza schwieriger geworden ist, organisch zu wachsen, sichert sich das Unternehmen durch Zukäufe Marktanteile. 2016 übernahmen die Turiner etwa den französischen Kaffeeröster Carte Noir, die Nummer eins in Frankreichs Einzelhandel. Im vergangenen Jahr erwarb Lavazza 49 Prozent an der italienischen IVS-Gruppe, mit der Option auf eine Komplettübernahme. Deutschland ist nach Italien und Frankreich der drittwichtigste Markt für Lavazza.
Die Kaffeeindustrie steht vor großen Problemen: Kriege in vielen Teilen der Welt, die unberechenbare Zollpolitik der USA und vor allem die kontinuierlich steigenden Rohstoffkosten machen den Röstereien zu schaffen. Dürren, Starkregen und Schädlingsbefall führen immer wieder zu Ernteausfällen und zu steigenden Preisen. Zudem befürchten Experten, dass durch den Klimawandel Anbauflächen von Kaffee mittelfristig verringert werden. All dies bekommen auch die Verbraucher zu spüren: Bohnenkaffee war im April fast ein Drittel teurer als noch vor drei Jahren, berichtet das Statistische Bundesamt. Die allgemeine Teuerung lag in diesem Zeitraum bei knapp 19 Prozent.