Süddeutsche Zeitung

Dallmayr Bar & Grill:Dallmayr setzt jetzt auf Seafood

Die Speisen werden auf einem neuen Wundergrill zubereitet - das allerdings teils zu Preisen, für die anderswo eine ganze Familie satt zu kriegen ist.

Von Kurt Kuma

Es ist einer dieser Münchner Orte, die sich nie zu verändern scheinen. Die edlen Schwingtüren am Eingang, die üppig dekorierten Ladentheken, die Hirschgeweihe an den Wänden. Wir brauchten einen Moment, um zu merken, was jetzt eigentlich anders ist als früher, im Erdgeschoß beim Dallmayr.

Ach ja, der Zigarrenladen. Ja, genau, der ist weg. Und rechter Hand, wo einst vorwiegend Damen aus gutem Hause Champagner und Kaviarhappen verzehrten, steht jetzt eine prachtvolle, quadratische Bar mit leuchtend blauem Fischschuppenmuster und einer Messingtheke.

Daneben schließt sich ein Gastraum an. "Dallmayr Bar & Grill" heißt dieser neu gestaltete Bereich im Erdgeschoß, direkt neben den Marktständen des Stammhauses. Kaviar gibt es natürlich immer noch. Wer mag, kann sich eine hübsche Portion Beluga di Venezia für 400 Euro servieren lassen. Die modern gestaltete Speisekarte listet aber auch einige weniger aufgeregte Verlockungen.

Seafood steht zweifellos im Zentrum des Geschehens. Wir wählten zunächst einige Standard-Starter. Die größte Freude machte "Thunfisch Tataki", eine mit Sesamkörnern belegte, angebratene, innen rohe Thunfischrolle auf einem Papaya-Chutney, garniert mit Passepierre, einem knackigen grünen Meeresgewächs (15,50 Euro).

Diese Fusion-Version eines angebratenen Sushi war grilltechnisch perfekt gelungen und in Kombination mit der bitter-fruchtigen Sauce eine spannende, kontrastreiche Neuschöpfung. Ähnlich gefallen haben uns von luftig-schaumigen Mandarine-Walnuss-Sellerie-Mousse begleitete, sanft angegrillte Jakobsmuscheln (18,50). Obgleich man in diesem Fall sagen muss: Die Mousse wurde eher von den Muscheln begleitet, mengenmäßig.

Völlig in Ordnung ging ein Teller mit fünf Darreichungsformen von Lachs, von mariniert bis geräuchert (22,50). Allerdings steht bei einem solchen Gericht die Qualität der Ware mehr im Vordergrund als die Finesse des Küchenchefs. Um die eigentliche Besonderheit dieser neuen Lokalität noch besser kennenzulernen, den vom Dallmayr-Marketing angepriesenen, eigens eingebauten "Robata"-Grill, bestellten wir ein Flank Steak, ein ungewohnterweise aus dem Bauchlappen des Rinds geschnittenes, leicht marmoriertes Stück Fleisch.

Es ist nicht so zart wie Filet, aber dank der Maserung mindestens so geschmacksintensiv. Vor allem, wenn der japanische Wundergrill das Fleisch mit einer sanft rauchigen Oberfläche veredelt. Als Beilagen zu den Hauptgerichten probierten wir Süßkartoffeln, die mit pikant-würzigem Honig verfeinert wurden (4,50) sowie einen knackigen Salat vom Babyspinat, veredelt mit Quinoa-Kügelchen (ein Hochlandgewächs aus den Anden, wie uns Google verriet) sowie Shamponzu (über das auch Google nichts weiß, außer dass es nicht ist, wonach es klingt).

Die Beilagen sind eine durchdachte Ergänzung der Grillwaren. Man kann aber auch ein Gemüse-Tempura von der Vorspeisenliste als Beilage zum Hauptgericht bestellen. Solchen Wünschen kommt das bemerkenswert zuvorkommende und freundliche Personal professionell und prompt nach.

Schließlich fiel unser Auge auf eine Randnotiz der Speisekarte, die dazu riet, sich nach dem Fisch des Tages zu erkundigen. Eine echte Verlockung, wo doch 20 Meter entfernt an der Fischtheke fast alles liegt, was die Ozeane bieten. Von den angebotenen Meerestieren wählten wir Seezunge.

Der Plattfisch kam perfekt zubereitet auf den Tisch, außen ein Tigermuster aus Grillstreifen, innen auf den Punkt gegartes, saftiges Fischfleisch, minimalistisch gewürzt mit nussiger Butter und grobem Salz, dazu eine mitgegrillte Zitrone. Ein Traum. Leider auch ein teurer Traum, was wir später an der Rechnung bemerkten: 59 Euro. Huh, dafür kriegt man anderswo eine ganze Familie satt. Aber beim Bestellen nach dem Preis zu fragen, das erschien uns hier unüblich zu sein.

Inbegriffen und ein echtes Erlebnis ist zudem das Besichtigungsprogramm. Neben der spektakulären Tierwelt an der Fischtheke wummert der besagte Wundergrill. Darin brennt ein erstaunliches Höllenfeuer, in dem man wahrscheinlich auch Stahl schmelzen könnte. Oben drauf liegen schwarzgeräucherte Salzsteine, die als Auflage für das Grillgut dienen und den Speisen eine würzige dunkle Seite verpassen.

Ach ja, unbedingt zu besichtigen sind auch - kein Scherz - die Toilettenräume im Untergeschoß. Schummerlicht, dunkelgrüne glasierte Kacheln und viel Edelholz. Die perfekte Location für die Schlüsselszene einer Zwanzigerjahre-Krimiserie.

Generell erlebt man je nach Tageszeit zwei völlig verschiedene Ambiente: Tagsüber tobt das Leben wie in einer Markthalle. Schlag acht Uhr verwandelt sich der Gastraum in eine Art Hinterzimmer, in dem ein exklusiver Zirkel nach der Sperrstunde noch weiterfeiert. Sanfte Electro-Beats verstärken die Lounge-Stimmung.

Die meisten Tische stehen allerdings arg eng aneinander. Und so wie man hier nicht abgeneigt sein darf, zu sehen und gesehen zu werden, ist es auch mit dem gesprochenen Wort. Wir jedenfalls erfuhren ungewollt so einiges über irgendeinen Hansi und seine schwierige Scheidung. Aber zum Glück hat der Hansi ja noch seine Yacht in Barcelona.

Zwei an den Fenstern zur Straße positionierte Tische bieten etwas mehr Privatsphäre. Doch als wir am Telefon danach fragten, entfuhr es dem etwas gehetzt klingenden Reservierungsmanager: "Das war jetzt ein Witz, oder?". Au weia. Bitte keine Sonderwünsche. Und schon gar keine Witze.

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Quelle:
SZ vom 04.01.2018/haeg/imei
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