Daglfing:Vorzugsbehandlung abgelehnt

Daglfing: Die Holzhäuser an der Kurparkstraße, Ecke Stiftsbogen in Hadern gehören ebenfalls zum Sofortprogramm.

Die Holzhäuser an der Kurparkstraße, Ecke Stiftsbogen in Hadern gehören ebenfalls zum Sofortprogramm.

(Foto: Robert Haas)

Der Staat will in Daglfing möglichst schnell Sozialwohnungen bauen, die Lokalpolitiker fordern aber ein reguläres Verfahren

Von Ulrike Steinbacher, Daglfing

Wachsende Wohnungsnot, steigende Mieten - was den Münchnern generell zu schaffen macht, ist für Menschen mit geringem Einkommen inzwischen ein existenzielles Problem. Das gilt auch für anerkannte Flüchtlinge, die als sogenannte Fehlbeleger weiter in Gemeinschaftsunterkünften wohnen, weil sie keine eigene Wohnung finden, die sie sich leisten können. Für sie, aber auch für einheimische Bedürftige ist das staatliche Sofortprogramm im Wohnungspakt Bayern gedacht: Der Freistaat baut möglichst schnell mehr als 800 einfach ausgestattete Unterkünfte in ganz Bayern, in denen 3700 Menschen unterkommen sollen. Eine dieser Anlagen - 61 Wohnungen für 285 Menschen - soll an der Kattowitzer Straße in Daglfing entstehen. Der Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen hat keine Einwände gegen das Projekt an sich, fordert aber ein reguläres Bebauungsplanverfahren, auch wenn die Zeit drängt. Das Projekt dürfe nicht einfach durch den Genehmigungsprozess gepeitscht werden, Sofortprogramm hin oder her.

Mit einer halben Fußballmannschaft waren die Regierung von Oberbayern und das Staatliche Bauamt München 1 in der jüngsten Sitzung des BA-Unterausschusses Planung angetreten, um das Projekt zu erklären. Demnach soll die geplante Anlage aus drei zweigeschossigen Gebäuden mit Satteldächern an der Kattowitzer Straße im Osten des Grundstücks bestehen und aus drei dreigeschossigen Bauten mit Flachdächern auf der Westseite Richtung S-Bahn. Eine Grünfläche verbindet beide Blocks, Gemeinschaftsräume ergänzen das Angebot an Wohnungen, von denen sechs rollstuhlgerecht gebaut werden. Der größte Teil der 61 Apartments mit einfachem Bau- und Wohnstandard ist 45 Quadratmeter groß, hat zwei Zimmer und soll vier Personen beherbergen. Hinzu kommen einige Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen für sechs respektive acht Personen mit 66 und 95 Quadratmetern. Die Stadt kauft das 7700 Quadratmeter große Grundstück, auf dem früher ein Kartoffelbunker stand, von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), verpachtet es für zehn Jahre dem Freistaat und könnte die Wohnanlage danach übernehmen. Laut Zeitplan sollen die Vorarbeiten diesen Oktober beginnen, der Bau Ende 2020 fertig und im Frühjahr 2021 bezogen sein.

Ob es so kommt, muss sich zeigen. Der Bezirksausschuss fordert jedenfalls ein Bebauungsplanverfahren samt Bürgerbeteiligung, und das würde das Projekt um einige Jahre verzögern. Der Freistaat dagegen strebt eine Genehmigung nach Paragraf 35/3 Baugesetzbuch an, also die Erlaubnis, aus Gründen der öffentlichen Versorgung im Außenbereich bauen zu dürfen. Die Lokalbaukommission der Stadt (LBK) habe Zustimmung signalisiert, sagte Projektleiterin Julia Bauer vom Staatlichen Bauamt.

"So geht's nicht, mit der LBK irgendwelchen Schmu auszuhandeln", kritisierte Xaver Finkenzeller (CSU) im Unterausschuss. Auch der Staat müsse sich an die Vorgaben halten, die für private Bauherren gelten, und da sei nun mal ein Bebauungsplan zwingend. Bei einer Vorzugsbehandlung entstünde ein Akzeptanzproblem. "Da fühlen sich die Bürger veräppelt."

Christiane Hacker (SPD) ergänzte: "Uns ärgert, wenn mit zweierlei Maß gemessen wird." Denn viele bauwillige Bürger würden von der Stadt stiefmütterlich behandelt. Hacker hatte noch einen zweiten Einwand: Nehme man die fast direkt benachbarte Unterkunft am Schimmelweg für 200 Personen dazu, entstehe in diesem Teil Daglfings ein "Flüchtlingscluster", und das sei "sehr bedenklich". "Wenn das eine friedliche Anlage werden soll, ist dieser Entwurf unzulänglich" urteilte sie.

Die Vertreter der Regierung von Oberbayern versicherten, es werde keine Flüchtlingsunterkunft gebaut, sondern eine Anlage mit Mietwohnungen, auch für Einheimische. Noch nie habe es einen Zwischenfall mit Mietern in einem Projekt des staatlichen Sofortprogramms gegeben. Außerdem sei es legitim, dass der Freistaat als Bauherr angesichts der hohen Zahl an Wohnungslosen und Fehlbelegern eine rasche Baugenehmigung anstrebe. Wenn die Stadt München ihr Einvernehmen aber nicht erteile, sondern stattdessen einen Bebauungsplan wolle, dann müsse sie das eben beschließen.

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