Zum Tod von Karl Bonhoeffer:"Krieg darf wirklich nie wieder sein"

Karl Bonhoeffer (Archivfoto und Text 1992); Bohoeffer

Immer aktiv für den Frieden: Karl Bonhoeffer.

(Foto: Andreas Altwein/picture-alliance/ZB)

Karl Bonhoeffer widmete sein Leben der Friedensarbeit. Er starb am 8. Februar

Von Walter Gierlich, Dachau

Es war der 22. Juni 2017, der 76. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, als Karl Bonhoeffer noch einmal einen Auftritt in Dachau hatte. 86 Jahre war er damals alt, doch er erinnerte am Schießplatz Hebertshausen, wo mehr als 4000 sowjetische Kriegsgefangene ermordet wurden, mitreißend und leidenschaftlich an die Gräuel des Vernichtungskrieges, den die Wehrmacht und die SS im Osten Europas geführt hatten. An die Millionen Männer, Frauen und Kinder, die in Russland, Weißrussland, der Ukraine und dem Baltikum erschossen, erhängt und vergast worden oder verhungert waren. "Krieg darf wirklich nie wieder sein." Mit diesem Appell, den man durchaus als sein Lebensmotto bezeichnen könnte, schloss er seine Gedenkrede. Wie erst jetzt bekannt wurde, starb Karl Bonhoeffer am 8. Februar im Alter von 88 Jahren.

In seiner Familie finden sich viele berühmte Personen. Sein Großvater war ein renommierter Neurologe und Psychiater, der Vater Chemiker. Der Großvater mütterlicherseits, der Komponist Ernst von Dohnányi, und zu seinen Cousins gehören der Politiker Klaus von Dohnanyi und der Dirigent Christoph von Dohnányi. Schließlich: Dietrich Bonhoeffer, der von den Nazis im KZ Flossenbürg ermordete evangelische Theologe, war Karls Onkel. Zunächst trat der 1931 geborene Karl in die Fußstapfen seines gleichnamigen Großvaters, denn er studierte Medizin und promovierte 1945 in Göttingen. Nach der Habilitation 1965 wurde Bonhoeffer 1971 Ordinarius und Direktor des Universitätsinstituts für Anästhesiologie in Köln. Eine glänzende medizinische Karriere schien vorgezeichnet zu sein. Doch dann erregten Ende der Siebziger-, Anfang der Achtzigerjahre der Nato-Doppelbeschluss über die Aufstellung neuer Atomraketen in Deutschland und die Nachrüstungsdebatte die Gemüter. Dagegen machte die Friedensbewegung mobil mit Demonstrationen und Kundgebungen, an denen sich Hunderttausende beteiligten. Da wollte Bonhoeffer nicht länger nur Zuschauer sein, wurde stattdessen wichtiger Akteur. Er gründete die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) mit und wurde auch gleich in deren Vorstand gewählt. 1985 wurden die IPPNW mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, sehr zum Unmut konservativer Kreise in der Bundesrepublik. Im Jahr darauf folgte die Berufung Bonhoeffers zum Präsidenten des IPPNW-Weltkongresses, der in Köln stattfand.

Medizin oder Friedensarbeit? In dieser Frage entschied sich Karl Bonhoeffer für Letzteres, weswegen er seine Professur in Köln niederlegte und nach Dachau zog. Der Entschluss stieß bei vielen seiner Bekannten auf Befremden. Doch er sollte einige Jahre später sagen: "Dachau ist für mich ein Ort, an dem man wirklich lernen kann, was deutsche Geschichte ist." Und weiter betonte er damals, Dachau könne ein Zeichen sein, "dass ein Volk wirklich verstanden hat, was es an Verantwortung vor der Geschichte trägt; nicht an Schuld, aber an Verantwortung".

An seinem neuen Wohnort, an dem er etwa zehn Jahre lebte, gründete Bonhoeffer die "Dachauer Gespräche", eine Reihe von Seminaren und Symposien im In- und Ausland zu Frieden und Völkerverständigung. Er wurde Mitglied im Kuratorium des Fördervereins für internationale Jugendbegegnung. Zudem setzte er sich in Dachau für Flüchtlinge ein, schlug Rose Kraus, Gründerin des Arbeitskreises Asyl, mit Erfolg für das Bundesverdienstkreuz vor und unterstützte bis zuletzt - selbst als er längst aus Dachau weggezogen war -, ihre Hilfsaktion für notleidende Roma in Rumänien. In seinen letzten Lebensjahren lebte Karl Bonhoeffer mit seiner Frau Gabriele zurückgezogen in Nymphenburg.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: