Zukunft des Eissports:Jugendrat demonstriert für Eislaufhalle

Jugendpreis

Jugendratssprecher Berkay Kengeroglu fordert die Stadträte auf, mehr an die Jugendlichen zu denken.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Stadtrat entscheidet am Mittwoch über die Baupläne des Eishockeyvereins ESV Woodpeckers. Die jungen Dachauer machen Druck

Von Viktoria Großmann, Dachau

Es ist das wahrscheinlich am besten vorbereitete und abgesicherte Projekt eines Sportvereins, das der Stadtrat je zu Gesicht bekommen hat. Es gibt Planungen eines Fachbüros und die Kostenkalkulation einer nicht als übermäßig risikobereit bekannten Bank. Trotzdem ist das Vorhaben des Eishockeyvereins ESV Woodpeckers Dachau kein Selbstläufer. Eine überdachte Eissporthalle soll an der Wallbergstraße in Augustenfeld entstehen. Als Ersatz für die mehr als 40 Jahre alte Kunsteisbahn auf dem ASV-Gelände in Dachau-Süd. Die Volksbank Raiffeisenbank Dachau hat ihre Unterstützung zugesagt. Ingenieure und Architekten haben eine anschauliche Planung vorgelegt. Doch von Oberbürgermeister Florian Hartmann und der SPD-Fraktion abgesehen, die sich längst offen zu dem Vorhaben bekennt, wollen die Stadträte noch überzeugt werden.

Sie werden in die Unterstützer des Projektes an diesem Mittwoch regelrecht hineinlaufen. Der Jugendrat Dachau plant vor der öffentlichen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, die um 14.30 Uhr beginnt, eine Demonstration vor dem Rathaus. Tagesordnungspunkt 1: Umsetzung des Konzepts ESV Dachau Woodpeckers e.V. Für die Kinder und Jugendlichen sei "dieser Beschluss verdammt wichtig", erklärt der 18-jährige Sprecher des Jugendrats, Berkay Kengeroglu. "Die Interessen der Generationen gehen weit auseinander", sagt er. An die Jugendlichen hätten die Stadträte bisher fast gar nicht gedacht. Dabei werde die Eislaufhalle vermutlich in erster Linie von Schülern genutzt werden. Geplant werde ein Bau, der mehrere Jahrzehnte stehen und genutzt werden soll. Abgestimmt werde darüber aber von Leuten, die dort vielleicht nie eislaufen gehen werden. "Die Stadträte müssen sich von ihrer eigenen Sicht distanzieren", fordert Kengeroglu. Der Jugendrat hat eine kleine Umfrage im Netz gestartet, an der sich etwa 100 Jugendliche beteiligt haben. "Die Zustimmung zur Eislaufhalle betrug 80 Prozent", sagt Kengeroglu. Einen Kritikpunkt gibt es: Der Bolzplatz an dieser Stelle würde mindestens für die Bauzeit verschwinden. "Es gibt Ausweichmöglichkeiten in der Nähe", sagt der Jugendratssprecher. Die Planungen für die Halle sehen bereits vor, den Bolzplatz auf dem Dach der Halle neu anzulegen. "Das ist aus der Sicht des Jugendrats sehr wichtig", sagt Kengeroglu. Es müsse frei und kostenlos zugängliche Sportplätze ohne Vereinsbindung geben.

Eine schriftliche Erklärung für eine langjährige finanzielle Unterstützung hat die Volksbank Raiffeisenbank Dachau schon vor einem Jahr abgegeben. "Die Investition ist aus unserer Sicht möglich und gesichert", sagt Sprecher Martin Richter. "Es ist ein tolles Projekt." Gebunden ist die Unterstützung der VR-Bank an den Standort Wallbergstraße. "Die Lage am ASV ist für uns nicht interessant", sagt Richter. Die Bank unterstützt auch den ASV. Schon deshalb wisse man um die Parkplatznot, die schon jetzt an der Gröbenrieder Straße herrscht. Zudem will die VR-Bank kein Projekt unterstützen, für das 2000 Quadratmeter Bannwald gerodet werden müssten. Wichtig sind der VR-Bank Ökologie und der Inklusionsanspruch des ESV, der jährlich Meisterschaften im Para-Eishockey ausrichtet. Deshalb will die VR-Bank eine multifunktionale geschlossene Halle zur ganzjährigen Nutzung. Das bedeutet Energieeffizienz und ausgedehnte Spiel- und Trainingszeiten sowie letztendlich mehr Gelegenheit für den öffentlichen Lauf - eine Bedingung der Stadt - als jetzt. Was VR-Bank und Jugendrat eint, ist zudem der Wunsch nach einer Veranstaltungshalle. Die Bank denkt an Vertreterversammlungen, der Jugendrat an Konzerte - von denen kaum ein störender Ton an die Ohren der Nachbarn dringen dürfte.

Alle und allen voran der ESV selbst verweisen auf die gute Anbindung per S-Bahn und Bus, zudem befinden sich die Schulen in der Nähe. Der ESV hat jetzt etwa 250 Mitglieder, darunter sehr viele Kinder und Jugendliche, die beim ESV etwa vom Grundschulalter an Schlittschuhlaufen lernen können und bei Talent und Interesse natürlich Eishockey. Jugendmannschaften gibt es in den Klassen U11, U13, U15 und U17. Die öffentliche Laufschule für die Anfänger sei meist weit im voraus ausgebucht, sagt Stefan Steurer, Vorsitzender des ESV. Während der Zeiten, in denen die Kunsteisbahn aufgrund des Wetters nicht nutzbar ist, trainieren die ESV-Sportler derzeit in einer Halle in Vierkirchen. Die Verbesserungen für den Verein durch eine Halle liegen klar auf der Hand.

Gegenüber der Stadt argumentieren die Sportler, dass sich die Stadt Kosten in zweistelliger Höhe spart, wenn ein Sportverein mit finanzieller Unterstützung des Bayerischen Landessportverbandes BLSV als Bauherr auftritt. Mittlerweile hat der BLSV erklärt, dass er das Projekt förderfähig findet - auch wenn weiterhin der nicht vereinsgebundenen Öffentlichkeit großzügige Nutzungszeiten eingeräumt werden. Verein und Stadtverwaltung haben das in vielen Gesprächen geschafft. Auch ohne, dass sich der BLSV-Kreisvorsitzende Günter Dietz, zugleich Sportreferent im Stadtrat (CSU) eingesetzt hätte. Steurer sagt, eine "aktive Unterstützung" hätte man eigentlich erwarten können. "Aber vielleicht sind wir da einfach anderer Meinung."

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