Dachau:Zu wenige Azubis

150 Lehrstellen sind im Landkreis unbesetzt. Handelskammer und Gewerkschaftsbund fordern, Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Von Manuel Kronenberg, Dachau

Jeder will Abitur machen. Jeder möchte auf die Universität. Keinem reicht mehr "nur" eine Ausbildung. So könnte man zusammenfassen, was derzeit vor allem kleine und mittlere Unternehmen zu beklagen haben. Sie kämpfen auch in diesem Jahr wieder um Auszubildende. Unzählige Lehrstellen sind noch unbesetzt - fast jede dritte, wie es in einem Bericht der IHK nun heißt. Zu Beginn des Ausbildungsjahres sind demnach in den Dachauer Betrieben noch rund 150 von knapp 400 Lehrstellen frei.

Verglichen mit den Zahlen von 2014 zeichnet sich aber eine positive Entwicklung ab: Gut 20 Jugendliche mehr als im Vorjahr beginnen in diesem Jahr eine Ausbildung. Das ist ein Plus von 13,5 Prozent. "Nachdem wir 2014 ein Minus von fast zehn Prozent hatten, wäre dies ein willkommener Ausgleich", sagt Michael Steinbauer, Vorsitzender des IHK-Gremiums Dachau-Fürstenfeldbruck. Allerdings bieten die Unternehmen aufgrund der guten Konjunktur und des absehbaren Fachkräftemangels zahlreiche Lehrstellen an, die Betriebe könnten noch viele mehr besetzen.

Die Gastronomie trifft es besonders hart

Doch die Bewerber bleiben aus. Ein Problem, das sich quer durch alle Branchen zieht. Es gibt aber Geschäftszweige, die es besonders hart trifft. Dazu zählt die Gastronomie. Michael Groß glaubt, dass das vor allem an den Arbeitszeiten liegt. In der Gastronomie müsse eben auch am Wochenende gearbeitet werden. Groß ist Vorsitzender der Kreisstelle Dachau des Hotel- und Gaststättenverbands. "Für die Leute ist Freizeit das Wichtigste, nicht mehr das Finanzielle. Das hat sich gewandelt", sagt er. "Die Leute kommen einfach nicht mehr zu uns."

Schwer haben es zudem Bäcker und Metzger bei der Suche nach neuem Nachwuchs, sagt Ulrich Dachs, Vorstand der Kreishandwerkerschaft Dachau. Auch in diesen Branchen spiele die Arbeitszeit eine Rolle. "Bäcker zu sein ist hart. Bei der Hitze und nachts zu arbeiten, ist nicht jedermanns Sache", sagt Dachs. Auch beim Friseurberuf habe die Nachfrage stark nachgelassen. Die Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker dagegen sei beliebt. "Da gibt es sogar mehr Anfragen als Stellen."

IHK-Chef Steinbauer führt den Mangel an Ausbildungsbewerbern auf stagnierende Schulabgängerzahlen und den Trend der Akademisierung zurück. Er beklagt, dass der Mangel zum Dauerzustand für die Wirtschaft werde. Um dem entgegenzuwirken, müssten die Betriebe den Schülern bei der Berufsorientierung helfen, sagt Steinbauer. Konkrete Maßnahmen wären Schulpatenschaften und die Teilnahme an Bildungsmessen oder Ausbildungstagen im Unternehmen. Auch den Zustrom von Flüchtlingen sieht Steinbauer als Chance für die deutsche Wirtschaft.

Flüchtlinge als Chance

Matthias Jena ist Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Er fordert, dass Flüchtlinge besser in den Arbeitsmarkt integriert werden. Die Staatsregierung müsse sich um die Förderung der Sprachkompetenz und den Ausbau von Beratungsangeboten kümmern. "Wir brauchen eine deutlich bessere Förderung von Flüchtlingen, ohne dabei andere benachteiligte Gruppen am Arbeitsmarkt zu vergessen." Damit reagierte Jena auf die Veröffentlichung der aktuellen Arbeitsmarktzahlen. "Der bayerische Arbeitsmarkt ist aufnahmefähig wie selten zuvor", sagt Jena im Hinblick auf die weiterhin gute Lage.

Die Arbeitslosenquote stieg im August zwar leicht an, im Landkreis Dachau um 0,1 Prozent auf 2,3 Prozent. Dafür werden aber vor allem saisonale Schwankungen verantwortlich gemacht. So sei vor allem bei den Jugendlichen ein starker Anstieg zu beobachten, sagt Karin Weber, Vorsitzende der Agentur für Arbeit Freising. Zu den knapp 2000 Arbeitslosen in Dachau zählen rund 300 Jugendliche unter 25 Jahren.

Dieser Anstieg bei den Jugendlichen habe vorwiegend saisonale Gründe, sagt Weber. Der "Sommerberg" sei jedes Jahr zu beobachten: Mit Beendigung vieler Schul- und Berufsausbildungen steige die Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen kurzfristig an. Ein großer Teil habe allerdings bereits eine Arbeitsstelle in Aussicht, die aber erst im Herbst beginnt. "Entsprechend rechnen wir nach den Ferien nach und nach mit sinkenden Arbeitslosenzahlen", erläutert Karin Weber. "Die Jobchancen sind für Arbeitsuchende in unserer Region weiterhin sehr günstig, die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften ist ungebrochen."

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