Zeitumstellung:Verrückte Welt

Was bedeutet es für die Menschen, die Tiere, die Behörden und Betriebe im Landkreis, wenn über Nacht eine Stunde verloren geht? Lokale Erkundungen zwischen Kuhstall, Biergarten und Disco.

Von Jana Korff, Maurice Stiehl und Viktoria Großmann, Dachau

Die Tage werden wieder länger, das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Das Wochenende ist diesmal eine Stunde kürzer. Am Sonntag werden die Uhren um 2 Uhr auf 3 Uhr vorgestellt. Am 25. Oktober endet die Sommerzeit wieder und man bekommt die verlorene Stunde zurück. Die Umstellung bringt Vor- und Nachteile. Für manche im Landkreis ist sie sogar eine kleine Herausforderung. Ein Überblick.

Stromverbrauch

Eingeführt wurde die Sommerzeit ursprünglich, um das Tageslicht besser auszunutzen. Auf Englisch heißt sie deshalb Daylight Saving Time, in den USA beginnt sie eher und endet später im Jahr. Heute habe die Sommerzeit allerdings kaum noch Auswirkungen auf den Stromverbrauch, sagt Gernot von Natzmer, Sprecher der Stadtwerke Dachau. Beleuchtung habe den geringsten Anteil an der Stromrechnung. Die eigentlichen Stromfresser wie Kühlschrank, Fernseher und Computer laufen Sommer und Winter, egal, ob es länger hell ist. Die Stromversorger müssen sich allerdings darauf einrichten, zur Uhrenumstellung im Frühjahr für eine Stunde weniger und im Herbst für eine Stunde mehr Strom einzukaufen.

Kühe

Für Nutztiere und besonders Milchkühe stellt die Zeitumstellung eine Belastung dar, ihre innere Uhr stellt sich nicht so schnell um. Kühe werden zweimal am Tag zu festen Zeiten gemolken. Wenn sich diese Zeit ändert, brauchen die Tiere Tage zum Umgewöhnen. Die meisten drei bis vier, einige aber auch bis zu zwölf Tage, bis sie nicht mehr morgens aufgeweckt und aus dem Stall getrieben werden müssen. Landwirt Simon Sedlmair aus Puchschlagen berichtet, dass er die Kühe in zwei halbstündigen Schritten an die Umstellung gewöhnt. Die Umstellung auf die Winterzeit sei ein noch größeres Problem: "Die Kühe haben nach der Winterzeitumstellung einen starken Milchdruck, das ist für sie schon unangenehm." Die Umstellung hält Sedlmair für unnötig. Ihm wäre eine dauerhafte Sommerzeit am liebsten.

Gesundheit

Die Zeitumstellung ist mit einem kleinen Jetlag vergleichbar. Jedem wird eine Stunde Schlaf gestohlen in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Das kann bei manchen Menschen zu Stress und Kreislaufproblemen führen. Im Amperklinikum Dachau gibt es dazu allerdings keine besonderen Auffälligkeiten, erklärt Andreas Eger, Leiter des schlafmedizinischen Zentrums. Auch an den kleinen Jetlag sollte man sich nach spätestens einer Woche gewöhnt haben. Egers eigener Jetlag dauert allerdings an bis zur Rückstellung zur Winterzeit, weil er dadurch, dass es länger hell ist, immer mindestens eine Stunde später ins Bett geht als im Winter, wie er sagt.

Unfallgefahr

Der Auto Club Europa hat durch Daten des Statistischen Bundesamtes belegt, dass die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden nach einer Zeitumstellung in Deutschland zunimmt. Der Club führt den Unfallanstieg auf Schlafmangel und Konzentrationsschwäche zurück. Für Bayern konnte eine Studie des ADAC dies allerdings nicht belegen. Seine Untersuchung beleuchtete die Unfälle, die sich an allen Montagen in den vergangenen 24 Jahren ereigneten. Der Montag nach einer Zeitumstellung wurde dabei mit dem Durchschnittswert anderer Montage verglichen. Ergebnis: Nach einer Umstellung auf Sommerzeit fanden am darauffolgenden Montag in Bayern sogar achtzehn mal weniger Unfälle mit Personenschaden statt als an anderen Montagen. Anders ist es, wenn die Uhr wieder auf die Winterzeit umgestellt wird: Dann lässt sich tatsächlich feststellen, dass es in Bayern häufiger kracht.

Nachtschicht

Der Dienstplan im Amperklinikum Dachau ändert sich durch die wegfallende Stunde Sonntagnacht zwar ein bisschen, im Wesentlichen hat die Zeitumstellung aber keinen Einfluss auf den Ablauf im Klinikum. "Den Diensthabenden in der Nacht von Samstag auf Sonntag geht einfach eine Arbeitsstunde verloren. Die Schichteneinteilung bleibt aber gleich", erklärt Pressesprecherin Beatrice Charrier. "Wie sich jeder, der am Morgen Schichtbeginn hat, darauf vorbereitet, eine Stunde weniger Schlaf zu bekommen, ist individuell."

Partyvolk

Für die Feierwütigen wird durch die Zeitumstellung auch die Nacht zum Tanzen verkürzt. Sorgen müssen sich die Nachtschwärmer deswegen aber nicht machen. Dieter Laber, Geschäftsführer der Diskothek "Nachtschicht", stellt seine Uhr erst nach der Arbeit um. "Man kann den Leuten ja nicht das Feiern verbieten", sagt er. "Bei der Zeitumstellung gehe ich nach der Zeit vom Vortag." Für Personal und Gäste hat der Abend die gleiche Dauer wie sonst auch. Nur auf der Uhr ist es am Morgen dann schon eine ganze Stunde später.

Frühschicht

Die meisten Digitaluhren und Smartphones stellen sich Sonntagnacht automatisch auf Sommerzeit um, ebenso die Funkwecker. Wer eine Analoguhr hat, muss sie von Hand umstellen . Wenn es sich um den Wecker handelt, sollte man unbedingt sicherstellen, dass er in der Früh zur richtigen Uhrzeit klingelt. Bei Sabine Polz, Inhaberin der Bäckerei Polz in Ampermoching, klingelt der Wecker statt um halb fünf an diesem Sonntag schon um halb vier. "Für uns bringt die Zeitumstellung gar nichts", sagt sie. "Der Rhythmus kommt total durcheinander, und der Körper merkt sich auch die eine Stunde, die er früher geweckt wird. Vor allem kann man abends auch nicht früher ins Bett gehen, weil es noch so hell ist. Ich würde die Zeitumstellung am liebsten abstellen.

Gastronomie

Durch die Zeitumstellung bleibt es eine Stunde länger hell. Da liegt es nahe, dass die Leute auch die Zeit im Biergarten genießen und das Stündchen länger sitzenbleiben. Dimitrios Dimiriou, Besitzer des griechischen Restaurants Zorbas merkt davon wenig. "Mein Biergarten ist bis elf oder zwölf geöffnet, die Leute bleiben immer gleich lang, egal ob Sommer- oder Winterzeit. Der einzige Unterschied ist, dass zur Sommerzeit alle besser gelaunt sind. Ich habe das Gefühl, die Winterdepression gibt es nicht mehr, weil es länger hell ist." Anders ist es beim Tafernwirt in Niederdorf bei Hilgertshausen. "Die innere Uhr läuft nach der Zeitumstellung noch anders. Mittags kommen die Leute nicht um 11.30 Uhr, sondern um 12.30 Uhr. Aber das weiß man ja, darauf kann man sich einstellen." Bei der Reservierung sollte man trotzdem zur richtigen Zeit da sein.

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