Süddeutsche Zeitung

Uhren umstellen:Was Bäcker, Lehrer und Gastwirte von der Zeitumstellung halten

Die Menschen im Landkreis Dachau geben sich gelassen, wenn es um die Uhrenumstellung geht. Die meisten haben kein Problem. Gastwirte präferieren lange Sommerabende.

Von Julia Putzger, Dachau

"Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät?" könnte die passende musikalische Begleitung für das Frühstück an diesem Sonntag sein - denn von Samstag auf Sonntag wird die Uhr eine Stunde vorgestellt, die Sommerzeit beginnt. Dieser Spaß dürfte allerdings nur noch von kurzer Dauer sein, denn von 2021 an soll laut einem Beschluss des Europäischen Parlaments die Zeitumstellung abgeschafft werden. Ob es dann eine dauerhafte Sommer- oder Winterzeit gibt, ist noch unklar. Im Landkreis Dachau gibt es dazu jedenfalls keine Präferenz. Für die meisten ist allerdings die Umstellung der Uhren keine echte Belastung. Selbst Berufsgruppen, die vielleicht Einwände haben könnten, geben sich gelassen.

Josef Mall etwa, der in Markt Indersdorf einen Hof mit Milchkühen bewirtschaftet, erklärt, warum die Kühe - entgegen der landläufigen Meinung - kein Problem mit der Zeitumstellung haben: "Wir melken die Tiere ja nicht jeden Tag um genau dieselbe Uhrzeit, der Ablauf ist nicht jeden Tag gleich. Ansonsten könnten wir die Verschiebung auch splitten und statt einer Stunde an einem Tag an zwei Tagen je eine halbe Stunde eher in den Stall gehen." Im Fall der Abschaffung der Zeitumstellung hat Mall keine Präferenzen, da er an langen Tagen sowieso mit Arbeitsscheinwerfern auf dem Feld arbeite.

Der Bäcker schlägt einen Kompromiss vor: Die Uhren eine halbe Stunde vorstellen

Ähnlich sieht das Sebastian Hartmann von der gleichnamigen Dachauer Bäckerei. Wenn er morgens aufstehe, sei es immer dunkel, wenn er sich mittags schlafen lege, immer hell - egal ob Sommer- oder Winterzeit. Als Kompromiss schlägt er vor, die Uhr dauerhaft eine halbe Stunde vorzustellen. "Mit der Zeitumstellung habe ich kein Problem, ich bin ja noch jung. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass andere Kollegen mit einer Stunde weniger Schlaf komplett fertig sind."

In Sachen Biorhythmus weist Roland Grüttner, der Rektor der Grund- und Mittelschule Bergkirchen, auf die Individualität der Kinder hin. "In den mehr als 20 Jahren, in denen ich bereits im Schulbetrieb bin, haben sich stets alle Schüler an die Umstellung gewöhnt. Außerdem gibt es immer Langschläfer, für die das Aufstehen zu jeder Zeit ein Problem ist, und Frühaufsteher, für die das Aufstehen zu keiner Zeit ein Problem ist." Er selbst hat keine Vorliebe für Sommer- oder Winterzeit. "Im Schulgebäude brennt sowieso den ganzen Vormittag das Licht", erklärt Grüttner. "Da macht es für die Schüler keinen Unterschied, wann es draußen hell wird." Auch in der Kinderarztpraxis von Nikolaus Hosemann und Oliver Beste in Dachau gibt man sich gelassen. Für das Team sei die Zeitumstellung jedenfalls kein Problem. Bei kleineren Kindern mache sich der neue Rhythmus in den ersten Tagen zwar bemerkbar, die Umstellung sei aus medizinischer Sicht aber nicht so tragisch, wie sie manchmal dargestellt werde.

Mit einigen Mühen ist die Zeitumstellung jedoch für Uhrmacherin Lydia Leber verbunden. Im Geschäft von Schmuck & Uhren Leber in Markt Indersdorf gilt es, unzählige Uhren umzustellen. "Das ist nicht in einer Stunde erledigt", lacht Leber. Die Uhren würden jedoch nicht alle gleichzeitig umgestellt, sondern Schritt für Schritt, beispielsweise wenn auch die Schaufensterdeko erneuert werde. "Also ich habe nichts dagegen, wenn die Zeitumstellung abgeschafft wird", sagt Leber, die dann auf eine dauerhafte Winterzeit hofft, damit es in der kalten Jahreszeit morgens wenigstens hell werde.

Lieber abends hell, sagen die Gastronomen in Dachau

Lieber abends hell hätten es - ganz im Sinne des Geschäfts - die Gastronomen. "Es macht schon einen Unterschied für die Gäste, ob es abends bald dunkel oder noch länger hell ist", meint Christiane Liebhart von der Kulturschranne in Dachau. Wenn es noch länger hell sei, blieben auch die Gäste länger gemütlich sitzen und gingen nicht so schnell heim.

Einen späteren Sonnenuntergang und somit eine dauerhafte Sommerzeit befürwortet auch Gerald Eschment, Platzwart der Sportanlagen in Karlsfeld. "Ich vermute, dass man so Strom für die Flutlichtanlagen sparen kann." Allerdings relativiert er, dass der Kunstrasen ja auch im Winter genutzt und dementsprechend beleuchtet werde. Ob die Einsparungen von einer Stunde im Sommer dann über das ganze Jahr gesehen viel ausmachten, müsste man überprüfen.

Allen, die sich - solange es die Zeitumstellung noch gibt - nicht merken können, wann die Uhr nun vor- und wann zurückgestellt wird, hilft vielleicht diese Eselsbrücke: Genau wie die Gartenbank im Frühling wieder vors Haus gestellt wird, wird auch die Uhr vorgestellt. Im Herbst wandert die Gartenbank wieder zurück in den Keller und die Uhrzeiger ebenfalls eine Stunde zurück.

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SZ vom 29.03.2019
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