Wolfgang Ambros in Dachau:Echter Schmäh

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"Es geht immer weiter, du musst nur woll'n": Gemütlich sitzt Wolfgang Ambros auf seinem Hocker und schwingt das linke Bein mal vor, mal zurück. Heuriger-Stimmung im Echodrom.

Sabine Kain

Wie hungrig muss ein Publikum auf die Lieder und Launen eines Künstlers sein, wenn es schon eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn den Raum nahezu komplett füllt? Kein Platz blieb am Mittwochabend im Echodrom auf der Thoma-Wiese frei, als Wolfgang Ambros für ein Zusatzkonzert - die eigentliche Veranstaltung am Donnerstag war binnen 14 Stunden ausverkauft - in die Saiten seiner Gitarre griff und ohne großes Gerede zusammen mit Günter Dzikowski am E-Piano zu einer Art der Abendunterhaltung ansetzte, die einfach großartig war - oder wie der Niederösterreicher Ambros sagt: "leiwand".

Rauchige Stimme, charmant-melodischer Dialekt und entspanntes Auftreten: Wolfgang Ambros im Echodrom (Foto: Niels P. Jørgensen)

Es braucht nicht viele Worte, keine großen Gesten und keine Show. Gelassen lässt sich Ambros auf seinem Hocker nieder, nimmt seine Gitarre und brummelt die ersten frechen Reime ins Mikrofon. Noch bevor der erste Ton erklingt, ist das Publikum ihm schon ergeben. Mit seiner rauchigen Stimme, dem charmant melodischen Dialekt seiner niederösterreichischen Heimat und seinem entspannten Auftreten verbreitet Ambros unter dem aufgemalten Sternenhimmel im Echodrom eine Heurigen-Stimmung, in die sich seine Zuhörer gerne verlieben. Schon nach dem ersten Lied wird aus der vordersten Reihe zugeprostet. "Der Günter Dzikowski", erklärt Ambros mit einem schelmischen Seitenblick auf seinen Partner, "begleitet mich seit vielen Jahren. Und wir werden sehen", formuliert er mit verschmitzter Langsamkeit weiter, "wie er das heute bewerkstelligt."

Ambros schwingt keine großen Worte zwischen seinen Liedern und von den scheinbar beiläufigen Bemerkungen, die er macht, liebt sein Publikum jedes Wort. Der rote Fleck in seinem Auge, das sei seine kleine Tochter gewesen. Morgens um sieben wolle sie vom Papa bespaßt werden und gerade dessen Eideidei sei der Moment gewesen, "wo sie ihm mit dem kleinen Finger ins rechte Auge gefahren ist". "Dann wär' des a besproch'n", schiebt Ambros die Anekdote beiseite, und während sein Publikum lacht, setzt er in aller Ruhe noch eine Pointe oben drauf: "Der Teufel trägt Pampers."

Humorige Kommentare und Anekdoten stehen bei Ambros aber nicht alleine. Und auch wenn er immer wieder den vertrauten Verlauf seiner Lieder unterbricht, um mal selbstironisch, mal lausbübisch kleine Gesten und Anspielungen einzustreuen: Ambros Lieder sind im Grunde wie Weisheiten für ein besseres Leben. "Der Sinn des Lebens ist es, stärker zu sein", singt er und "es geht immer weiter, du musst nur woll'n". Er ist kein Rockstar. Gemütlich sitzt er auf seinem Hocker, biegt sich mal zur Seite oder schwingt das linke Bein vor und zurück. Doch das reicht, um zu sehen, welche Lebensenergie in ihm steckt.

Dreimal klatscht ihn sein Publikum zurück auf die Bühne, dreimal gibt er dem Wunsch nach, besingt den Wiener Zentralfriedhof, erzählt einen Schmäh und lässt den Abend ausklingen. Nach fast drei Stunden lässt die Menge ihn und seinen Kompagnon schließlich gehen. Übrigens: Günter Dzikowski bewerkstelligte seine Aufgabe virtuos und souverän.

© SZ vom 01.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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