Süddeutsche Zeitung

Wohnungsnot:"Man muss alles versuchen"

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Die SPD im Stadtrat will mit kreativen Ideen für Entlastung auf dem hitzigen Wohnungsmarkt sorgen. Sie fordert eine Börse, mit deren Hilfe Senioren mit jungen Familien ihre Bleibe tauschen können. Doch wer würde das nutzen?

Von Viktoria Großmann, Dachau

Wohnungsnot macht erfinderisch - und so stellt die SPD-Fraktion im Dachauer Stadtrat nun zwei Anträge, um zumindest ein bisschen zu helfen. Die Ideen sind nicht neu, werden aber in Dachau bisher nicht aktiv umgesetzt. Die SPD möchte zum einen Menschen helfen, die ihre Wohnungen tauschen können. Zum anderen möchte sie das Modell Wohnen für Hilfe umsetzen. Das bedeutet: Jüngere Menschen erhalten günstigen Wohnraum bei älteren, die Hilfe im Haushalt, im Garten oder beim Einkaufen benötigen.

"Dafür brauchen wir eine Trägergesellschaft", erklärt die SPD-Fraktionsvorsitzende Christa Keimerl. Das könnten die Arbeiterwohlfahrt (Awo), die Caritas oder das Bayerische Rote Kreuz sein. In München wird das Angebot vom Studentenwerk und dem Seniorentreff Neuhausen e.V. organisiert. Sie stellen den Kontakt her und sichern die Absprachen vertraglich. Ein Quadratmeter Wohnfläche entspricht dabei einer Stunde Hilfeleistung im Monat, dazu bezahlen die Studenten oder auch Auszubildenden die Nebenkosten.

Die SPD findet, Dachau wäre prädestiniert für das Modell Wohnen für Hilfe

Dass dieses Modell funktioniert, zeigt die Zeit: Es läuft bereits seit dem Wintersemester 1996/1997. In der Zwischenzeit werden solche Wohngemeinschaften auch in Freising und im Landkreis München vermittelt.

Aufgrund der Nähe zur Landeshauptstadt findet Keimerl auch Dachau prädestiniert dafür. Studentenwohnungen gibt es hier schon. Das Modell Wohnen für Hilfe, sagt Keimerl, könne jungen Dachauern und vielleicht auch einigen jungen Leuten aus dem Landkreis helfen. Es helfe aber auch den älteren Vermietern, die durch die Hilfe vielleicht länger in ihrer vertrauten Umgebung bleiben könnten. Zudem helfe das Modell gegen Vereinsamung im Alter.

Außerdem möchte die SPD noch einmal einen Anlauf zur Einrichtung einer Wohnungstauschbörse nehmen. Eine solche hatte die ÜB 2017 vorgeschlagen - für den Sozialwohnungsbereich. Die Fraktion der Überparteilichen Bürgergemeinschaft ging davon aus, dass viele Menschen in zu großen Wohnungen der Stadtbau lebten und diese vielleicht mit jungen Familien tauschen könnten. Als einen wesentlichen Hinderungsgrund nannte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) damals, dass neue Wohnungen oft teurer seien als ältere. Wer also seine große Wohnung verlässt, verliert Platz, zahlt aber mehr.

Hoffnung setzt die Stadt auch auf ein neues Einheimischenmodell

Keimerl hofft, dass die Stadtverwaltung dennoch einen Weg findet, eine Tauschbörse auf den Weg zu bringen. Zumindest für eine zweijährige Testphase. Am besten solle festgeschrieben werden, dass die Wohnungen jeweils zu den Bedingungen des Altvertrags getauscht werden dürfen - aus Sicht der SPD ist das der wesentliche Anreiz für einen Tausch. Fraglich ist, für welche Mieter das Angebot in Frage käme. Keimerl nennt Wohnungsgesellschaften wie die GWG Dachau. Im Bereich der Privatvermietungen werde es vielleicht schwierig, räumt Keimerl ein. Hier gilt es die Bedingungen des Vermieters zu beachten. Zumindest Kontakte könnten aber vielleicht hergestellt werden. "Man muss alles versuchen", sagt sie.

Hoffnung setzt die Stadt auch auf ein neues Einheimischenmodell, für das zunächst Interessierte gesucht wurden. Ansässige könnten abhängig von ihrem Einkommen die Chance erhalten, eine Wohnung weit unter dem Marktpreis zu erwerben. Angeboten werden sollen Wohnungen am Otto-Kohlhofer-Weg sowie voraussichtlich in Mitterndorf auf dem Gelände der griechischen Schule. Derweil baut die Stadtbau GmbH weiter an verschiedenen Standorten Sozialwohnungen. Bis etwa 2022 soll das Ziel von 200 neuen Wohnungen erreicht sein. Auf diese Zahl hatten sich die Stadträte nach einem CSU-Antrag 2015 geeinigt. Im Verlauf der Debatte unter den Stadträten war damals die von der CSU geforderte Zahl an Neubauwohnungen noch verdoppelt worden.

Wohnungen zu verträglichen Preisen für Menschen ohne Wohnberechtigungsschein sollen auf dem MD-Gelände entstehen. Laut den Dachauer Grundsätzen zur Baulandentwicklung, muss der Investor 30 Prozent an Wohnfläche abtreten. Dort können Sozialwohnungen entstehen, aber auch Wohnungen zu einem von der Stadt festgelegten Mietpreis unter dem Marktpreis.

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Quelle:
SZ vom 26.04.2019
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