Süddeutsche Zeitung

Wohnen:Akute Not

Auch in Dachau suchen viele Familien bezahlbaren Wohnraum - eine Projektwoche befasst sich mit dem Thema

Von Angelika Aichner, Dachau

In der vorweihnachtlichen Zeit wird häufig die Geschichte von Maria und Josef erzählt, die an der Herbergssuche scheitern. Deren Not ist aber nicht bloß eine biblische Geschichte, sondern Realität für zahlreiche Menschen - auch im Landkreis Dachau. Was fehlt, ist bezahlbarer Wohnraum. Einige Familien leben auf engstem Raum zusammen, andere in Mietwohnungen, die sie sich gar nicht leisten können. Manche haben auch gar kein Dach über dem Kopf. Momentan gibt es in Dachau rund 1500 Sozialwohnungen, benötigt werden aber deutlich mehr. Die Stadt hat deswegen angekündigt, in den nächsten Jahren 100 Sozialwohnungen bauen zu wollen.

Fest steht, dass einige Hundert Menschen auf der Warteliste stehen. Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum sei aber deutlich höher, erklärt Lena Wirthmüller von der Schuldnerberatung der Caritas: "Manche stellen gar keinen Antrag, weil es ihnen unangenehm ist, andere geben irgendwann auf." Schließlich müsse man wenigstens zwei bis drei Jahre, meistens deutlich länger, auf eine Wohnung warten. "Dass bezahlbarer Wohnraum fehlt, geht alle an", sagt Annerose Stanglmayr vom Dachauer Forum. Denn während manche kein Zuhause hätten, stünden viele Wohnungen leer.

Um auf die Problematik hinzuweisen, haben die Arbeiterwohlfahrt (AWO), das AWO-Frauenhaus, das Caritas-Zentrum Dachau, das Dachauer Forum und der Kreiskatholikenrat eine Projektwoche organisiert, während der auch die Ausstellung "My Home is my Castle" von Peter Litvai gezeigt wird. Diese wird am Freitag, 4. Dezember, um 19 Uhr im Pfarrheim St. Jakob eröffnet. Dabei sein werden auch die beiden Schirmherren der Projektwoche, OB Florian Hartmann (SPD) und Landrat Stefan Löwl (CSU).

Leben mit geringem Einkommen

In seinen Fotografien setzt sich Litvai mit der Wohnsituation jener Menschen auseinander, die mit einem geringen Einkommen zurechtkommen müssen. Die Ausstellung, die bereits in mehreren Städten gezeigt wurde, ergänzte Litvai um Fotografien, die er in Dachau gemacht hat. Eines der großformatigen Bilder zeigt beispielsweise ein Baumhaus, in dem jemand eine Zeit lang gelebt hat.

Neben der Ausstellung "My Home is my Castle" wurde ein Grundkurs zum Islam organisiert, in dem Andreas Renz unter anderem über den Islam in Deutschland referieren wird und wie der interreligiöse Dialog gelingen kann. Warum es so wichtig ist, damit vertraut zu sein, erklärte Wirthmüller: "Nicht nur, weil viele Flüchtlinge Muslime sind, sondern auch, weil viele Mitbürger im Landkreis islamischen Glaubens sind."

Der Grundkurs findet am Samstag, 5. Dezember, von 9 bis 16 Uhr statt. Tags darauf wird ab 19 Uhr die szenische Lesung "Welcome To Paradise" abgehalten. Dabei werden Originalsätze aus Gesprächen mit Flüchtlingen vorgetragen. Die Projektwoche damit zu ergänzen, sei sinnvoll, so Wirthmüller: "Flüchtlinge suchen ja auch einen Ort, an dem sie ankommen können." In der interaktiven Kunstaktion "Nest" setzt sich der Dachauer Künstler Marian Wieser mit der Wohnungssuche auseinander. Inspiriert wurde er dazu vom Nestbau der Vögel. Die Besucher der Ausstellung können sich daran beteiligen und selbst vor Ort ein Nest bauen.

Interessierte können an den Veranstaltungen kostenlos teilnehmen; um eine Spende wird gebeten. Anmeldung und Information beim Dachauer Forum unter Telefon 08131/996880 oder info@dachauer-forum.de.

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Quelle:
SZ vom 27.11.2015/gsl
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