Wirtshaus am Erdweg:Eine Augenweide

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"Es ist einfach in prächtiges Wirtshaus", so Franz Baur. Der Moderator der offiziellen Eröffnungsfeier verbreitete richtig gute Laune unter den Gästen. (Foto: Toni Heigl)

Nach vier Jahren der Sanierung ist aus dem maroden Wirtshaus am Erdweg ein liebevoll gestaltetes Gesamtkunstwerk entstanden.

Von Petra Neumaier, Erdweg

Wenn Kulturreferent Manfred Kirchner sagte, dass das Wirtshaus am Erdweg aus einem "Dornröschenschlaf" geweckt wurde, kann ihm beim besten Willen niemand widersprechen. Denn das, was in den vergangenen vier Jahren der Sanierungsarbeit gemeinsam mit den Bürgern geschaffen wurde, ist mehr, als selbst die größten Optimisten erwartet hätten. "Es ist eine Augenweide", schwärmte auch Bürgermeister Georg Osterauer auf der Einweihung am Sonntag. Und deshalb verlor die Gemeinde keine Zeit, das herrliche Kleinod mit Musik zu füllen. Genauso schnell bei der Sache war der Leiter der Abteilung Volksmusik, Elmar Walter, vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege: Noch vor der offiziellen Inbetriebnahme des Gebäudes verlieh er die Plakette "Musikantenfreundliches Wirtshaus".

Es war eine fröhliche Feier, die die Gemeinde am Sonntag mit den geladenen Gästen beging. Nicht nur, weil Franz Baur als Moderator gute Laune verbreitete, sondern weil die Sanierungsarbeiten mehr als gelungen sind. Wer das Gebäude vor vier Jahren gesehen hatte, konnte seinen Augen jetzt jedenfalls kaum trauen. Verschwunden sind Dreck auf den Böden und Schimmel auf bröckligem Verputz, weg die holzwurmdurchlöcherten Balken und verfaulten Böden. Entfernt sind die schmuddeligen Toiletten und die alte Küche - und vorbei ist es mit der modrig-muffigen Luft. Stattdessen: blankes Parkett, moderne Toiletten, strahlend weiße Wände, eine schicke rustikale Wirtstube, eine blitzblanke Küche und der frische Duft von echtem Holz und gesundem Putz. Summa summarum ein liebevoll und mit viel Gespür saniertes, behindertengerechtes Gesamtkunstwerk, inklusive gemütlichem Biergarten. Vor allem aber die gotischen Elemente, die herrlichen, originalen Wandmalereien in der gewölbten "Glonnstubn" und die geschnitzte Eingangstür versprühen trotz Modernisierung den Charme vergangener Zeiten. Gekrönt wird jener durch das Prunkstück des Hauses: den Festsaal unter dem hohen Dach und seinem außergewöhnlichen, offenen Gebälk. Franz Baur konnte da nur stolz zusammenfassen: "Es ist einfach ein prächtiges Wirtshaus."

Und eines, das zu den bedeutendsten Bauwerken und ältesten erhaltenen weltlichen Gebäuden im weiten Umkreis zählt. Seine Wurzeln gehen mindestens bis ins Jahr 1468 zurück. Da wurde die Tafernwirtschaft erstmals schriftlich erwähnt. Seit diesem Datum war sie der Mittelpunkt des Ortes und der gesamten Umgebung - hier rasteten Reisende, wurden Feste gefeiert oder Pferde und Nachrichten gewechselt. Münzen tauschte man ein gegen Proviant und Bier, gegen Dienstleistungen oder die Erlaubnis, über die Brücke gehen zu dürfen, die sich über die Glonn spannte. "Der Wirt hatte nämlich die Aufgabe, diese Brücke instand zu halten und durfte im Gegenzug Zoll erheben", erzählte Bürgermeister Georg Osterauer. "Aber so weit wollen wir heute natürlich nicht mehr gehen", setzte er schmunzelnd hinzu.

Fortgesetzt werde hingegen die Tradition, die Räume mit Leben zu füllen. Sie sollen weiterhin "zentrale Begegnungsstätte und ein sichtbares Zeichen des Zusammenlebens sein". Deshalb wurden die Räume so gestaltet und aufgeteilt, dass sie sich zu allen Anlässen eignen: zu privaten Feiern und Vereinstreffen in den gemütlichen und bestens bewirteten Gaststuben, genauso wie für kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen, Seminare und Übungsstunden. Kostenlos können die Vereine die Räume nutzen "und wir sind sogar dabei, einen Kulturverein zu gründen", kündigte der Bürgermeister an. Eine erste Versammlung ist am 12. Mai geplant. Vorab hat der Gemeinderat erstmals einen Kulturetat im Haushalt eingerichtet, mit dem künftig Kunstschaffende unterstützt werden sollen. "Und ich hoffe, dass das keine einmalige Geschichte sein wird", sagte Kulturreferent Manfred Kirchner.

Gekostet hat die Sanierung des Gebäudes allerdings nicht wenig. Zwei Millionen Euro waren vor vier Jahren veranschlagt worden, 3,3 Millionen Euro wurden es. 1,3 Millionen Euro wurden immerhin bezuschusst. Dabei hatte sich auch die Interessengemeinschaft, deren Engagement überhaupt der Erhalt des Gebäudes zu verdanken ist, einen erheblichen Anteil an Eigenleistungen eingebracht: 65 ehrenamtliche Helfer aus sechs Ortsteilen schufteten in dem verwitterten Gemäuer und füllten in 2510 Arbeitsstunden unter anderem alleine 51 Container mit Schutt. "Gemeinsam haben wir mehr erreicht, als wir jemals gedacht haben", freute sich IG-Sprecher Helmut Schmid, der sogar noch der Gemeinde einen Scheck von 2000 Euro überreichte. Er soll als Obolus für das neue, glänzend schwarze Klavier verwendet werden. "Eine Gemeinde ist ja schon reich, wenn sie engagierte Bürger hat. Aber wenn die auch noch so viel Geld spenden, dann ist das nicht mehr zu toppen", freute sich Bürgermeister Osterauer.

Einen ersten Vorgeschmack auf das künftige kulturelle Leben gaben an diesem Nachmittag und Abend gleich mehrere Gruppen. Angefangen von der Blaskapelle Eisenhofen, der Hirschbergmusi und Stubenmusi "Mooooments" sowie Salonmusik, bis hin zu einer Szenischen Lesung und dem Auftritt der JUZ-Band. Ein abwechslungsreiches Programm, das Elmar Walter Recht gab, dem Wirtshaus schon vorab und ohne Qualifizierung die Plakette als "Musikantenfreundliches Wirtshaus" zu verleihen. Die Voraussetzungen seien einfach gegeben: "Das Essen ist phantastisch und wenn man hier hineingeht, klingt es aus allen Ecken und Enden", sagte er.

Helmut Schmid atmete unterdessen erleichtert auf. "Das Wirtshaus ist nicht nur eine Perle", sagte er. "Historische Gebäude wie dieses prägen und verschönern auch die Gemeinde. Und sie vermitteln das Gefühl von Heimat."

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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