Wirtschaftsserie, Folge 14: "Vater, Mutter, Firma":Mit sanftem Druck in die Männerdomäne

Ute Giese und Sabine Schuster haben andere Pläne, ehe sie die Regeltechnikfirma ihres Vater übernehmen. Heute schaut Detlef Giese nur noch ab und an nach seinem Lebenswerk, denn seine Töchter schmeißen den Laden

Von Erich C. Setzwein, Puchheim

Wer an Energieeinsparung denkt, denkt an dicke Styroporplatten, reflektierende Solarmodule und Vögel mordende Windräder. Vielleicht noch an die Frage, ob der nächste Heizkessel mit Gas oder weiter mit Öl befeuert werden soll. Detlef Giese hat an Energieeinsparung schon gedacht, als noch niemand aufs Geld für Öl und Gas schauen musste und Wirkungsgrade keine Rolle spielten. Da wurde einfach aufgedreht, der Brenner lief und erwärmte Wasser zum Baden und die Heizkörper im Wohnzimmer. 1971, zwei Jahre vor der ersten Ölkrise, gründete Giese zusammen mit seiner Frau in München seine Firma für Heizungs- und Lüftungsregelung. Sein Ziel, das er heute noch mit 73 Jahren verfolgt, war, auf diese Weise viel Brennstoff einzusparen aus Verantwortung für die kommenden Generationen.

Dieses Ziel hat er all die Jahre verfolgt und neben der immer verfeinerten Regeltechnik an der optimalen Wirkungsweise von Kraft-Wärme-Kopplung in Form von Blockheizkraftwerken (BHKW) gearbeitet. Seit 1981 produziert Giese in Puchheim nun Blockheizkraftwerke für den privaten und gewerblichen Bereich. Auch wenn mittlerweile um die 2500 dieser Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung laufen, so ist es doch noch eine Firma in einem Nischenmarkt, die mittlerweile Gieses Töchter Ute Giese und Sabine Schuster weiterführen. "Man ist mit sanftem Druck hineingewachsen", sagt Ute Giese über ihre Karriere in der Firma der Eltern. Die 42-Jährige hatte sich als Kind und junge Reiterin nichts anderes vorstellen können, als Hufschmied zu werden. Draußen zu tun zu haben und immer mit Pferden umgehen, das wäre ihr Traumberuf gewesen.

Firma Giese

Blockheizkraftwerke haben einen Wirkungsgrad von rund 90 Prozent, weil sie nicht nur Strom herstellen, sondern auch die Abwärme nutzen.

(Foto: Günther Reger)

Doch die Eltern wollten eine Nachfolgerin aus der Familie, und so lernte Ute Giese zwischen 1990 und 1996 als eine der ersten Frauen in diesem Beruf Elektromechanik und machte als einzige Frau unter 100 Absolventen ihren Meister. Später, als klar war, dass sie zusammen mit ihrer Schwester Sabine den Betrieb führen wird müssen, lernten die beiden in vielen Stunden an den Wochenenden Betriebswirtschaft und machten ihre Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer. Auch die Schwester, die lieber Konditorin hätte werden wollen, gelangte über die Lehre der Steuerfachangestellten und die ersten Jahre in einer Steuerkanzlei schließlich in die Geschäftsführung der Firma.

Auch wenn Detlef Giese ab und an nach seinem Lebenswerk schaut, so schmeißen die Töchter mittlerweile den Laden. 30 Mitarbeiter sind in Produktion und Kundendienst zu führen, dazu ein Netzwerk von Handelsvertretern im Außendienst sowohl in Deutschland als auch im Ausland. Waren es zu Anfang um die fünf Blockheizkraftwerke, die aus Puchheim geliefert wurden, so sind es jetzt jährlich bis zu 100. Gebaut werden die Motoren, die mit Öl oder Gas betrieben werden und Strom und Wärme liefern, in einem Baukastensystem. Deshalb ist es möglich, kurzfristig einen Auftrag mit vierwöchiger Lieferfrist anzunehmen. Dementsprechend viele Komponenten und Ersatzteile haben die Gieses auf Lager. Zum Teil auf engstem Raum, weil ihr Firmensitz nicht in einem Gewerbegebiet mit Expansionsmöglichkeit liegt, sondern am Rande einer Wohnsiedlung im ländlicheren Puchheimer Stadtteil Ort. "Sollte eine Anlage ausfallen, dann dringt der Kunde auf schnelle Wartung und Reparatur, deshalb haben wir alle gängigen Ersatzteile im Keller", sagt Sabine Schuster. Die Kunden sind unter anderem Hotels, die mit den Blockheizkraftwerken ständig Warmwasser produzieren und ein Schwimmbad beheizen. Oder Metzger, die viel Strom und Wärme im Betrieb benötigen. Aber auch Hausverwaltungen, die Großanlagen mit 49 Kilowatt Strom- und 90 Kilowatt Wärmeproduktion in ihren Heizkellern stehen haben. Pro Gerät in dieser Größenordnung sind um die 80 000 Euro Kaufpreis anzusetzen, ohne Zubehör und Einbau. Es geht auch kleiner, mit einer Leistung von vier Kilowatt Strom und acht Kilowatt Wärme liegt ein Mikroblockheizkraftwerk bei 18 000 Euro.

Doch der Absatz ist nicht der, den sich der Vater und seine Töchter wünschen. Wie sparsam BHKW seien und wie schnell sie sich amortisieren, sei weithin unbekannt, klagt Giese. Vor zwei Jahren hatte er den damaligen bayerischen Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) beim Tag des Handwerks zu Gast. Auch mit der derzeitigen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner ist er in Fachgesprächskreisen zusammen. Und selbst die bayerischen Grünen schauen bei den Gieses vorbei, um sich die Kraft-Wärme-Kopplung erklären zu lassen. Detlef Giese tut das, um die Politik zu überzeugen, dass es außer Fotovoltaik, Stromtrassen und Windräder noch andere Formen der Energiegewinnung und -nutzung gibt. Doch seit im vorigen Jahr die Einspeisevergütung gesenkt wurde, ist der Markt verunsichert. "Mir wäre es am liebsten, es gäbe keine Förderung, dann hätten alle gleiche Marktchancen", sagte Ute Giese.

Auch wenn die Aufträge kommen, so liegt das zweite und durchaus wichtige Standbein der Giese Energie- und Regeltechnik GmbH im Kundendienst. Nicht nur, um die eigenen BHKW, sondern auch die Regelungen für Heizungs- und Lüftungstechnik zu warten. Das Geschäft also, mit dem Detlef Giese einst seine Firma begründete. Ute Giese war selbst 15 Jahre im Kundendienst und weiß, wie wichtig dieser Bereich ist. Kunden, wie seit 40 Jahren der FC Bayern, vertrauen darauf, dass die Technik läuft, dass die Heizung anspringt und die Lüftung funktioniert, wenn sie gebraucht wird. Und auch da, das hat Detlef Giese früh erkannt, gibt es immer noch die eine oder andere Stellschraube, die noch ein wenig mehr Einsparung und Effizienz bringt.

Firmengründer Giese blickt, wie ihm anzumerken ist, mit Wohlwollen und voller Vertrauen auf das von den Töchtern geführte Geschäft. Er selbst hat sich keineswegs aufs Altenteil zurückgezogen, sondern mischt sich ein. Nicht in Firmenangelegenheiten, sondern in die Kommunalpolitik. Als neues Mitglied im Seniorenbeirat der Stadt hat er seine neue Betätigung gefunden. "Wir müssen die Senioren integrieren, sie von daheim wegholen und aktivieren", sagt er. Und an der Homepage, da müsse auch noch was gemacht werden.

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