Wirtschaftliche Interessen versus Tierwohl:Vorbei die Waldesruh

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Die Petershausener wollten keine Kiesgrube in direkter Nachbarschaft. Diese lärmintensive Einrichtung bekommen dafür nun viele Tiere im Wald, zu denen auch Fledermäuse gehören wie hier die Hufeisennase.

(Foto: Mauritius Images)

Erst kommen die Kettensägen, dann die Bagger: Auf einer Forstfläche zwischen Petershausen und Jetzendorf sollen in den nächsten Jahren 80 000 Kubikmeter Kies abgebaut werden. Grüne und SPD äußern Bedenken

Von Horst Kramer, Petershausen

Im Wald zwischen Petershausen und Jetzendorf wird es laut. Auf einer Fläche von rund 11 000 Quadratmetern soll Kies abgebaut werden: zirka 80 000 Kubikmeter Kies und rund 9000 Kubikmeter Erde sollen es in den kommenden 15 Jahren sein. Der Petershausener Gemeinderat bestätigte nun einen Beschluss zugunsten des Vorhabens, den der Bau- und Umweltausschuss schon im Juli mit deutlicher Mehrheit getroffen hatte. Doch die Fraktionen der SPD und Grünen hatten schon damals Bedenken angemeldet und auf eine Diskussion im Plenum bestanden. Sie machen sich Sorgen, um die Tiere, die im Wald leben.

Alexander Heisler (Grüne) begründete: "Der ökologische Eingriff ist einfach zu groß." Durch die Abholzung und den Humusabbau würden die Lebensräume zahlreicher Tier- und Pflanzenarten gefährdet. "Dort leben zum Beispiel Fledermäuse", berichtete Heisler. Wolfgang Stadler (SPD) wies auf die Unfallproblematik auf der Kreisstraße DAH 1 zwischen Petershausen und Jetzendorf hin. Erst Anfang Oktober war dort ein junger Mann von der Straße abgekommen und hatte sein Leben verloren. "Durch den zusätzlichen Lkw-Verkehr wird die Straße nicht weniger gefährlich", warnte Stadler. Ähnliche Bedenken hat auch die Rathausverwaltung, wie der Tischvorlage zu dem Tagesordnungspunkt zu entnehmen war: "Die Zufahrt zur DAH 1 ist aus Sicht der Verwaltung sehr kritisch, beim momentanen Ausbauzustand ist eine massive Gefährdung gegeben." Im Rathaus hatte man ausgerechnet, dass zum Abtransport des geplanten Aushubs zwischen 6400 und 8000 Lkw-Fahrten notwendig wären, abhängig von der Größe der eingesetzten Fahrzeuge.

Die Fraktionen der CSU und FW sprachen sich dennoch für das Vorhaben aus. Günter Fuchs (CSU) meinte: "Wir waren uns alle einig, dass wir keine Kiesgrube direkt bei Weißling haben wollten. Das jetzt geplante Vorhaben ist weit von jeder Haustür entfernt." Ernst Nold (FW) wollte sogar einen ökologischen Vorteil für die Gemeinde erkannt haben: "Der Kies, den wir brauchen, muss nicht von weither gekarrt werden." Zudem könne der Erdaushub, der in Petershausen durch die anstehenden Bauprojekte anfalle, dort abgeladen werden. Ein Argument, das auch der FDP-Bürgermeisterkandidat Jürgen Junghans zugunsten des Projekts anführte. Diese Möglichkeit wird sich aber wohl erst bieten, wenn der Kiesabbau in rund 15 Jahren abgeschlossen ist. Dann soll die Fläche laut einem Rekultivierungsplan des Antragsstellers wieder aufgeforstet werden: Ein ökologisch wertvoller Mischwald wird dann den bisherigen Fichtenbestand ersetzen.

Heisler ließ diese Perspektive nicht gelten und verwies auf die langen Zeiträume: Die komplette Wiederaufforstung des Areals werde rund fünfzig Jahre in Anspruch nehmen. Dagegen wandte sich wiederum Michael Schwappacher (CSU): "Die Fichten werden über kurz oder lang eh weggeschnitten." Seine Parteifreundin Hildegard Weßner verwies auf eine Stellungnahme der zuständigen Försterin, die "sich nicht negativ" über das Vorhaben geäußert habe. "Dort werden sich in der Zwischenzeit andere Tiere und Pflanzen ansiedeln", ergänzte Junghans.

Bernhard Franke (SPD) brachte auch noch planungsrechtliche Bedenken in die Debatte ein: Das Vorhaben stelle einen erheblichen Eingriff in den bestehenden Flächennutzungsplan dar; dort sein das Areal als forstwirtschaftliche Fläche ausgewiesen. Der Antragssteller hatte zwar eine Privilegierung seines Projekts deklariert, aber dazu laut Verwaltung noch keine Unterlagen vorgelegt. Frankes Kollege Stadler warnte vor einem Präzedenzfall: Mit dem Privilegierungsargument könne im Grunde jeder Petershausener Waldbesitzer einen Kiesabbau beantragen, so der SPD-Doyen, zumal der Antragssteller bis dato noch nie in dieser Branche tätig gewesen sei. Ein Umstand, auf den auch die Verwaltung hingewiesen hatte. Tatsächlich ist der Gegenstand des Unternehmens in den öffentlich einsehbaren Geschäftsdaten mit "Lohnarbeiten für landwirtschaftliche Unternehmen" und "Hackschnitzelhandel" deklariert.

Petershausens Bauamtsleiter Thomas Schleicher betonte abschließend, dass es Aufgabe des Landratsamts sei, sowohl die Privilegierung als auch die Verkehrssituation zu prüfen.

Das Gremium segnete das Vorhaben mit den 14 Stimmen aus den Fraktionen CSU, FWG und FDP ab. Dagegen votierten die fünf Grünen- und SPD-Gemeinderatsmitglieder.

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