Wirbel um Plakatverbot:Uefa weiter in der Kritik

Politiker sind empört, dass Fußballfans aus Dachau kein Banner mit dem Namen ihrer Stadt aufhängen durften - der FC Bayern und die Uefa schweigen indes.

R. Stocker und H. Zeller

Dachau - Im Streit um das von der Uefa zensierte Banner hat jetzt auch Bundestagsvizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (CSU) gegen die Behandlung des FC Bayern-Fanclubs "Dachau City 1995" protestiert. Wie berichtet, mussten die Dachauer Bayernfans beim Champions-League-Finale im Mai in Madrid auf ihrem Transparent das Wort Dachau überkleben, weil der Name der Stadt als Nazi-Symbol verstanden werden könne. Eine Stellungnahme des FC Bayern zu dem Vorfall war trotz intensiver Nachfrage am Donnerstag nicht zu erhalten.

dachau city fanclub

Die Uefa wollte keinen Dachau-Schriftzug beim Champions-League-Finale im Mai.

(Foto: privat)

Hasselfeldt hat den Uefa-Präsidenten Michel Platini aufgefordert, "dafür zu sorgen, dass die Dachauer Fans des FC Bayern - wie die Mitglieder anderer Fanclubs - in Zukunft ungehindert ihre Transparente in den Stadien präsentieren dürfen".

Wer Dachau allein auf die Gräueltaten der Nationalsozialisten im ehemaligen Konzentrationslager reduziere, schreibt Hasselfeldt, verkenne die Situation und die Lebenswirklichkeit der Einwohner von heute. "Dachau bemüht sich auf vielfältige Weise um Aufarbeitung und Aussöhnung." Dazu gehöre nicht nur die KZ-Gedenkstätte. Gerade über den Sport würden Brücken gebaut, wie im Mai dieses Jahres bei einem Freundschaftsspiel zwischen einer Mannschaft aus Oradour-sur-Glane und dem ASV Dachau. Selbst die Menschen in einem Ort wie Oradour, an dem deutsche Soldaten 1944 ein Massaker an mehr als 600 Zivilisten verübten, sähen die Stadt Dachau heute nicht mehr allein als Symbol des NS-Terrorregimes an. "Der Blick auf Dachau darf nicht nur in die Vergangenheit gehen, sondern muss auch die Gegenwart erfassen und in die Zukunft gerichtet sein", so Hasselfeldt.

Zuvor schon hatte sich Kultus- und Sportminister Ludwig Spaenle in der Debatte um das Banner-Verbot zu Wort gemeldet. "Ich erwarte, dass die aktive Aufarbeitung der Schreckenszeit des Dritten Reichs, die gerade in der Stadt Dachau intensiv betrieben wird, auch von der Uefa anerkannt wird", sagte Spaenle. Sportfans aus Dachau hätten das gleiche Recht wie die aus München, Madrid oder Manchester, sich mit ihrem Sportverein und ihrer Stadt zu identifizieren. Als Kultusminister sehe er die Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte als zentral für die Demokratie.

Auch der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath und Dachaus Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) haben das Verhalten der Uefa in einem Brief an Präsident Michel Platini kritisiert und ihn nach Dachau eingeladen.Bislang habe er von der Uefa noch keine Reaktion bekommen, sagte Seidenath auf Anfrage der SZ. Er erwarte von der Uefa einen Ausdruck des Bedauerns. "Ich glaube nicht, dass das Verbot von ganz oben verfügt wurde, aber die Ordner müssen instruiert werden, dass so etwas nicht wieder vorkommt", sagte Seidenath.

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