Windkraft:Streit über grüne Energie

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Wird diese Landschaft durch ein Windrad zerstört? Die Gefahr der Verschandelung sieht der VLAB grundsätzlich in solchen Anlagen. (Foto: Toni Heigl)

Der neu gegründete Verein für Landschaftspflege und Artenschutz klagt gegen die geplante Anlage der Ziegelei Hörl und Hartmann in Pellheim. Der Bund Naturschutz befürwortet es.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Das im Dachauer Ortsteil Pellheim geplante Windrad der Ziegelei Hörl und Hartmann wird zum Zankapfel zwischen zwei konkurrierenden Naturschutzvereinen. An diesem Beispiel offenbart sich ein Streit, den der Bund Naturschutz (BN) und der Verein für Landschaftspflege und Artenschutz (VLAB) bis auf Bundesebene führen. Während der BN generell Windkraft befürwortet und die Kreisgruppe im besonderen auch das Windrad in Pellheim, hat der VLAB beim Verwaltungsgericht München Klage dagegen eingereicht.

Warum? Aus Prinzip offenbar. Windräder, so heißt es im Vereinszweck des VLAB, "schaffen den Charakter eines Industrieraumes und schädigen die Biodiversität" von Kulturlandschaften. Der erst im Sommer 2015 gegründete VLAB hat seinen Sitz in Erbendorf in der Oberpfalz. Ortsvereine gibt es noch nicht - anders als beim Bund mit seiner in Bayern mehr als 100-jährigen Geschichte. Jedoch baut der VLAB gerade bundesweite Strukturen auf. Derzeit klagt er noch gegen eine weitere Windkraftanlage in Bayern. Wie Andreas Schmiedinger vom VLAB erklärt, verfolgt der Verein Windkraftvorhaben in ganz Bayern und äußert sich meistens in Stellungnahmen. In diesem Fall hat der Verein offenbar von der Bürgerinitiative (BI), die sich in Pellheim gegen das Windrad gegründet hat, davon erfahren. Genau wollen sich dazu jedoch weder Schmiedinger noch die BI äußern.

Die konkurrierenden Vereine erheben schwere Vorwürfe gegeneinander

Zumal sich die Klage nicht auf die Kritik der Bürger bezieht. Diese stört vor allem, dass das Windrad, das vom Landratsamt im Dezember genehmigt wurde, 800 Meter von der Wohnsiedlung entfernt steht. Nach der 10-H-Abstandsregelung müssten es 2,07 Kilometer sein, denn das Windrad soll 207 Meter hoch werden. Weil mit der gewonnen Energie der Betrieb versorgt werden soll, stufte das Landratsamt das Windrad als Nebenanlage ein. Für diese gilt die 10-H-Abstandsregelung nicht. Die Klage des VLAB bezieht sich auf den Artenschutz. Die betreffende Fläche soll Brutgebiet des seltenen und geschützten Rotmilan sein. "Wir haben für diese Art eine besondere Verantwortung", sagt Andreas Schmiedinger vom VLAB. "Wir müssen uns davon verabschieden, Windkraft als grüne Energie anzusehen", sagt Schmiedinger. Als Alternativen nennt er Gaskraft und Fotovoltaik.

"Die Energiewende ist ohne Windkraft nicht zu schaffen. Sie produziert den umweltverträglichsten Strom", sagt hingegen Roderich Zauscher, Vorsitzender der Kreisgruppe des BN und drückt damit die allgemeine Haltung des Bund Naturschutz aus. Eine Gefahr für den Rotmilan sieht Zauscher in dem Windrad in Pellheim nicht. Zum einen habe sich die noch immer geschützte Zugvogelart in den vergangenen Jahren erholt, sie sei in ihrem Bestand nicht gefährdet. Etwa 100mal mehr Greifvögel sterben laut Zauscher an großen Straßen und zehnmal mehr an Hochspannungsleitungen oder durch das Fliegen gegen hohe Gebäude als an Windrädern. Das zeigten auch die Erfahrungen mit den fünf Windrädern in Odelzhausen, die mit einer Leistung von jeweils 2200 Volllaststunden im vergangenen Jahr zudem äußerst rentabel laufen, wie er sagt.

Beim BN zweifelt man am Ernst der Naturschutz-Absichten des VLAB

"Wer die Windkraft ablehnt, befördert das Geschäft mit Atom und Kohle", sagt Zauscher zur Klage des VLAB. Damit bringt er den Streit zwischen den beiden Vereinen auf den Punkt. Der VLAB wirft dem Bund vor, Windkraftlobbyisten allzu nahe zu stehen. Beim BN wiederum zweifelt man am Ernst der Naturschutz-Absichten des VLAB. Ehrenpräsident des VLAB ist Enoch zu Guttenberg, der früher für den Bund aktiv war. Der Bund klagt derzeit gegen eine Fernsehsendung, in der auch zu Guttenberg schwere Vorwürfe gegen den Bund erhoben hatte.

Der BN, so heißt es in der Geschäftsstelle in Nürnberg, hat noch nie gegen den Bau einer Windkraftanlage in Bayern geklagt, lehnt aber laut eigener Aussage regelmäßig Planungen ab. Etwa, wenn Tierarten, etwa Fledermäuse, oder alte Wälder in Gefahr sind. Auch in Dachau mahnt Zauscher den Schutz der Fledermäuse an. Während des ersten Jahres soll laut Auflage des Landratsamtes das Rad in der Nacht stillstehen; ein Gerät wird das Vorkommen der Tiere aufzeichnen. Die Ziegelei selbst konnte zur Klage bisher nicht Stellung nehmen, weil ihr die Klagebegründung noch nicht vorliegt.

© SZ vom 05.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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