Süddeutsche Zeitung

Windkraft:Kommentar

Zweifel am Streben zur Energiewende

Walter Gierlich

Das Thema Windkraft treibt nicht nur einen Keil zwischen jene, die sich für die Energiewende stark machen, und Bürger, die - aus welchen Gründen auch immer - Angst vor riesigen Rotoren in ihrer Umgebung haben. Es schlägt auch Wunden im Dachauer Stadtrat, wo am Montagabend mehr als eine Stunde lang hitzig über die Frage diskutiert wurde, wie ernst Politiker und Stadtverwaltung den Umstieg auf regenerative Energien nehmen. Es ist sicher sinnvoll und ehrenwert, wenn sich die Stadt dem landkreisweiten Flächennutzungsplan für die Aufstellung von Windkraftanlagen anschließt. Denn nach Paragraph 35 des Baugesetzbuchs sind die Windräder ebenso wie etwa landwirtschaftliche Gebäude privilegiert. Das heißt, sie müssen zugelassen werden, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen. Nach der Studie, die Grundlage für den landkreisweiten Flächennutzungsplan ist, könnten auf den darin vorgesehenen Konzentrationsflächen 34 Windräder errichtet werden. Käme die gemeinsame Bauleitplanung nicht zustande, könnten sich Investoren auf die Privilegierung berufen und deutlich mehr Windkraftanlagen errichten. Genau solchen Wildwuchs wollen die 14 Gemeinden - drei sind ausgeschert - verhindern, die sich am landkreisweiten Konzept beteiligen.

Nun hat allerdings die Dachauer Stadtverwaltung für den ersten privaten Antrag auf Errichtung eines Windrads eine Ablehnungsbegründung vorgelegt, die in der Tat Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Bemühens um eine Energiewende weckt. Dort sind einfach die Ausschlusskriterien des Baugesetzbuchs für privilegierte Vorhaben aufgelistet. Da liest man dann, dass das Vorhaben "schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft" sowie "Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Denkmalschutzes und die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt und das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet". Die Windkraftgegner, die sich gegen ein Projekt bei Odelzhausen als Bürgerinitiative formiert haben, dürften sich die Hände reiben. Das ist Wasser auf ihre Mühlen. (Seite 3)

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Quelle:
SZ vom 09.11.2011
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