Widerstand gegen Bauprojekt:Angst vor Verdichtung

Zwei Mehrfamilienhäuser mit 16 Wohnungen sollen auf einem Grundstück in der Arnbacher Straße in Schwabhausen entstehen. Doch Anwohner und Mitglieder des Bauausschusses befürchten eine zu massive Bebauung

Von Renate Zauscher, Schwabhausen

Der Versuch, in München bezahlbaren Wohnraum zu finden, gleicht der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Gleiches gilt mittlerweile für das Münchner Umland: "Der Miet- und Immobilienmarkt ist leergefegt", sagt Josef Baumgartner, Bürgermeister der Gemeinde Schwabhausen (FW). Dementsprechend hätten auch die Preise eine Höhe erreicht, "wie man sich das vor ein, zwei Jahren noch nicht hätte vorstellen können". Der von München ausgehende Siedlungsdruck auf seine Kommune sei deutlich zu spüren.

Für Baumgartner heißt die Lösung "innerörtliche Verdichtung". Im Zuge der Überarbeitung des gemeindlichen Flächennutzungsplans werde man ein Konzept für die künftige Gemeindeentwicklung erstellen, sagt er. Er gehe davon aus, dass sich der Gemeinderat gegen die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich und für die Nutzung vorhandener Baulücken aussprechen werde. Seit Langem ist es in der Gemeinde mit derzeit 6745 Einwohnern Konsens, sich auf ein jährliches Bevölkerungswachstum von einem Prozent zu beschränken.

Baugrube

Die Großbaustelle auf dem Gelände der ehemaligen VR Bank.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Dass allerdings das Konzept der innerörtlichen Verdichtung im konkreten Einzelfall auf Widerstand stoßen kann, zeigt das Beispiel eines geplanten Bauvorhabens an der Arnbacher Straße in Schwabhausen. Hier sollen auf einem 2000 Quadratmeter großen Grundstück, das ursprünglich zu einer Hofstelle gehörte und mit zwei älteren Häusern bebaut ist, zwei Mehrfamilienhäuser mit 16 Wohnungen entstehen. Der Bauausschuss des Gemeinderats findet die Bebauung zu massiv und hat das Vorhaben bereits dreimal abgelehnt, zuletzt trotz einer erfolgten Reduzierung von Wohnungsanzahl, Höhe und Dachneigung. Ein Bebauungsplan wurde nicht erstellt, die Genehmigung der dreigeschossigen Gebäude soll über den Paragraf 34 des Baugesetzbuches erfolgen, wonach sich Neubauten in Umfang und Höhe an der umgebenden Bebauung orientieren müssen. Wegen eines bereits vorhandenen Mehrfamilienhauses an der Arnbacher Straße und dem großen alten Pfarrhof gegenüber seien die Voraussetzungen für die Bebauung im geplanten Umfang gegeben, so Baumgartner.

Nachdem der Bauausschuss den Plan ablehnte, beschäftigte sich das Landratsamt damit, das nun den Ball wieder an die Gemeinde zurückgespielt hat. Im Raum steht die sogenannte "Ersatzvornahme" durch die Kreisbehörde, welche den Bau genehmigen könnte, falls sich die Gemeinde erneut gegen das Projekt sperrt. Nicht nur die Mehrheit der Bauausschussmitglieder ist skeptisch, was das Bauprojekt angeht. Auch eine Reihe von Bürgern ist voller Sorge, was das Vorhaben für sie persönlich bedeuten würde. "Klar, dass neuer Wohnraum geschaffen werden muss, und wir verwehren uns auch nicht einer Entwicklung auf dem Land", heißt es aus den Reihen der Nachbarn. Hier aber handle es sich um "eine extreme Situation", es gehe "große Angst" um. Angst, dass mit fünf oberirdischen Stellplätzen und ansonsten nur Douplex-Stellplätzen in der Tiefgarage die schmale Zufahrtsstraße permanent zugeparkt wäre. "Die kleine Stichstraße wäre völlig überlastet", sagt ein Anwohner. Zudem befürchtet man, dass wegen der großen versiegelten Fläche das Oberflächenwasser nicht ausreichend versickern könnte und es bei Starkregenereignissen zur Überflutung der Keller kommen könnte. Manche glauben, dass durch die Bauarbeiten am Hang Böschungen abrutschen könnten. Des Weiteren sieht man die sechs große Eichen und zwei Linden am Rand des Grundstücks in Gefahr.

Dorfcharakter

Schwabhausener Bürger bangen um den dörflichen Charakter ihres Wohnorts. Die Gemeinde ist jedoch zur Verdichtung gezwungen. Anwohner der Arnbacher Straße, im Bild die Idylle um das Pfarrzentrum, sehen das zwar ein, sind aber gar nicht darüber glücklich.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Zumindest was die Bäume angeht, können die Anwohner inzwischen aufatmen: In der Gemeinderatssitzung am Dienstag stimmten die Räte für die Unterschutzstellung der Eichen als Naturdenkmal. Auf Antrag der Schwabhausener Ortsgruppe des Bundes Naturschutz will man auch noch zwei Linden im gleichen Baumensemble schützen lassen. Der Bauträger stehe "voll hinter der geplanten Unterschutzstellung durch die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt", sagt der Bürgermeister.

Keine Probleme sieht Baumgartner auch, was die Wassersituation angeht: Die Ängste der Anwohner "haben keinen realen Hintergrund". Für den Erhalt von Böschungen zu Nachbargrundstücken müsse der Bauherr sorgen und das Problem zugeparkter Straße sei schließlich allgegenwärtig und nicht auf Schwabhausen begrenzt. Vor allem aber könne sich die Gemeinde nicht gegen geltendes Baurecht stellen: Angesichts des vorhandenen Baurechts auf dem Grundstück "können wir das Projekt nicht ohne vernünftigen, stichhaltigen Grund ablehnen. Wir können uns nicht rechtswidrig verhalten", sagt Baumgartner.

Heute beschäftigt sich der Bauausschuss erneut mit dem Vorhaben. Da das Gremium bei Fragen konkreter Baugenehmigungen eine beschließende und nicht nur wie bei solchen der Bauleitplanung vorberatende Funktion hat, ist mit einer abschließenden Entscheidung zu rechnen.

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