Widerspruch:Das Windrad und der Wespenbussard

Das geplante Projekt der Stadtwerke im Sigmertshauser Holz ist erneut Thema der Bürgerversammlung in Pellheim. Kritiker und Betreiber der Anlage warten gespannt auf das endgültige Ergebnis der Vogelkartierung im Frühjahr

Von Petra Schafflik, Dachau

Noch im vorigen Jahr brodelte der Saal im Gasthof Liegsalz in Pellheim, als sich die Einwohner der dörflichen Ortsteile dort zur Bürgerversammlung drängten. Hitzig diskutiert wurde damals über das geplante Windrad, das die Stadtwerke im Sigmertshauser Holz errichten möchten. An den Plänen hat sich nichts geändert, an der Kritik der Bürger auch nicht, dennoch blieb bei der diesjährigen Veranstaltung am Dienstag ein großer Disput aus. Vielleicht auch deshalb, weil Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) ausführlich über den aktuellen Stand der Projektgenehmigung informierte. Im Moment gebe es "grünes Licht" von allen fachlichen Seiten, so der OB. Allerdings ist die wichtige Vogelkartierung noch nicht abgeschlossen, im Frühjahr erfolgen weitere Erhebungen zum Wespenbussard. Parallel werde die Bauleitplanung auf den Weg gebracht, vor der Sommerpause soll der Stadtrat erneut beraten.

Sigmertshauser Holz

Die Stadtwerke Dachau wollen im Sigmertshauser Holz ein Windrad errichten.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Ganz ohne Widerspruch blieb dieser Bericht nicht. Monika Kreitmair, die in Viehhausen kaum 800 Meter vom geplanten Windrad lebt, fragte: "Warum wird das Projekt nicht gestoppt, wenn der Wespenbussard gesichtet wurde?" Ob ein Windkraftprojekt geschützte Vogelarten bedroht, "das beurteilen Ornithologen und entscheiden die Genehmigungsbehörden", sagte Gerald Nübel, technischer Leiter der Stadtwerke. Also gelte es, das Gutachten abzuwarten.

Für ein Windkraftprojekt ist der geplante Standort auf einer Anhöhe im Sigmertshauser Holz "einfach ideal", rief Oberbürgermeister Hartmann den Bürgern erneut in Erinnerung. Auch Gutachten zu Schattenwurf und Lärmemissionen fallen positiv aus, das ist seit vorigem Sommer bekannt. Mit Spannung erwarten Stadtwerke wie Kritiker deshalb das Ergebnis der Vogel-Kartierung. Die Experten haben im vorigen Jahr Brut- und Flugverhalten von Rotmilan, Wanderfalken und Wespenbussard untersucht. "Es gibt keinen eindeutigen Horst-Nachweis", sagte der OB. Doch gesichtet wurden diese Vögel, "aber die Flugbewegungen liegen im unkritischen Bereich." Zur Absicherung wird nun erneut gezielt zum Wespenbussard geforscht. "Noch kann das Projekt am Naturschutz scheitern", räumte Nübel ein. "Wenn anderswo geschützte Vögel gefunden werden, ist das Fakt und das Projekt wird eingestellt", sagte Monika Kreitmair. Die Nachkartierung hält sie für "fragwürdig". Die Bürgerin aus Viehhausen fragte auch nach alternativen Windkraft-Flächen, falls der Vogelschutz das Vorhaben im Sigmertshauser Holz zum Scheitern bringt. Geeignete Standorte gebe es im Landkreis durchaus, erklärte Nübel. "Allerdings findet sich aktuell keine Gemeinde, die bereit ist, Windkraft zu entwickeln."

Nicht um ein konkretes Projekt, sondern um die künftige Entwicklung von Stadt und Landkreis macht sich Sebastian Metz Sorgen. Der Pellheimer referierte vom Rednerpult aus seine Überlegungen zu Bevölkerungswachstum, Verkehrsentwicklung und Defiziten der Stadtpolitik. Seine Forderung: Die Ansiedlung von produzierendem Gewerbe würde Arbeitsplätze vor Ort schaffen, die Pendlerströme reduzieren. "Dachau verkommt zur Trabantenstadt", beklagte Metz, der sich ein "Gründerzentrum" wünscht. Tatsächlich liege Dachau im Vergleich zu ähnlich strukturierten Städten bei der Gewerbesteuer zurück, bestätigte der Oberbürgermeister. Weshalb die Stadt mit einem Entwicklungskonzept drei neue Gewerbestandorte prüft. "Da sind wir dran." Wie viele Jobs entstehen und ob diese dann Dachauer antreten, "das haben wir nicht in der Hand."

Auch kleinere Sorgen treiben die Bürger um. In der Dorfstraße, die Pellheim durchquert, werde eng und dicht geparkt. "Von der Kirche aufwärts gibt es kein Durchkommen, vor allem auch für landwirtschaftliche Fahrzeuge", monierte Engelbert Metz. Wenn die gerade entstehenden Neubauten dort bezogen werden, könnte sich die Situation verschlechtern.

Das Anrufsammel-Taxi (AST), das den Bürgern der ländlichen Ortsteile Mobilität sichert, lobte Georg Liegsalz senior. Allerdings wünscht sich der Pullhausener mehr Flexibilität. Denn eine AST-Fahrt muss eine Stunde vor Abfahrt telefonisch gebucht werden. Doch gerade bei Arztbesuchen lasse sich die Dauer kaum einschätzen. "Wenn es schlecht läuft, muss ich fast zwei Stunden warten." Aktuell erstelle die Stadt gemeinsam mit dem Landkreis einen Nahverkehrsplan, so der OB. "Dadurch könnte sich ein besseres Angebot ergeben".

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