Welttag der Spatzen:Spatz in Gefahr

Spatz im Winter

Haussperlinge, wie hier im Bild, ebenso wie Feldsperlinge brauchen dichte, einheimische Büsche und Hecken oder Verstecke an Gebäuden.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Die Bestände der Haus- und Feldsperlinge gehen dramatisch zurück. Den Singvögeln fehlen die Nistmöglichkeiten

Von Laura Winter, Dachau

Der Frühling wird stiller. Es summt nicht mehr soviel, es zwitschert nicht mehr so laut. Besorgniserregend sind die Zahlen, mit denen Naturschützer solche subjektiven Eindrücke untermauern. Ausgerechnet der allgegenwärtige Spatz ist in Gefahr. Dem ewig lärmenden, graubraunen Singvogel ist der Weltspatzentag an diesem Dienstag gewidmet. Bayernweit ist der Bestand laut Zählungen in nur einem Jahr von 2016 auf 2017 um zehn Prozent zurückgegangen, teilt der Landesbund für Vogelschutz (LBV) mit. Seit 2011 sei die Population sogar um 40 Prozent kleiner geworden. Stadt und Landkreis Dachau sind dabei keine Ausnahme. Die Zahlen, die Freiwillige jährlich zur Stunde der Wintervögel und zur Stunde der Gartenvögel melden, liegen knapp im bayerischen Durchschnitt. Sperlinge stehen mittlerweile gar auf der Vorwarnliste der Roten Liste für gefährdete Arten.

"Bei meinen Spaziergängen in der Altstadt habe ich zuletzt keinen einzigen Spatzen gesehen", sagt Ludwig Wilhelm, Vorsitzender des LBV Dachau, besorgt. Obwohl der Spatz grundsätzlich ein geselliges Kerlchen sei, werde es für ihn immer schwieriger, in menschlicher Nähe zu überleben. Laut LBV ist die energetische Bauweise ein Teil des Problems. Durch die Fassadendämmung bleibt kaum noch Platz zum Nester bauen. Dabei ist sind Sperlinge auf Nistplätze an Gebäuden angewiesen. Zusätzlich erschweren aufgeräumte Gärten den Vögeln das Leben. Entfernte Hecken, Insektizide und exotische Pflanzen bieten weder Nahrungs- noch Versteckmöglichkeit. Bei der Aktion "Stunde der Wintervögel" haben die Bewohner des Landkreis Dachau in diesem Jahr zwischen vier und fünf Spatzen pro Garten gezählt. Damit liegt der Landkreis im bayerischen Durchschnitt mit rechnerisch 4,5 Spatzen pro Garten. In München wurde nicht einmal mehr in jedem Garten ein Sperling gesichtet.

Um überblicken zu können, wie viele Vögel in unseren Wäldern, Parks und Gärten hausen, ruft der LBV nun zum 14. Mal zur Aktion "Stunde der Gartenvögel" auf. Vom 10. bis 13. Mai kann sich jeder eine Stunde lang auf die Lauer legen und zählen, wie viele Vögel er beobachtet. Schon jetzt befinden sich zahlreiche Vogelarten in der Balz, wie Ludwig Wilhelm vom LBV Dachau berichtet. Männliche Grünfinke, Amseln, Singdrosseln und Stare nutzen die warmen Stunden und werben um die Gunst des anderen Geschlechts. Vor allem große Vögel wie Raben- und Greifvögel scheinen sich immer mehr durchzusetzen. Zugvögel, die sich über die kalten Wintermonate in den Süden auf machen, werde man hingegen immer seltener beobachten können, sagt Wilhelm. Der Klimawandel spiele dabei eine Rolle, aber auch die in Südeuropa und Nordafrika weit verbreiteten Vogeljagden hätten daran einen großen Anteil. Das fortschreitende Insektensterben und der späte Winter in diesem Jahr gefährden die zarten Tiere zusätzlich. "Die Menge der Beute bestimmt nun einmal die Menge der Vögel", sagt Wilhelm. Aus seiner Sicht tragen vor allem Gärtner und Landwirte eine große Verantwortung für die Vogelbestände. Spritzmittel, Dünger und Monokulturen erschweren den Vögeln das Leben massiv. Die Politik müsse natürlich ebenfalls mitziehen. "Wir müssen hoffen, dass die Problematik nicht nur zur Kenntnis genommen wird, sondern dass auch Schlüsse daraus gezogen werden", sagt Wilhelm. Im eigenen Garten könne man auf heimische Arten setzen, die es Insekten erlauben, sich zu vermehren und so auch eine Nahrungsgrundlage für Vögel darstellen.

Im Landkreis Dachau befinde sich der Vogelbestand auf einem mittleren Niveau, sagt Wilhelm. Er bewertet die Naturschutzgebiete im Landkreis Dachau zwar positiv, doch sagt er betrübt: "Das Dachauer Moos ist verloren." Der Ausbau des Verkehrsnetzes trage daran eine Mitschuld. Eine Beobachtung freut ihn: Auf Flächen, die mit Windrädern bebaut sind, habe ein Beobachter vor einiger Zeit ein Rebhuhn ausfindig gemacht. Die große Anlage bietet dem Vogel Schutz vor Greifvögeln, und da dort keine Bäume stehen, hat er einen guten Überblick über die Landschaft. Im vergangenen Jahr haben 129 Beobachter im Landkreis Dachau insgesamt 3625 Vögel gesichtet. Wer sich an der diesjährigen Aktion beteiligen möchte, muss schlicht von jeder Vogelart die höchste Anzahl notieren, die er in 60 Minuten gesehen hat. Tipps und Meldebogen gibt es unter www.stunde-der-gartenvoegel.lbv.de.

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