Weihnachtliche Vorboten:Gegen den Herbstblues

Jugend-Sinfonieorchester

Großer Auftritt: Die Musiker des Dachauer Jugendsinfonieorchesters sind zwischen 13 und 20 Jahre alt, überwiegend Schüler, Studenten und Auszubildende.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Dachauer Jugendsinfonieorchester präsentiert ein ambitioniertes Programm, das von Barock bis New Classic reicht

Von Andreas Förster, Dachau

Die Besucher des DJSO-Herbstkonzerts wurden im Stockmann-Saal von den ersten weihnachtlichen Vorboten empfangen: Der bunt geschmückte Christbaum neben der Bühne hielt sich im Lichterglanz noch vornehm zurück, als wollte er das Leuchten den Künstlern auf der großen Bühne überlassen. Die Musiker des Dachauer Jugendsinfonieorchesters sind zwischen 13 und 20 Jahre alt, überwiegend Schüler, Studenten und Auszubildende. Das Programm, das sie sich zusammen mit ihrer musikalischen Leiterin, Gudrun Huber, für ihr Konzert ausgesucht haben, ist jedoch hoch ambitioniert. Es sollte den Zuhörern den Herbstblues austreiben. Allerspätestens beim Radetzky-Marsch, der schmissigen Zugabe, war das ganz sicher der Fall.

Die Stücke davor waren stilistisch völlig anders und reichten vom Barock über die (Spät-)Romantik bis zur New Classic: Ein eher selten aufgeführtes Konzert für Fagott und Streicher von Antonio Vivaldi, die romantischen Suiten von Claude Debussy und Edward Elgar sowie zwei anspruchsvolle Stücke von blutjungen, begabten Komponisten, verlangten von Publikum und Musikern hohe Aufmerksamkeit.

Einer, der richtig strahlte, war der Fagottist des Ignaz-Taschner-Schulorchesters, Michael Burkner. Der 17-Jährige blies den schwierigen Solopart des achten Concertos für Fagott und Streicher, dem achten von insgesamt 39 dieser Art aus der Feder des Barockmeisters aus Venedig, Antonio Vivaldi, mit Bravour. Zunächst etwas verhalten, da auch das Orchester anfangs zurückhaltend agierte, doch mit zunehmender Dauer immer sicherer, flüssiger und souveräner. Die drei Sätze Allegro, Largo und nochmals Allegro schienen vom Komponisten der "Vier Jahreszeiten" wie gemacht für den manchmal stürmischen Herbst mit seinem Blätterwirbel und Waldesrauschen, das man sich im temporeichen Spiel der Streicher sehr gut vorstellen konnte.

Bei Debussys "Petite Suite" erster Satz en bateau, dritter Satz Menuett, vierter Satz Ballet spielt das Orchester zunächst wieder fast schüchtern, bis die Dirigentin ihren Schützlingen mit größeren Gesten Mut und Zuversicht vermittelte und mehr Verve aus den Musikern herauslockte. Stück Nummer drei war die Uraufführung der Sinfonie "The castle down the street" von dem 16-jährigen Autodidakten Toby Menon aus den USA. Das Werk wurde vom Orchesterhornisten Mario Ederer leicht umarrangiert. Auch hier gelang es dem konzentriert spielenden Orchester, musikalische Sätze wie "Rapids" in Klangfarben zu übersetzen und im Kopf Bilder von reißenden Stromschnellen entstehen zu lassen. Die Sinfonie endete im sehnsuchtsvollen Pathos wie bei einer Filmmusik aus Hollywood - ein guter Übergang zum britischen Spätromantiker Edward Elgar. Dessen "Chanson de Nuit" klang in der Orchesterfassung wie aus einem Guss. Bei der "Fantasia espagnol" des preisgekrönten Komponisten Chandler Ogles aus Alabama, zeigte sich das DSJO experimentierfreudig. Dass der Komponist erst 15 Jahre alt ist, schien das Orchester zu inspirieren.

Es besteht ja erst seit gut zwei Jahren. Etwa die Hälfte der Musiker war bei der Gründung im Jahr 2016 dabei, die meisten aus dem Gymnasium Markt Indersdorf, wo Gudrun Huber lange das Schulorchester geleitet hat. 50 Prozent Fluktuation in zwei Jahren ist nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass gerade in der Altersgruppe der Heranwachsenden viele zum Studium die Stadt wechseln oder wegen Prüfungsvorbereitungen nicht mehr genug Zeit zum Üben finden. Und doch stellt es für Huber und ihren Mann Florian Ewald, zuständig für die Bläsereinstudierung, eine besondere Herausforderung dar, ein Sinfonieorchester in voller Besetzung zu halten.

"Vor kurzem hatten wir keine Bratschisten mehr", erzählt Huber nach dem Konzert. Es bedurfte einiges an gutem Zureden, bis sich Violinisten fanden, die auf die Bratsche wechselten, darunter Hubers Sohn Felix. Für den 13-jährigen Schüler war es das Konzertdebüt, ebenso wie für die 13-jährige Hannah Wohletz aus Dachau am Schlagwerk. Beiden war keine Nervosität anzumerken. Dass seine Eltern mit ihm auf der Bühne standen oder saßen, Huber als Dirigentin und Florian Ewald an der Bassklarinette sowie die ältere Schwester Verena am Cello, war dabei sicher kein Nachteil.

Neben Florian Ewald gab es noch einen zweiten Erwachsenen an der Oboe, beide halfen aus, "weil es zur Zeit im Raum Dachau einen Mangel an Nachwuchsoboisten oder auch Fagottisten gibt", sagt Gudrun Huber. Sie möchte mit dem Orchester nächstes Jahr auf dem Europäischen Musikfest in Belgien teilnehmen. Doch dafür fehlen ihr noch einige Musiker.

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