Dachauer Moos:Aufstand in Hebertshausen gegen Landschaftsschutzgebiet

Dachauer Moos: Hebertshausens Bürgermeister Richard Reischl kritisiert den Umgang der CSU im Kreistag mit der Gemeinde.

Hebertshausens Bürgermeister Richard Reischl kritisiert den Umgang der CSU im Kreistag mit der Gemeinde.

(Foto: Toni Heigl)

Der CSU-Vorstoß, das Gebiet im östlichen Dachauer Moos nach Norden auszudehnen, verärgert Bürgermeister und Gemeinderat.

Von Petra Schafflik, Hebertshausen/Dachau

Die neuen Planungen der Kreispolitik für ein Landschaftsschutzgebiet im östlichen Dachauer Moos rufen in Hebertshausen massiven Unmut hervor. Denn das am Freitag verabschiedete Konzept, das die CSU-Fraktion im Umwelt- und Kreisausschuss kurzfristig präsentiert hatte, erweitert die Schutzzone neu Richtung Norden, auf Hebertshausener Gebiet. "Wir haben davon aus der Zeitung erfahren", schimpft Martin Gasteiger (Freier Bürgerblock), Zweiter Bürgermeister, im Gemeinderat. Auch Rathauschef Richard Reischl (CSU) hält mit Kritik nicht hinterm Berg. "So geht man nicht miteinander um." Bedenken gibt es in Hebertshausen, dass ein Landschaftsschutzgebiet der geplanten Ortsumfahrung entgegenstehen könnte. Massive Kritik äußert in einem Brief an Landrat Stefan Löwl (CSU) auch der Dachauer Vorsitzende des Bundes Naturschutz (BN), Peter Heller. Die beratende Sitzung sei merkwürdig verlaufen. Auch wirft Heller dem Landrat Wortbruch vor. Entgegen seiner Wahlversprechen habe er sich "nicht für den Schutz des Freiraums zwischen Dachau-Ost und Karlsfeld eingesetzt".

Im Hebertshausener Rat brodelt es quer durch die Fraktionen. Erst in der Nacht vor der Sitzung des Kreisausschusses habe er von Landrat Stefan Löwl (CSU) einen Anruf erhalten mit dem Hinweis, "dass da was kommt", erklärt Bürgermeister Reischl. Eine Informationspolitik, die Martin Gasteiger sauer aufstößt. "Wöchentlich trifft man sich, da könnte man uns vorab Bescheid geben." Oft sei die Gemeinde in der Vergangenheit dem Landkreis helfend beigesprungen. "Und dann behandelt man uns so", schimpft Gasteiger, der sich "hintergangen" fühlt.

Gasteiger befürchtet das komplette Aus für die Umgehung

Aber in Hebertshausen gibt es auch sachliche Bedenken. Offizielle Pläne liegen im Rathaus nicht vor, doch nach den Skizzen, die in den Medien veröffentlicht wurden, soll das Landschaftsschutzgebiet nun an das bestehende Areal im Hebertshausener Moos nördlich anschließen. Grundsätzlich sei es sinnvoll, bestehende Schutzzonen zu erweitern, statt einen Flickenteppich zu schaffen, sagt Reischl. Aber je nachdem, welchem veröffentlichten Entwurf man folgt, soll das Schutzgebiet nun bis an oder sogar über die geplante Süd-Umfahrung hinweg reichen. Da gehen in Hebertshausen die Alarmsignale an. Denn die Umgehungs-Trasse, die das Dorf künftig einmal vom massiven Durchgangsverkehr entlasten soll, ist bisher per Raumordnungsverfahren nur grob entworfen. Kommt das Landschaftsschutzgebiet, könnte das den Bau der Ortsumfahrung erschweren, so der Bürgermeister. Gasteiger fürchtet gar das komplette Aus für die Umgehung. Straßen können zwar auch in einer Schutzzone gebaut werden. "Aber die Ausgleichsmaßnahmen werden so teuer, dass eine Umgehung unwirtschaftlich würde." Für den Schutz des Hebertshausener Mooses will die Gemeinde lieber weiter eigenständig sorgen, per Flächennutzungsplan.

Über alle Kommunikationspannen und sachlichen Bedenken hinaus fühlen sich die Hebertshausener als Bauernopfer. Weil in dem ursprünglich von Dachau und Karlsfeld vorgelegten Konzept jetzt von der CSU-Kreistagsfraktion Areale in diesen beiden Kommunen rausgestrichen, dafür plötzlich Flächen in Hebertshausen vorgeschlagen werden. Vielleicht sei der Hebertshausener Aufstand sogar programmiert, überlegt Gasteiger. "Um das ganze Konzept so ganz zu Fall zu bringen."

Kritik vom Bund Naturschutz

Auch der Dachauer BN-Vorsitzende Peter Heller kritisiert den Ablauf der Sitzung im Kreisausschuss als "merkwürdig". Den geänderten CSU-Vorschlag habe im Plenum Fraktionssprecher Wolfgang Offenbeck vertreten, "der als Landwirt und mittelbar betroffener Grundstückseigentümer oder -pächter ein persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat." Seltsam findet Heller, dass das ursprünglich von Dachau und Karlsfeld beantragte Schutzgebiet im Gremium gar nicht mehr vorgestellt werden sollte. Und dass das Teil-Areal südlich der Schleißheimer Straße in Dachau-Ost aus dem Konzept verschwunden sei. Mit der Begründung, eine Ortsbegehung im Sommer habe das "Ergebnis" erbracht, die Fläche als ungeeignet herauszunehmen. Doch Ergebnisse habe die ausgiebige Begehung nicht gezeitigt, betont Heller, der am Rundgang teilgenommen hat. "Es wurde diskutiert, aber ein gemeinsames Meinungsbild oder gar eine Abstimmung hat definitiv nicht stattgefunden." Seltsam findet Heller auch, dass im Kreisausschuss sofort über den CSU-Antrag abgestimmt wurde, obwohl das Konzept der Verwaltung weitergehend ist. "Es drängt sich die Frage auf, ob dies der Geschäftsordnung entspricht?" Denn in der Regel soll bei mehreren Anträgen zu einer Sache stets der weitreichendere zuerst zur Abstimmung gestellt werden. Auch dass der Landrat für den CSU-Antrag und nicht den Vorschlag seiner eigenen Verwaltung gestimmt hat, findet Heller "danach keine Überraschung mehr". Löwl habe damit alles getan, um einer "(Landwirtschafts-) Interessenpolitik der CSU-Fraktion zum Erfolg zu verhelfen."

Trotz des Unmuts möchte man in Hebertshausen nun von Vermutungen hin zu Fakten. In der nächsten Gemeinderatssitzung im Dezember sollen die konkreten Planungen präsentiert werden. Möglichst vom Landrat persönlich, so der Wunsch. "Noch ist nichts entschieden", beruhigt der Bürgermeister. Im Genehmigungsverfahren kann die Gemeinde Stellung beziehen. Und die Schutzzone im Ort abwenden, hofft Reischl. "Noch nie wurde ein Landschaftsschutzgebiet gegen den Willen der betroffenen Gemeinde festgelegt."

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