Wasserwacht fordert mehr Kurse:Planschen kann jeder, Schwimmen nicht

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Oliver Welter von der Kreis-Wasserwacht beklagt, dass es zu wenig Kurse für Kinder und Erwachsene gibt, in denen sie lernen, sich sicher über Wasser zu halten. Wer das nicht kann, für den ist die Gefahr groß, im See zu ertrinken

Von Susanne Schröder-Bergen und Maxi Köhler, Dachau

Sicher schwimmen zu können ist für viele eine Selbstverständlichkeit. Doch so selbstverständlich ist es nicht, wie der jüngste Todesfall des indischen Touristen im Eisbach in München zeigt. Auch eine Studie der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) kommt zu besorgniserregenden Ergebnissen: Laut einer repräsentativen Umfrage können 59 Prozent der Zehnjährigen in Deutschland nicht richtig schwimmen. 2010 waren es lediglich halb so viele Kinder. Gründe für die wachsende Zahl an Nichtschwimmern sind, dass Bäder schließen oder dass aus Personalmangel in den Schulen nicht genügend Schwimmunterricht angeboten werden kann, so die Deutsche Lebensrettungs Gesellschaft (DLRG). Die Folge: Die Eltern müssen sich selbst um den Schwimmunterricht ihrer Kinder kümmern.

Strahlender Sonnenschein und hochsommerliche Temperaturen locken Jung und Alt ins Wasser: Am Karlsfelder See herrscht am Donnerstag Hochbetrieb. (Foto: Toni Heigl)

Auch Oliver Welter, der Leiter der Kreis-Wasserwacht, beklagt, dass zu wenig Schwimmkurse im Landkreis zustande kommen. Zwar gibt es drei Hallenbäder - in Dachau, Karlsfeld und Markt Indersdorf - und sogar Freibäder in Dachau und Ainhofen, sowie das Naturbad Vierkirchen, in denen im Sommer immer viel Betrieb ist. Doch das Angebot reicht laut Welter bei weitem nicht, obwohl viele Schulen die Bäder für ihren Schwimmunterricht nutzen. Das Problem liege einfach darin, dass die Schwimmzeiten für Schulen und Vereine aus Platzmangel strikt reglementiert werden,so die DLRG.

Die Betreiber der Hallenbäder weisen die Kritik vehement zurück. Man habe keine Probleme, Interessenten für die Schwimmkurse zu finden, heißt es etwa in Karlsfeld. Für die Anfängerkurse gebe es sogar Wartelisten. Sie seien seit vielen Jahren immer wieder ausgebucht. Es gebe sogar eine breite Auswahl vom Babyschwimmen, über Grundlagenkurse, in denen vor allem das Brustschwimmen gelehrt werde, bis hin zu Fortgeschrittenenkursen, bei denen vertieft auf spezielle Techniken wie Kraulen oder Rückenschwimmen eingegangen werde, und es gebe Erwachsenenkurse. Von Dienstag bis Freitag ist das Bad nachmittags von Schulen belegt. Im Dachauer Schwimmbad ist es ähnlich. Der Belegungsplan des Hallenbads zeigt eine große Auslastung, mit Wasserwacht- und Polizeitrainings, Schulschwimmen, Kursen des Schwimmvereins und des Bades selbst. Mehr könne man nicht anbieten. Kritiker fürchten, dass die Bäder heute vermehrt auf den Spaßbereich setzen: Neben dem Schwimmerbecken, in dem man seine Bahnen ziehen kann, entsteht oftmals ein immer größeres Angebot an Rutschen oder Sprungtürmen. Hier besteht die Gefahr, dass das "Schwimmen" an sich in den Hintergrund gedrängt wird. Schließlich kann im seichten Spaßbereich auch ohne Schwimmen bestens auskommen. Im Dachauer Familienbad lässt man einen solchen Einwand nicht gelten. Das Bad hat zwar eine Rutsche und Sprungtürme, aber auch ein großes 50-Meter-Schwimmbecken.

An Feiertagen und Wochenenden ist die Wasserwacht da und schaut, dass nichts Schlimmes passiert. Außerdem gibt es Rettungsstationen wie diese. (Foto: Toni Heigl)

Es sind auch keinesfalls nur Kinder, die nicht schwimmen können, auch immer mehr Erwachsene melden sich für Schwimmkurse an. Die meisten von ihnen, fast 90 Prozent sind Immigranten, die in ihren Heimatländern das Schwimmen nicht von klein auf gelernt haben. Laut DLRG ertranken im vergangenen Jahr in Deutschland fast 540 Menschen, davon waren allein 64 Flüchtlinge. Nicht alle sind Nichtschwimmer, manch einer erleidet auch einen Herzinfarkt im Wasser und geht unter oder hat andere gesundheitliche Probleme. Aber wer schwimmen kann, minimiert das Risiko deutlich, nicht mehr an Land kommen zu können. Im Landkreis Dachau passieren auch immer wieder Todesfälle an den Badeseen. So sind 2015 zwei Menschen ertrunken. Zum Glück passiere das nicht jedes Jahr, sagt Welter. Aber durchschnittlich sterbe eine Person pro Jahr im See. Und das ist eine zu viel.

Jonart steht unter Aufsicht seiner Eltern. (Foto: Toni Heigl)

Wasserwacht und DLRG überwachen an Feiertagen und Wochenenden den Badebetrieb an Karlsfelder und Waldschwaigsee. Rettungsringe sind auch vorhanden. "Aber wir können auch keine Wunder vollbringen", sagt Welter. Im Schwimmbad gibt es dagegen fast nie Todesfälle, weil dort die Situation besser zu überblicken ist und mehr Badepersonal da sei. 90 Prozent der Rettungseinsätze der Wasserwacht finden übrigens an Land und nicht im Wasser statt. Der Grund: Meist ist es die Hitze im Sommer, die den Leuten zu schaffen macht.

© SZ vom 16.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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