Waldbegehung in Dachau:Lehrstunde im Stadtwald

Viele Dachauer haben sich über den Zustand des Stadtwalds beschwert. Nun hat der Förster ihnen das Konzept erklärt und überraschende Einblicke gewährt.

Petra Schafflik

Aus Gras und niedrigem Gebüsch leuchtet hell ein frischer Baumstumpf. Der gefällte Ahorn liegt samt Astwerk direkt daneben auf einem Haufen. Gesunde Bäume werden vom Forstamt gefällt, nicht einmal das wertvolle Brennholz genutzt, kritisieren sofort einige Bürger, die in den Stadtwald nach Dachau-Süd gekommen sind.

Waldbegehung in Dachau: Der Dachauer Stadtwald soll für alle da sein - für Mensch und Tier.

Der Dachauer Stadtwald soll für alle da sein - für Mensch und Tier.

(Foto: www.joergensen.com)

Zum Waldspaziergang eingeladen haben Stadt und Forstamt, um die Grundlagen der Waldbewirtschaftung zu erläutern. Der Rundgang ist den Förstern Gero Brehm und Franz Knierer keineswegs eine lästige Pflicht, sie nehmen Bürgerkritik sehr ernst. "Der Forst ist schließlich der Wald der Bürger und nicht der des Forstamts", sagt Knierer.

Der Stadtwald liegt tatsächlich vielen Bürgern am Herzen. 20 Spaziergänger haben sich deshalb an diesem sonnigen Freitagnachmittag am Eingang des Forsts eingefunden. Und gleich prasselt auf Förster Franz Knierer die Kritik ein: Gesunde Bäume werden gerodet, breite Schneisen in den Wald geschlagen, der Boden geschädigt. Die umgeschnittenen Bäume "bleiben unordentlich liegen, statt sie zu nutzen", schimpft ein Teilnehmer.

"Die wirtschaftliche Nutzung des wertvollen Holzes kommt vor dem Erholungswert", mutmaßt dagegen ein anderer. Tatsächlich erfüllt der Stadtwald mehrere Funktionen: Erholung, Naturschutz, Sicherheit und wirtschaftliche Holznutzung, zählt Gero Brehm auf. Die Holzerzeugung stehe nicht im Vordergrund.

Pro Jahr wurden bisher 1000 Kubikmeter Holz entnommen, in den nächsten zehn Jahren wird es nur mehr die Hälfte sein. Denn die inzwischen vorherrschenden Laubbäume wachsen langsamer. Neben dem Freizeitwert kommt dem Wald als grüne Lunge für das Kleinklima der Stadt enorme Bedeutung zu.

Damit der Wald als Erholungsfläche attraktiv und gleichzeitig zukunftsfähig ist, setzt das Forstamt heute auf das Konzept "Dauerwald" - statt auf Fichtenmonokulturen auf strukturreichen Wald mit Laubbäumen aller Altersklassen. Sogenannte Zukunftsbäume erhalten gute Wachstumsbedingungen, indem alle fünf bis zehn Jahre im Umfeld "Bedränger" gefällt werden. Diese Durchforstung erfolgt als Kompromiss zwischen Naturschutz und Wirtschaftlichkeit auf speziellen Rückgassen, die von Maschinen befahren werden.

Nicht alle Wünsche lassen sich erfüllen

Dort entstehen die kritisierten Schneisen, "die wachsen aber über die Jahre wieder zu", sagt Knierer. Peter Stibi kritisiert aber, dass dabei wertvolles Brennholz im Wald liegen bleibe. Tatsächlich werden Stämme wie Zweige aber zu Hackschnitzeln verarbeitet, die den städtischen Bauhof beheizen. Allerdings nicht sofort, sondern erst nach dem Ende der Vogelbrutzeit in zwei Monaten. "Da bin ich beruhigt", sagt ein besorgter Vogelfreund.

Über die Jahre ist ein Mischwald entstanden, in dem Esche, Linde, Eiche, Birke und Ahorn wachsen. Inzwischen konnte der Etat für Pflanzungen fast auf Null reduziert werden, die Bäume gehen natürlich an, "das überlassen wir den Vögeln". Zwischen dem Laubhölzern wachsen einige Nadelbäume, damit der Forst auch im Winter ein wenig grün ist.

Die Förster müssen nicht nur auf langfristige Entwicklungen wie den Klimawandel reagieren. Zudem ist in einem Erholungswald Pflege permanent nötig. "Denn so ein Bestand würde sich von Natur aus nicht einstellen", erklärt Knierer.

Doch nicht jeder Bürgerwunsch lässt sich erfüllen. So wie der von Gustav Rosner, der gerne auf natürlichem Waldboden statt auf Kieswegen spazieren würde. Weiche, gemulchte Wege erwarten Besucher im Lehrwald der benachbarten Schinderkreppe, so Förster Knierer.

Doch im Stadtwald hielten dem enormen Nutzungsdruck durch Spaziergänger, Radler und Jogger naturbelassene Waldwege nicht Stand. Christa Schönbauer leuchtet das ein. Sie ist oft im Wald, der ihr jetzt mit den vielen Laubbäumen besser gefällt als früher. Mit den befestigten Wegen hat die Spaziergängerin kein Problem: "Schließlich ist es ja ein Stadt-Wald."

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