Wahl in Erdweg:Die Hoffnung

Wahl in Erdweg: Erdwegs neuer Bürgermeister Christian Blatt (CSU) und sein parteiloser Herausforderer Joseph Ndogmo aus Welshofen gratulieren sich zu einem fairen und spannenden Wahlkampf. Die Wahlbeteiligung lag bei guten 78,8 Prozent.

Erdwegs neuer Bürgermeister Christian Blatt (CSU) und sein parteiloser Herausforderer Joseph Ndogmo aus Welshofen gratulieren sich zu einem fairen und spannenden Wahlkampf. Die Wahlbeteiligung lag bei guten 78,8 Prozent.

(Foto: Toni Heigl)

Dass Christian Blatt souverän die Wahl des neuen Bürgermeisters in Erdweg gewinnt, freut die CSU im Landkreis. Sie empfindet den Erfolg als Trostpflaster in einer Zeit schwerer Niederlagen. Kreisvorsitzender Seidenath spekuliert sogar auf eine neue politische Ära in der Gemeinde

Von Benjamin Emonts, Erdweg

Kein einziges Fernseh-Team wurde am Sonntagabend in Erdweg gesichtet; und die großen Schlagzeilen blieben am Montagmorgen ebenfalls aus. Das mag daran liegen, dass der gebürtige Kameruner Joseph Ndogmo - trotz der großen medialen Aufmerksamkeit - die Bürgermeisterwahl in Erdweg nicht gewonnen hat. Der Akademische Oberrat an der Technischen Universität München hatte vorher immer wieder augenzwinkernd angekündigt, er wolle der erste schwarze Bürgermeister in der Geschichte Bayerns werden, der nicht bei der CSU wäre. Er glaubte wirklich an die Überraschung. Am Ende aber behielt der Kandidat der CSU, Christian Blatt, mit 62 Prozent der Stimmen klar die Oberhand vor Ndogmo und dem weit abgeschlagenen Kandidaten der Freien Wähler Erdweg, Rolf Blaas.

Die Entscheidung der Erdweger, ihrem bisherigen zweiten Bürgermeister die meisten Stimmen (2301) zu vermachen, ist durchaus nachvollziehbar. Der 33-jährige Wirtschaftsingenieur aus dem Ortsteil Großberghofen hat die Geschäfte der Gemeinde souverän geleitet, seit der Ende Mai verstorbene Bürgermeister Georg Osterauer (Freie Wähler) zu Jahresbeginn plötzlich erkrankt war. Nachdem Blatt im Jahr 2014 an Osterauer noch deutlich gescheitert war, verschaffte er sich in den vergangenen drei Jahren im Gemeinderat einen tiefen Einblick in die Erdweger Strukturen und Aufgaben. In dem Gremium setzte er immer wieder Impulse. Als Leiter des Fachbereichs für Asylmanagement im Erdinger Landratsamt eignete er sich ein respektables Fachwissen im Bereich der kommunalen Verwaltung an.

Nachdem die Gemeinde 37 Jahre von Freien Wählern regiert wurde, ist jetzt die CSU wieder an der Macht. Auf Blatts Party im Wirtshaus am Erdweg gratulierten ihm von der CSU der Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath, der Dachauer Landrat Stefan Löwl sowie sein Großberghofener Nachbar und ehemalige Landtagsabgeordnete Blasius Thätter.

Bernhard Seidenath als Chef der Landkreis-CSU stellte am Montag Blatts Wahl als einzigen Lichtblick eines desaströsen Wahlabends für die CSU heraus. Blatt sei ein Glücksfall für die Gemeinde Erdweg. "Er ist ein junger, innovativer Mann mit reicher kommunalpolitischer Erfahrung und mit Vernetzung im Ehrenamt. Er kann der Gemeinde über Jahre oder Jahrzehnte seinen Stempel aufdrücken. Es könnte eine Ära Blatt in Erdweg geben", sagt Seidenath. Der 33-Jährige gewann sechs von sieben Stimmbezirken, am deutlichsten aber nicht in seiner Heimat Großberghofen, sondern im Ortsteil Kleinberghofen.

Der Zweitplatzierte Joseph Ndogmo erhielt von allen Seiten große Anerkennung für sein Ergebnis. Der seit 2014 amtierende Gemeinderat gewann 32,5 Prozent aller Wählerstimmen, obwohl er erst seit fünf Jahren in der Gemeinde lebt. Der Afrikaner entschied den Stimmbezirk Welshofen, in dem er lebt, mit 104 zu 103 Stimmen vor Blatt für sich. Ndogmos Kandidatur hatte medial ein großes Echo ausgelöst, nachdem er angekündigt hatte, der erste schwarze Bürgermeister Bayerns werden zu wollen. Bei einer Podiumsdiskussion kurz vor der Wahl kam sogar das Bayerische Fernsehen, um ihn vorzustellen. Seine Kandidatur, so lautet die einhellige Meinung, war für den Wahlkampf in der 6000-Einwohner-Gemeinde ein großer Gewinn. Ndogmo besuchte die Bürger an ihrem Haustüren und adressierte an jeden Wahlberechtigten einen persönlichen Brief. Nach seinen abendlichen Vorstellungsrunden in den Ortsteilen äußerten sich die Bürger durchweg positiv bis begeistert über Ndogmo. Die hohe Wahlbeteiligung von 78,8 Prozent wäre ohne den gebürtigen Kameruner womöglich etwas niedriger ausgefallen. Und die sonst sehr unauffällige Gemeinde Erdweg wäre bayernweit nicht in den Blickpunkt geraten.

Von insgesamt 3725 abgegebenen Stimmen erhielt der Bauingenieur 1207. Als das Ergebnis am Sonntagabend bekannt wurde, wirkte der 49-Jährige zwar enttäuscht, andererseits aber auch stolz. "Ich war den Erdwegern eine echte Alternative und habe meinen Beitrag zur Demokratie sehr gut geleistet", sagte er. Sein Plan, zunächst in die Stichwahl zu gelangen und Blatt dann auszustechen, ging letztlich nicht auf. Doch haben nur wenige geahnt, dass der Exot derart gut abschneiden würde in der bayerischen Gemeinde, in der 13,01 Prozent der Wahlberechtigten ihre Zweitstimme der AfD vermacht haben. Für Bürger, die nicht die CSU an der Macht sehen wollten, war der parteilose Ndogmo von der Freien Wählergruppe Welshofen offensichtlich eine echte Option. Ob er es noch mal probieren wird, ließ Ndogmo allerdings offen. "Jetzt bleibt erst mal alles beim Alten", sagte er.

Für den Kandidaten der Freien Wähler in Erdweg, Rolf Blaas, endete die Wahl mit einer herben Niederlage. Der 61-Jährige Ingenieur, der sich bereits im selbst erwählten Ruhestand befindet, erhielt nur 5,4 Prozent der Stimmen, obwohl er, wie er sagte, "schon mit einem zweistelligen Ergebnis gerechnet" hatte. In der Gemeinde blieb der politisch vollkommen unerfahrene Großberghofener bis zuletzt unbekannt und blass. Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten verzichtete er auf Wahlplakate oder hielt es nicht für nötig, an einer Podiumsdiskussion kurz vor der Wahl teilzunehmen. Das sei kein probates Mittel, um seine Inhalte zu vermitteln, sagte er.

Geärgert hat sich Blaas über das schlechte Ergebnis trotzdem, wie er am Sonntagabend nicht verbergen konnte. Nach 37 Jahren regiert nun erstmals kein Freier Wähler mehr in Erdweg. Der Vorsitzende des Kreisverbands der Freien Wähler, Josef Baumgartner, selbst Bürgermeister in Schwabhausen, hat es nicht anders erwartet. "Der Kandidat war der Meinung, er macht keine Plakate, weil er die Leute nicht belästigen will. Seine Strategie war nicht ganz glücklich. Meiner Meinung nach wurde zu wenig Öffentlichkeitsarbeit gemacht." Die Freien Wähler im Landkreis stellen neben Baumgartner nur noch Bürgermeister Marcel Fath in Petershausen.

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