Vorlesewettbewerb:Es war einmal...

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13 Sechstklässler aus dem gesamten Landkreis Dachau wollen den Vorlesewettbewerb gewinnen. Das Niveau ist enorm hoch, das macht es der Jury schwer zu entscheiden. Am Ende gewinnt Clara Hörl aus Dachau. Sie wird nun auf Bezirksebene lesen

Von Maximilian Kießl, Dachau

Die erste Schülerin betritt das kleine Podest. Es wird augenblicklich still im Raum. Sie ist sehr angespannt, das sieht man sofort. Der Bundesdeutsche Vorlesewettbewerb steht an, genauer gesagt die erste Runde des Kreisentscheids. Zwei Minuten hat jeder Teilnehmer, um sein Talent zu beweisen. Dann darf er erleichtert die Bühne wieder verlassen.

13 Schulsieger der sechsten Jahrgangsstufe stehen sich an diesem Nachmittag gegenüber. Eine siebenköpfige Jury entscheidet darüber, wer am besten liest. Der Sieger darf zum Bezirksentscheid. Der Wettkampf findet heuer bereits zum 60. Mal statt. Die Zuschauer sind gespannt.

Konzentriert bei der Sache: Die Zweitplatzierte Mara. (Foto: Niels P. Jørgensen)

In der ersten Runde dürfen die Jugendlichen eine vorbereitete Textstelle aus einem Buch ihrer Wahl vorlesen. Neben Passagen aus dem Klassiker "Harry Potter" hört das Publikum auch lustige Titel wie "Gangsta-Oma" und sogar "Wie man seine Lehrer in den Wahnsinn treibt".

Die zweite und finale Runde ist dagegen anspruchsvoller: Die Schüler müssen aus einem für sie bis dahin unbekannten Buch namens "Fünf Yetis suchen ein Zuhause" vorlesen. Jedes einen anderen Textabschnitt. Doch die Kandidaten meistern ihre Aufgabe mit Bravour und überraschen so Zuhörer und Jury: Wer einen Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Vortrag suchte, bemühte sich vergebens. Die Kinder sind absolut konzentriert bei der Sache. Und auch das Publikum lauscht während der etwa zweistündigen Veranstaltung mucksmäuschen still. Ab und zu lachen die Leute amüsiert über Textpassagen, aber auch als ein Schüler versehentlich Donald Trump anstatt des im Text vorkommenden Donald Duck vorliest.

Auf dem Treppchen: Florian mit der Siegerin Clara. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Lesetechnik, Interpretation des Textes, sowie Textauswahl sind die Hauptkriterien, die die Jury bewertet. Es dauert länger, bis der Sieger feststeht. Hinter verschlossenen Türen hat es wohl Diskussionen gegeben, verschiedene Ansichten. Die Entscheidung sei sehr schwer gefallen, erklärt die Vorsitzende kurz darauf.

Clara Hörl aus Dachau ist am Ende strahlende Siegerin. Am zweitbesten hat der Jury die Lesung von Mara Pojda aus Dachau gefallen und auf Platz drei kommt Florian Silbermann aus Petershausen. Die übrigen Teilnehmer des Wettbewerbs erhalten jeweils eine Urkunde und ein Buch von der Stiftung Lesen als Preis. Die Siegerin darf sich über ein weiteres Buch freuen und natürlich darüber, dass sie nun als einzige eine Runde weiter ist. Der Lesewettbewerb auf Bezirksebene wird allerdings noch härter. Mara Pojda und Florian Silbermann dürfen sich in der Buchhandlung Wittmann ein Buch ihrer Wahl aussuchen. Sie erhalten einen Gutschein als Belohnung für ihren guten Vortrag.

Die ersten Drei des Vorlesewettbewerbes in Dachau wurden von der Jury gekürt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Angelika Rockenbach, die als eine der sieben Jurorinnen fungiert, zeigt sich erstaunt über die gute Lesequalitäten der Schüler. Trotz Whatsapp und Instgram sprechen Bücher die Kinder offenbar immer noch an. Das freut Rockenbach, denn Lesen ist ihrer Meinung nach Elementar. "Alles hängt mit Texten zusammen im Alltag, deshalb braucht man Lesen als Kulturtechnik." Nur so könne man das nötige Wissen erlangen. "Und man kann beim Lesen die Fantasie gut schweifen lassen. Lesen ist wie Fernsehen im Kopf", erklärt Rockenbach.

Veranstalterin Sabine Drexlmaier will mit dem Vorlesewettbewerb bei den Schülern die Motivation für das Lesen wecken, gerade in den höheren Klassen. Besonders das Text-Leseverständnis gelte es zu fördern, damit die jungen Leser auch wirklich begreifen wovon die gelesenen Texte überhaupt handeln. Um das zu gewährleisten müssten auch die Schulen animiert werden, beispielsweise eben in Form eines solchen Vorlesewettbewerbs. Dieses Konzept scheint durchaus aufzugehen. Drexlmaiers Meinung nach hat sich die Lesequalität insgesamt im Laufe der Zeit nicht verschlechtert, sondern sogar leicht verbessert. "Gerade die Unterschiede zwischen Gymnasium und Mittelschule werden immer geringer", sagt sie. Und das ist bemerkenswert.

Die Mutter einer Teilnehmerin sieht den Wettbewerb ebenfalls als gute Möglichkeit und Motivation um Kindern und Jugendlichen das Lesen näher zu bringen. Sie findet, solange man das Interesse weckt und die Nutzung von Geräten wie Tablets oder Handys kontrolliert, kann Lesen auch in der heutigen Zeit noch gut bei jungen Menschen ankommen.

© SZ vom 20.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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