Vor Koalitionsgesprächen mit der CSU:Freie Wähler ziehen rote Linie

Landtagswahl 2018

"Dass die Startbahn nicht gebaut wird, ist eine Grundvoraussetzung für die Koalition", stellte Martina Purkhardt von den Freien Wählern klar.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Für die Parteivertreter im Landkreis ist der Verzicht auf die dritte Startbahn am Münchner Flughafen zentrale Bedingung für eine Koalition mit der CSU

[ORTSMARKE]Dachau - [/ORTSMARKE]Martina Purkhardt strahlte schon auf ihren Wahlplakaten über das ganze Gesicht. Als am Sonntag im Landratsamt ihre Ergebnisse aus den Gemeinden eintrudeln, ist das nicht anders. Die Direktkandidatin der Freien Wähler (FW) für die Landtagswahl hat auch allen Grund dazu: 13,75 Prozent der Erststimmen hat sie geholt, mit 12,57 Prozent konnte die Partei im Vergleich zur Landtagswahl 2013 ihren Stimmenanteil fast verdoppeln. "Ich bin noch im Rennen um den Einzug im Landtag dabei", sagt die 37-jährige Sparkassenangestellte am Montagvormittag. Es wird wohl eine knappe Kiste werden. Relativ sicher dagegen ist, dass die Freien Wähler bald Regierungsverantwortung tragen werden. CSU-Ministerpräsident Markus Söder strebt ein "bürgerliches Bündnis" an. Mit anderen Worten: eine Koalition aus CSU und Freien Wählern.

Ob Martina Purkhardt diesem möglichen Bündnis als neue FW-Landtagsabgeordnete angehören wird, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. "Es ist noch spannend", so die Direktkandidatin, die auf der oberbayerischen Liste auf Platz elf rangiert. "Oberbayernweit muss ich mit meinem Ergebnis unter den ersten acht Bewerbern sein." Die Schwabhauserin hat insgesamt mehr als 11 000 Stimmen erhalten. "Ein beachtliches Ergebnis", freut sie sich. Eine mögliche Koalition mit der CSU sieht sie grundsätzlich positiv. Beide Parteien gehörten der bürgerlichen Mitte an und seien in der Kommunalpolitik stark verankert. Die CSU habe aber den Kontakt zu den Bürgern und deren Sorgen aus dem Auge verloren. Das Thema dritte Startbahn sei für ein mögliches Bündnis der Dreh- und Angelpunkt. "Dass die Startbahn nicht gebaut wird, ist eine Grundvoraussetzung für die Koalition", stellt Martina Purkhardt heraus. Außerdem fordern die Freien Wähler, für Kindertagesstätten keine Gebühren zu erheben. Ob die Partei das gegen die CSU durchsetzen kann, ist eher unwahrscheinlich.

Martina Purkhardt habe mehr Stimmen als die Partei bekommen, betont Schwabhausens Bürgermeister Josef Baumgartner, ehemals Vorsitzender des FW-Kreisverbands. "Die Chancen, dass sie in den Landtag einzieht, sind nicht so gering." Er selbst habe eine Koalition mit der CSU, genau so wie die Basis der Freien Wähler, immer kritisch gesehen. "Doch ich traue unserem Vorsitzenden Hubert Aiwanger zu, dass er unsere Positionen klar vertritt", so Baumgartner. Ein Knackpunkt sei zweifellos die dritte Startbahn. Er sei sich sicher, dass der Bau verschoben werde. Aiwanger werde das Veto gegen die Startbahn weiter vertreten. Baumgartner weist darauf hin, dass die CSU auf Druck seiner Partei Positionen der Freien Wähler übernommen habe. Er erinnert an die geplanten Volksbegehren zum G 9 oder zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Diese in kürzester Zeit abzuschaffen, sei ein Schnellschuss der CSU gewesen. "Jetzt wissen die Kommunen nicht, wie die Straßensanierungen finanziert werden sollen." CSU-Stimmkreisabgeordneter Bernhard Seidenath, der erneut das Direktmandat errungen hat, zeigt Verständnis für die Initiativen der Freien Wähler. Jede Partei wolle auf sich aufmerksam machen, das sei ihr gutes Recht. Grundsätzliche Probleme sieht er an anderer Stelle: "Die Freien Wähler haben kein eigenes Programm. Es ist rätselhaft, wofür sie stehen." 2008 zogen die Freien Wähler in den Landtag ein und kämpften aus wirtschaftlichen Gründen gegen das Rauchverbot. "Drei Jahre später", kritisiert Seidenath, "forderten sie ein noch schärferes Rauchverbot als das, was beschlossen wurde". Die Freien Wähler, so Seidenath, folgten dem Zeitgeist und richteten ihr Fähnchen nach dem Wind. Bei Koalitionsverhandlungen mit der Partei werde es darauf ankommen, sie auf Positionen festzunageln und diese im Vertrag fest zu verankern. "Natürlich muss man auch Kompromisse eingehen, aber das kriegt man in den Griff." Für ein Bündnis mit den Grünen sieht Seidenath keinen Spielraum. Dafür seien die Differenzen mit der Aufsteigerpartei zu fundamental. Die CSU müsse aber die Themen der Grünen bespielen, etwa Klimaschutz, Flächenversiegelung oder Nachhaltigkeit. Darauf habe die CSU bisher zu wenig Wert gelegt. Gleichzeitig müsse seine Partei jene Themen weiter beachten, die Bayern in der Vergangenheit stark gemacht haben: wirtschaftliche und innere Sicherheit. Auch bezahlbare Wohnungen und ein schnelles Internet seien für die Menschen wichtig.

Dass die dritte Startbahn zum Knackpunkt für eine Koalition mit den Freien Wählern wird, kann Seidenath nicht nachvollziehen. "Die Freien Wähler können sich nicht gegen die Aussage Söders sperren, die Startbahn bis 2025 nicht zu bauen." Die Freien Wähler seien bisher eine "Wundertüte" gewesen. Das gehe in den nächsten fünf Jahren nicht.

[AUTOR_ENDE]Robert Stocker[/AUTOR_ENDE]

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