Vor 80 Jahren begann die Judenverfolgung:"Erinnern heißt kämpfen"

Vor 80 Jahren begann die Judenverfolgung: Das Tor zum ehemaligen Konzentrationslager Dachau mit dem zynischen Spruch "Arbeit macht frei".

Das Tor zum ehemaligen Konzentrationslager Dachau mit dem zynischen Spruch "Arbeit macht frei".

(Foto: Toni Heigl)

Die Jugend des Deutschen Gewerkschaftsbundes eröffnet am Sonntag die Gedenkfeiern in Dachau zur Reichspogromnacht. Charlotte Knobloch hält die Gedenkrede.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Es war der Anfang von Auschwitz. Im November 1938 begannen die Nazis, Juden offen anzufeinden und jüdisches Leben systematisch in Deutschland und Europa zu vernichten. In der Nacht von 9. auf den 10. November zerstörten sie Synagogen und Geschäfte, die Juden gehörten. Vielerorts trieb ein Mob jüdische Bürger durch die Straßen. Die Nationalsozialisten verschleppten Juden aus ihren Häusern und sperrten sie in Gefängnisse. In das KZ Dachau brachten sie 11 000 jüdische Männer. Was sich in deutschen Orten in diesen Stunden abspielte, ging als Reichspogromnacht in die Geschichte ein. Die "Nacht der Schande" jährt sich heuer zum 80. Mal.

Anlässlich dessen finden in der nächsten Woche einige Gedenkfeiern statt. Bereits an diesem Sonntag, 4. November, erinnert der bayerische Jugendverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB-Jugend) an die Novemberpogrome mit einer Veranstaltung an der KZ-Gedenkstätte, die den Titel trägt: "Erinnern heißt kämpfen". Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, hält eine Rede vor dem ehemaligen Krematorium, wo die Nazis verstorbene Häftlinge einäscherten. Auch die Fraktionschefin der Grünen im Landtag, Katharina Schulze, hat nach Angaben eines DGB-Sprechers ihr Kommen zugesagt. Reden wird sie nicht. Um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern, wird ein Kranz niedergelegt. Im KZ Dachau starben etwa 41 500 Menschen.

Die Gewerkschaftsjugend erinnert seit 1952 jährlich im ehemaligen Konzentrationslager Dachau an die Opfer des Nationalsozialismus. Neben den Redebeiträgen stellen seit 2012 Ehrenamtliche der Gewerkschaftsjugend auf dem Weg vom ehemaligen Appellplatz zum ehemaligen Krematorium selbst recherchierte Biografien von Opfern des Nationalsozialismus vor.

Heuer sprechen erstmals Enkel von Holocaust-Opfern im Dachauer Rathaus

Das Erinnern an die Opfer der Nazis bedeute für die DGB seit mehr als 65 Jahren, sich kritisch und nachdenklich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, teilt der DGB mit. "Es ist auch ein Auftrag für die Gegenwart, allen Versuchen einer Umdeutung und Verharmlosung der Geschichte entschieden entgegenzutreten und ein erneutes Erstarken faschistischer Kräfte zu verhindern." Das Gedenken sei verbunden mit der "moralischen und politischen Verpflichtung für ein aktives Eingreifen in die heutigen Verhältnisse".

Die Gedenkveranstaltung der DGB-Jugend findet wie jedes Jahr aus organisatorischen Gründen am Sonntag vor dem 9. November statt. Die Stadt Dachau erinnert zusammen mit mehreren Kooperationspartnern am Donnerstag, 8. November, an die Verfolgten und Ermordeten. Während die Pogrome in der Nacht auf den 10. November 1938 über Deutschland fegten, vertrieben die Nazis bereits in der Nacht zuvor 15 Bürger Dachaus aus der Stadt, darunter auch das Ehepaar Vera und Hans Neumeyer, das in der heutigen Hermann-Stockmann-Straße 10 lebte. Bei der Gedenkfeier im Rathaus um 19 Uhr sprechen ihre Enkel Tim und Stephen Locke.

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