Vor dem Landgericht:Erfolgreiche Berufung

Vor dem Landgericht: Die Kläranlage in Odelzhausen war 2013 völlig überlastet. Erheblich verschmutztes Abwasser verunreinigte deshalb die Glonn.

Die Kläranlage in Odelzhausen war 2013 völlig überlastet. Erheblich verschmutztes Abwasser verunreinigte deshalb die Glonn.

(Foto: Toni Heigl)

Das Münchner Landgericht reduziert die Geldstrafe gegen einen Betriebsleiter, der wegen eines Störfalls in der Kläranlage Odelzhausen verurteilt wurde. Die Vorsitzende weist auf das Mitverschulden der Gemeinde hin.

Von Andreas Salch, Dachau/München

An dem gravierenden Störfall in der Odelzhausener Kläranlage Ende Juli 2013, bei dem fünf Tage lang erheblich verschmutztes Abwasser in die Glonn gelangte und zu einem Badeverbot führte, treffe die Gemeinde ein "wesentliches Mitverschulden". Dies stellte jetzt die Vorsitzende Richterin der 9. Strafkammer am Landgericht München II in einem Verfahren gegen den Betriebsleiter der Firma Dahlhoff klar.

Wegen vorsätzlicher Gewässerverunreinigung hatte das Amtsgericht Dachau den 50-Jährigen im April 2016 zu einer Geldstrafe in Höhe von 110 Tagessätzen á 110 Euro verurteilt. Gegen diese Entscheidung legte der Betriebsleiter nun vor dem Landgericht München II Berufung ein. Mit Erfolg. Richterin Marion Tischler reduzierte die Strafe auf 90 Tagessätze á 140 Euro. Für den Betriebsleiter ist dies von großer Bedeutung. Aufgrund der geringeren Tagessatzhöhe gilt er nunmehr als nicht vorbestraft.

Der Bürgermeister hätte "nachdrücklicher belangt werden müssen"

In der Verhandlung um den Störfall in der Odelzhausener Kläranlage beleuchtete das Gericht auch noch einmal die Rolle der Gemeinde und ihres damaligen Bürgermeisters Konrad Brandmair. Ihn hatte das Amtsgericht in dem Prozess im April 2016 zu einer Geldstrafe von lediglich 3850 Euro verurteilt. Der Bürgermeister hätte "viel nachdrücklicher belangt werden müssen", befand die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in dem Berufungsverfahren vor dem Landgericht.

Gleichwohl nahm sie auch den Betriebsleiter in die Pflicht. Er habe eine Führungsposition inne und hätte seinerzeit unabhängig von der Geschäftsleitung von sich aus etwas tun müssen, um einen Störfall zu verhindern. Aus diesem Grund hatte auch die Staatsanwaltschaft Berufung gegen das Urteil der ersten Instanz eingelegt. Sie wollte, dass der Betriebsleiter zu einer deutlich höheren Geldstrafe von 120 Tagessätzen á 140 Euro verurteilt wird. Der Betriebsleiter räumte bei seiner Vernehmung ein, dass nach dem Umzug der Firma Dahlhoff an den neuen Standort in Odelzhausen "einiges sicher nicht richtig gelaufen" sei.

Seit 2009 war der Gemeinde die Überlastung bekannt

Die Odelzhausener Kläranlage war zum Zeitpunkt des Unglücksfalls auf 8000 Einwohnergleichwerte ausgelegt. Jedoch bereits seit 2009 war der Gemeinde bekannt, dass die Anlage überlastet war. 2010 wurden bereits 11 000 Einwohnergleichwerte geklärt. Kurz nachdem die Firma Dahlhoff mit der Produktion begonnen hatte, kamen noch einmal Abwassermengen von rund 4000 Einwohnergleichwerten dazu. Die Überlastung der Anlage sowie die Hitze führten im Sommer 2013 dazu, dass der organische Abbau durch die Bakterien nicht mehr funktionierte.

Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass der Betriebsleiter den Störfall "billigend in Kauf" genommen habe. Er habe von der Überlastung der Kläranlage gewusst. Schon im Frühjahr 2013 hatte die Gemeinde an das Unternehmen appelliert, auf ihrem Gelände Messschächte und Probeentnahmestellen zu installieren. Doch es geschah nichts. Weder von Seiten der Firma Dahlhoff noch von Seiten der Gemeinde. "Was hat eigentlich die Gemeinde gemacht?", fragte der Verteidiger des Betriebsleiters, Eckhart Müller, bei seinem Plädoyer. Dass diese "so schlampig vorgegangen ist", könne seinem Mandanten nicht angelastet werden. Trotz seiner Position habe er keine Anweisungen geben dürfen. Der Anwalt forderte eine Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen.

Zu laxe Auflagen

Die Gemeinde Odelzhausen habe ihre Auflagen "lax" fixiert und sich nicht darum gekümmert, ob sie eingehalten werden, sagte Richterin Marion Tischler bei der Urteilsbegründung. Dies sei deren Mitverschulden. Der Kommune sei vor der Ansiedlung der Firma Dahlhoff klar gewesen, dass sich die Situation in der Kläranlage mit jedem weiteren Betrieb "zuspitzen wird".

Vermutlich sollte das neue Unternehmen angesichts der Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer nicht vergrätzt werden, mutmaßte Richterin Tischler. Dies habe dazu geführt, dass den Dingen nicht mit der erforderlichen Stringenz nachgegangen worden sei. Da die Kammer überzeugt sei, so die Richterin, dass der Betriebsleiter kein taktisches Geständnis abgelegt und seine "Schuld innerlich angenommen" habe, brauche es keine Verurteilung, die einen Eintrag im Führungszeugnis zur Folge habe. "Sie sollen an dieser Geschichte nicht hängen bleiben", sagte Richterin Tischler zu dem Betriebsleiter. Das Urteil ist rechtskräftig.

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