Von Indersdorf in die Welt:Hirtlbacher Ehepaar erfüllt sich Lebenstraum

Aussteiger Segler Markt Indersdorf Hirtlbach

Kurs auf den Bosporus: Das Segelboot nimmt die Meerenge zwischen Asien und Europa und fährt hinaus auf den offenen Ozean.

(Foto: Privat)

Barbara und Hans Hillreiner haben vor einem Jahr ihr altes Leben hinter sich gelassen, um mit einem Segelboot die Weltmeere zu befahren. Nun sind sie in der Adria angekommen.

Von Walter Gierlich, Markt Indersdorf/Dubrovnik

Gut ein Jahr ist es her, dass Barbara und Hans Hillreiner sich vom Indersdorfer Ortsteil Hirtlbach zu ihrer Traumreise mit einem selbst gebauten Segelboot - passenderweise namens "Dream" - aufgemacht haben. Nach einem Start mit Hindernissen läuft momentan, da die Hillreiners durch die kroatische Inselwelt in der Adria segeln, alles nach Plan.

Rückblick: Ende Juni 2018 wird die fast fertige Yacht, an der Hans und Barbara Hillreiner sieben Jahre im Garten ihres Hauses in Hirtlbach gearbeitet haben, auf einem Tieflader nach Nürnberg zum Main-Donau-Kanal transportiert. Mit dieser Yacht will sich das Paar einen Traum erfüllen und aus seinem bisherigen Leben aussteigen - komplett und möglicherweise für immer. Ihre beiden Firmen haben sie den Töchtern übergeben, für Hans und Barbara Hillreiner ist jetzt Schluss mit Stress und Arbeit. Die Zeit wird für sie keine Rolle mehr spielen, wenn sie erst mal auf dem Meer zu Hause sind. Hans Hillreiner betont: "Termine haben wir das ganze Leben gehabt."

"Es war ein tolles Gefühl, endlich aus dem Hafen auszulaufen"

Im vergangenen Sommer machen sie sich vom Dachauer Hinterland aus auf den Weg mit dem Ziel, die Weltmeere zu erreichen. Erste Station: Nürnberg. Von hier aus wollen sie über den Mai-Donau-Kanal und die Donau ins Schwarze Meer schippern, vorher sollen nur letzte Kleinigkeiten im Bootinneren fertiggestellt werden. Doch dann erste Rückschlag: Die "Dream" liegt fest - Zwangspause. Der Grund dafür ist die Trockenheit im Sommer 2018. Sie hat den Pegelstand der Donau so weit abgesenkt, dass die Hillreiners mit ihrem 17,60 Meter langen und 4,50 Meter breiten Boot, das einen Tiefgang von zwei Metern hat, den Strom nicht passieren können. Also müssen sie im Hafen eines Yachtclubs überwintern.

Erst am 9. März geht es weiter, der gerade zu Ende gegangene Winter war nass genug, die Donau hat wieder ausreichend Wassertiefe. "Es war ein tolles Gefühl, endlich aus dem Hafen auszulaufen", schreiben die beiden Aussteiger in ihrem Blog, in dem sie ihre Reise dokumentieren (www.sydream.de). Das Wetter beim Aufbruch in die Ferne präsentiert sich allerdings nicht so, wie sie es erhofft haben: "Wir hatten alles von Starkregen und Starkwind bis hin zu strahlendem Sonnenschein." Am nächsten Tag kommt es noch schlimmer mit Schneetreiben und Graupelschauern. Doch nach zwei Tagen erreichen sie die Donau, wo sie in Saal bei Kelheim einige Tage bleiben, um noch einmal kleinere Reparaturen zu erledigen. Dann geht es mit Motorkraft den 2850 Kilometer langen Strom in Richtung Schwarzes Meer entlang - auf eine Art und Weise, von der Kreuzfahrttouristen nur träumen können. Barbara und Hans Hillreiner sind frei, sie können anlegen, wo es ihnen gefällt, besser gesagt, könnten anlegen, wenn die Yachthäfen ihre Winterpause bereits beendet hätten. "Vor der Schleuse Greifenstein haben wir vier Yachthäfen angerufen. Diese haben alle noch zu", heißt es im Blog. Von den sehenswerten Städten entlang der Donau - Regensburg, Passau, der Wachau, Krems, Wien - bekommen sie fast nichts mit, weil sie keine Möglichkeit haben anzulegen. Erst in Bratislava können sie durchschnaufen und zwei Tage zum Stadtbummel und Ausruhen nutzen. In Budapest bleiben sie gleich zwei Wochen, haben Besuch aus dem Heimatort Hirtlbach, besichtigen die ungarische Hauptstadt und unternehmen Touren mit ihren Fahrrädern, die sie dabeihaben.

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Hans und Barbara Hillreiner auf ihrer Traumreise.

(Foto: Privat)

In den folgenden Monaten kämpfen sie mit mehreren Motorpannen, zuletzt Ende Juli in Kroatien. Es zeigt sich, dass es eine kluge Entscheidung ist, zwei Jahre lang im Mittelmeer zu kreuzen, ehe sie den Atlantik überqueren werden, nicht zuletzt um Kinderkrankheiten an ihrem Boot zu beheben. Ansonsten treten immer wieder Probleme mit sehr engen Liegeplätzen auf: "Wir sind einfach zu groß für diese Häfen." Eine Herausforderung sind bisweilen auch die Grenzübertritte, zum Beispiel von Ungarn nach Serbien: "Man muss fünf verschiedene Instanzen abklappern. Polizei, Zoll, Wasserwirtschaftsamt, Arzt und schließlich nochmals die Polizei. Jeder durfte unterschreiben. Dann auch noch Stippvisite auf dem Boot. Der Polizist hat alle Türen öffnen lassen. Wollte alles ganz genau sehen."

Die Höhepunkte der Fahrt sind für die Hillreiners das sogenannte Eiserne Tor - ein Durchbruchstal durch die Südkarpaten an der Grenze zwischen Rumänien und Serbien - mit seinen riesigen Schleusen und schließlich das Donaudelta mit seiner einzigartigen Flora und Fauna. Am 11. Mai erreichen die beiden das Schwarze Meer. Bei teilweise recht hohem Seegang geht es an der rumänischen Küste entlang ins bulgarische Varna, ein wichtiges Zwischenziel. In der dortigen Werft Bulport Logistica werden endlich Mast und Segel für ihr Boot gesetzt. "Mittwoch, 22. Mai 2019. Um 18.14 Uhr machten wir die erste Fahrt mit unserer ,Dream' unter Segel. Ein tolles Gefühl. Doch der Wind spielte nicht ganz mit", ist im Blog zu lesen. Mit Motorkraft fahren die beiden daher an den Anlegeplatz zurück. Doch von dem Tag an ist es wirklich die jahrelang erträumte Segelbootreise durch die Meere der Welt. Ein zweiter Anfang.

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Nach dem Start muss die "Dream" einige Schleusen überwinden, wie hier im Main-Donau-Kanal bei Dietfurt.

(Foto: Privat)

Eine gewisse Herausforderung ist die Durchfahrt durch den Bosporus: Zunächst ist es entspannt, so Barbara Hillreiner. "Nach der Hälfte wurde es etwas aufregend, weil so viel Verkehr war: Die Ausflugsboote, Berufsschifffahrt und Yachten, die durch den Bosporus fahren, und die Boote die zwischen Europa und Asien verkehren." Istanbul sei wunderschön, "doch man merkt die politische Anspannung in den Häfen und den Druck der Regierung, mit dem der Einzelne nicht einverstanden ist". Aber vielleicht, so meint sie, "lag es ja am Ramadan, dass die Menschen etwas genervt waren".

Auf der Reise treffen die Hirtlbacher Aussteiger immer wieder Globetrotter, denen sie bereits an vorherigen Stationen begegnet sind. "Wir haben mehrere Segler-Bekanntschaften gemacht und viel über deren Lebenslauf, Routen, Highlights der Reisen erfahren - und auch was man nicht tun sollte", erklären sie. Zudem lassen sie sich, wie ganz normale Touristen, berühmte Sehenswürdigkeiten nicht entgehen. In der Türkei etwa machen sie einen Ausflug an die Stätte des antiken Troja, später in Griechenland steht eine Tagestour nach Olympia auf dem Programm. Circa einen Monat segeln sie durch griechische Gewässer: die Ägäis, rund um den Peloponnes bis Korfu. Von dort aus führt der Reiseweg nach Otranto im süditalienischen Apulien. Dann die Küste entlang bei teilweise heftigen Winden über Brindisi und Bari, ehe sie die Adria überqueren, weil sie am 24. Juli mit Besuchern aus der Heimat in Dubrovnik verabredet sind. Zu viert geht es für einige Tage durch die kroatische Inselwelt weiter, mal als ruhiger Badeurlaub für die "Gäste", dann von einem richtigen Unwetter überrascht.

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Zwischenstopp: Die "Dream" liegt vor der italienischen Hafenstadt Brindisi an der Adria.

(Foto: Privat)

Haben die beiden Aussteiger in den beinahe sechs Monaten, die sie auf ihrer Yacht unterwegs sind, schon mal Heimweh gehabt? Die knappe Antwort lautet: "Nicht wirklich."

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