Von Bauern und Bienen:Einer gegen alle

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Bei einer Versammlung des Bauernverbandes schimpft Bezirkspräsident Anton Kreitmair angesichts des Volksbegehrens zum Artenschutz auf Medien, Lehrer und Politiker. Doch auch er muss sich Kritik gefallen lassen

Von Renate Zauscher, Schwabhausen

"Wie machen wir weiter?" Diese Frage stellt sich dem Bayerischen Bauernverband (BBV) nach dem überraschend erfolgreichen Volksbegehren "Rettet die Bienen", das 1,7 Millionen Menschen in Bayern unterschrieben haben. Dieses Thema stand auch im Mittelpunkt einer Veranstaltung, zu welcher der Dachauer Kreisverband des BBV am Montag nach Rumeltshausen eingeladen hatte. Der Kreisobmann und oberbayerische Bezirkspräsident des BBV, Anton Kreitmair, stellte dabei die Situation aus seiner Sicht dar, musste sich in der anschließenden Diskussion aber auch viel Kritik aus den Reihen der gut einhundert Veranstaltungsbesucher anhören.

Kreitmair sieht die Landwirtschaft durch das Volksbegehren an den Pranger gestellt. Es sei "voll gegen die Bauern gerichtet gewesen", sagte er. "Alle sind gegen uns - auch die Kirchen." Die Schuld sieht Kreitmair vor allem bei den Medien, welche die Sache "hochgeschaukelt" hätten, aber auch bei den Schulen, wo Lehrer die Kinder mit ihrer Darstellung "gegen die Landwirtschaft aufhetzen". Vor siebzig Jahren, sagt Kreitmair, "hätte man das Volksverhetzung genannt".

Ein Landwirt pflügt mit dem Traktor seinen Acker in Lotzbach bei Hebertshausen. Im Hintergrund sieht man bei Föhnwetter die Alpen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Fakt sei jedoch, dass 20 Prozent der Bevölkerung in Bayern das Volksbegehren unterschrieben hätten, und es stelle sich die Frage, wie man damit umgehen solle. Kreitmair setzt seine Hoffnung auf das Begleitgesetz zum Volksbegehren, über das Bayerns Minister zuletzt beraten haben. Das Gesetz, das voraussichtlich im Juli verabschiedet wird, soll "die Fehler des Volksbegehrens aushebeln", so Kreitmair. Der Bauernverband habe hier in mehrmonatiger Arbeit und auch durch politischen Druck gegenüber der Staatsregierung viel erreichen können. Die Gespräche am Runden Tisch mit Vertretern aller Gruppierungen seien konstruktiv gewesen.

Wäre es zu einer Abstimmung zwischen dem Entwurf des Volksbegehrens und einem Alternativvorschlag der Regierung gekommen, dann, so Kreitmair, hätte sich die Staatsregierung aller Wahrscheinlichkeit nicht durchsetzen können. Ihm sei es vor allem darum gegangen, dass das Thema nicht erneut über Monate diskutiert würde. Kreitmair ist auf der einen Seite optimistisch, was den Einfluss des BBV auf das Begleitgesetz angeht. Andererseits sieht er aber deutlich, dass die Landwirtschaft manche Forderungen der Gegenseite hinnehmen muss. Dazu gehört etwa die, dass zwischen Ackerflächen und Gewässern künftig ein Schutzstreifen von mehreren Metern vorgehalten werden muss. "Das Thema ist durch - damit müssen wir leben", sagte er.

"Alle sind gegen uns - auch die Kirchen", sagt Anton Kreitmair, Kreisobmann des Bauernverbandes. (Foto: Toni Heigl)

Kreitmairs Kompromissbereitschaft und seine Hoffnung, über das Begleitgesetz doch noch akzeptable Lösungen zu erreichen, ist begleitet von großem Pessimismus, was die gesellschaftliche und politische Entwicklung angeht. Er glaubt, dass "90 Prozent der Unterzeichner des Volksbegehrens überhaupt nicht wissen, was sie unterschrieben haben" und dies bei jedem neuen Thema ebenso handhaben würden. Er beklagt darüber hinaus die Haltung von Politikern wie Umweltminister Thorsten Glauber, dem er "Wortbruch" in Sachen Biotopkartierung vorwirft, oder von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, welche die landwirtschaftliche Ausbildung in Frage gestellt und ein "Umdenken" angemahnt habe. Aber auch das Einkaufsverhalten der Konsumenten und deren Weigerung, auch nur "zwanzig oder dreißig Cent" mehr für Bioware zu zahlen, kritisiert Kreitmair. "Wie dumm muss eine solche Gesellschaft sein?", fragt sich der BBV-Mann resigniert und prognostiziert gleichzeitig einen starken Preisverfall für Bio-Produkte.

In der Diskussion wurde jedoch deutlich, dass einige Landwirte Kreitmairs Optimismus in Bezug auf das Begleitgesetz zum Volksbegehren nicht teilen. Widerspruch kam etwa von seinem BBV-Stellvertreter im Landkreis, Simon Sedlmair, der das Verbot von Pflanzenschutzmitteln auf Grünflächen als "Katastrophe" bezeichnete und darauf verwies, dass "viele Punkte noch ungeregelt" seien. Von anderer Seite wurde Ängste geäußert, dass landwirtschaftlicher Grund schon bald zum "öffentlichen Besitz" werden könnte und Landwirte angesichts von "Stadtkindern, die über unsere Landwirtschaft bestimmen wollen", nicht mehr Herr ihrer Höfe seien. Rebellisch sind vor allem junge Landwirte: "Wir brauchen radikale Lösungen", sagte einer: "Wir sollten einfach nicht mehr mitmachen, dann wacht die Politik auf".

Auch Kreitmair sieht Tendenzen einer "Gleichstellung von Eigentum". Von radikalen Lösungen hält er aber nichts: "Wollen wir diese Tendenzen noch beschleunigen?" fragte er seine Verbandsmitglieder und verwies darauf, dass vielleicht bald schon "andere Parteien" in München oder auch in Berlin am Ruder sein könnten. "Wir müssen Kompromisse machen", davon ist Kreitmair überzeugt, "wir können uns nicht gegen die Gesellschaft stellen und müssen manches in Kauf nehmen".

© SZ vom 05.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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