Volkstanz:Kreiseln wie ein Spinnradl

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Kaum jemanden hält es an diesem Abend auf den Plätzen. (Foto: Toni Heigl)

Beim Volkstanzabend im Wirtshaus am Erdweg rotieren 50 Paare über das Parkett und beleben damit eine alte bayerische Tradition. Hinter der Veranstaltung steht ein Projekt, das von der Europäischen Union gefördert wird.

Von Sonja Siegmund, Erdweg

Wie begeistert auch heute noch ein Zwiefacher oder Boarischer getanzt werden, haben am Mittwochabend zahlreiche Tanzpaare unterschiedlichen Alters im denkmalgeschützten Wirtshaus am Erdweg gezeigt. Mehr als fünfzig Volkstanzpaare aus der gesamten Region haben sich im wohl schönsten Raum unter dem Sichtdachstuhl getroffen, dem eindrucksvollen Tafernsaal im Obergeschoss des historischen Bauwerkes. Dem EU-geförderten Projekt "Volksmusik im Wittelsbacher und Dachauer Land" ist dieser in Zusammenarbeit mit den Regionalentwicklungsvereinen der beiden Landkreise sowie der Bezirke Oberbayern und Schwaben organisierte Volkstanzabend zu verdanken.

Bis die bekannte Aichacher Bauernmusi an diesem Abend allerdings aufspielen kann, müssen sich die im festlichen Trachtengewand gekleideten Tanzpaare noch eine Weile gedulden. Denn für die Wirtsleute gilt es zunächst vor allem, Tische zu organisieren und aufzubauen für die unerwartet vielen Gäste. In seinem kurzen Grußwort verweist Helmut Zech, Vorsitzender von Dachau AGIL und stellvertretender Landrat, auf das Volkstanzprojekt der zwei Landkreise. Als gemeinsame Ziele nennt Zech, die Volksmusik im Bewusstsein der Bevölkerung und insbesondere der Jugend wieder zu verankern und dadurch mehr Identität mit der Heimat zu erreichen. Zech bedankt sich bei den Gästen, denn "unser Projekt lebt ja nur, weil so viele Tanzpaare zusammengekommen sind und zeigen, was bayerische Tradition eigentlich ausmacht", sagt er.

Ursula und Reinfried Pflanz beim Tanz. (Foto: Toni Heigl)

Wie gelungen diese Tanztradition im Wirtshaus am Edweg wiederbelebt wird, ist bereits beim sogenannten "Auftanz-Walzer" zu sehen, angeführt von Tanzmeister Christoph Lambertz und dessen Begleiterin. Bei dieser obligatorischen Polonaise durch den gesamten Tafernsaal hält es fast niemanden auf den Plätzen. Wer indes bei der "Bauernmadl-Polka", nach Aichacher Art drei Schritte vor und drei zurück, oder beim "Spinnradltanz" noch eine halbwegs gute Figur bieten will, sollte schon einige Abende zuvor geübt haben und einigermaßen fit sein. Viele der Teilnehmer seien auch Mitglied von Volkstanzgruppen in der Region, erklärt Martin Rabl, der das Tanzprojekt für den Bezirk Oberbayern koordiniert.

Eine Fetzengaudi haben Barbara Keil und Xaver Salier. Um eine gute Figur zu machen, haben sie Kurse beim Landesverein für Heimatpflege belegt. (Foto: Toni Heigl)

Diesen traditionellen Volkstanzabend wollte sich das Ehepaar Reinfried und Ursula Pflanz aus dem Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck nicht entgehen lassen. Seit der Jugendzeit sind beide von Volkstanz begeistert, vor allem von der mitreißenden Musik, den alten Weisen und den traditionsreichen Tänzen. Reinfried Pflanz spielt selbst seit vielen Jahren Posaune und Flügelhorn, ebenso musikalisch seien die drei Kinder (16, 14 und 12 Jahre). Begeisterte Volkstänzer sind auch die 21-jährige Barbara Keil aus Wörth bei Regensburg und deren 25-jähriger Freund Xaver Sailer aus Mittermarbach in der Gemeinde Petershausen. Um beim Volkstanzveranstaltungen teilnehmen zu können und dabei eine gute Figur zu machen, haben die sie einige Seminare und Kurse beim Landesverein für Heimatpflege belegt.

Die Aichacher Bauernmusi. (Foto: Toni Heigl)

Wie eine "Sternpolka", ein "Dreher" oder der "Schottische" perfekt getanzt werden, zeigt zunächst Tanzmeister Lambertz, der den meist erfahrenen Tanzpaaren nur kurze Erklärungen zukommen lässt. Nur wenig zu erklären gibt es für das Ehepaar Erich und Elisabeth Müller, die seit vielen Jahren den Kirtatanz in Röhrmoos organisieren und im Landkreis und darüber hinaus als Tanzmeisterpaar fungieren. Sohn Korbinian, 29, und seine Freundin Franziska, 25, begleiten das Ehepaar auf dem Parkett. Als fleißige Volkstänzer erweisen sich auch der Bergkirchener Bürgermeister Simon Landmann, zweiter Vorsitzender von Dachau AGIL, der mit seiner Ehefrau fast keine Runde auslässt. Immer wieder füllt sich die Tanzfläche ziemlich schnell, zünftiges Kuhglockengeläutet beendet jeweils die zwei Runden. In den kurzen Pausen bietet sich genügend Gelegenheit zum Verschnaufen und Ratschen.

© SZ vom 02.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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