Volksfest Dachau:Kribbeln im Magen

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Der Freifallturm Power Tower gehört heuer zu den Attraktionen auf dem Dachauer Volksfest. Dort präsentieren 75 Schausteller ihre Geschäfte, auch Klassiker wie Kettenkarussell und Riesenrad. Für Frauen gibt es eine gute Nachricht.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Der Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) fährt gerne Rad. Jetzt aber steigt der 27-Jährige in den Power Tower. Die Bügel schließen. Dann setzt sich der Waggon langsam senkrecht in Bewegung. In einer Höhe von 66 Metern hält das Fahrgeschäft an. Der Ausblick ist malerisch: das Schloss, die Dächer der Altstadt, der Kirchturm von Sankt Jakob, die bunten Felder am Horizont. Bestimmt 30 Sekunden lang schweifen die Blicke. Dann kommt der Fall in die Tiefe. Die dreifache Schwerkraft wirkt jetzt auf den Körper. Ein leeres Gefühl im Magen. Ein Kribbeln. Und schließlich: Erleichterung. Man hat überlebt.

"Das Schlimmste ist das Oben-Stehenbleiben"

"Das Schlimmste ist das Oben-Stehenbleiben", sagt Hartmann, kurz nachdem er dreimal hoch und wieder runter geschossen wurde - vom Power Tower, dem größten transportablen Freifallturm der Welt. Dessen Besitzer, der gebürtige Bielefelder Ewald Schneider, hat sichtlich Freude daran, seine Probanden zu quälen. "Noch einmal schneller?" Die junge Reporterin eines Radiosenders, sie ist etwas blass um die Nase, lehnt dankend ab. Wenige Minuten später beim traditionellen Weißwurstessen des Presserundgangs schmeckt es ihr aber schon wieder.

Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) und Volksfest-Platzmeister Siegfried Kistner (links) im Power Tower. (Foto: Toni Heigl)

Klaus Mader, städtischer Volksfestorganisator, plaudert ein wenig aus dem Nähkästchen. 500 bis 600 Bewerbungen flatterten jedes Jahr von Schaustellern ins Rathaus. Doch insbesondere bei Imbissständen und kleinen Spielgeschäften setzt Mader in aller Regel auf Altbewährtes. Ganz anders bei den großen Fahrgeschäften. Hier ist Mader immer auf der Suche nach neuen Attraktionen.

Fündig wird der Volksfestorganisator auf dem Münchner Oktoberfest, eine "ideale Börse", wie er sagt. Sobald er dort ein attraktives Fahrgeschäft erspäht, legt er dem Betreiber nahe, sich auch für das Dachauer Volksfest zu bewerben. Oft mit Erfolg.

75 Schausteller tummeln sich auf der Ludwig-Thoma-Wiese

Siegfried Kistler, der Platzmeister des Dachauer Volksfests, teilt gemeinsam mit Organisator Mader den Schaustellern ihre Plätze zu; an den Plänen arbeiten sie das ganze Jahr über. Das Schwierigste ist, die Wohnwagen und Fahrzeuge hinter den Geschäften verschwinden zu lassen, sagt Kistler. Denn die Wägen werden immer größer und mehr - der Platz aber bleibt der gleiche.

Auf den rund 8000 Quadratmetern Fläche tummeln sich 75 Schausteller auf der Ludwig-Thoma-Wiese, darunter Klassiker wie das Riesenrad oder das Kettenkarussell. Davor steht am Donnerstagvormittag noch ein Lastwagen, der gerade das Kassenhäuschen bringt.

Mit dem Fahrgeschäft Power Tower geht es 66 Meter in die Höhe. Wer richtig sitzt, bekommt einen malerischen Blick über die Altstadt geboten. (Foto: Toni Heigl)

100 Meter weiter, im Glückshafen der Stadt Dachau, lässt sich OB Hartmann derweil mit einem Strauß roter Plastikrosen ablichten, in seiner linken Hand hält er ein hellgrünes Stofftier, das Kermit, dem Frosch, erstaunlich ähnelt. Den gab es übrigens noch gar nicht, als der Glückshafen im Jahr 1884 ins Leben gerufen wurde.

Erlöse des Glückshafens gehen an hilfsbedürftige Dachauer

Anfangs war der beliebte Stand, an dem Lose verkauft werden, noch eine windschiefe Bretterbude. 130 Jahre später ist der Glückshafen eine massive Holzhütte, in der sich allerlei Schnickschnack türmt. Die Volksfestgäste können das Spielzeug mit 50 Cent teuren Losen und etwas Glück gewinnen und mit nach Hause nehmen. Besonders sinnvoll daran: Die Erlöse gehen an hilfsbedürftige Dachauer Bürger.

Der Andrang auf das beliebte Volksfest wird von Jahr zu Jahr größer: Mindestens 300 000 Gäste strömen jedes Jahr auf das Fest. Doch mit der immer noch wachsenden Beliebtheit gehen auch Probleme einher:

Ein besonderes Ärgernis war im vergangenen Jahr der Mangel an Toiletten. Insbesondere die Frauen beklagten sich, dass sie in endlosen Schlangen eine gefühlte Ewigkeit warten mussten. Der Unmut war groß und wurde auch öffentlich gemacht. Auch deshalb hat die Stadt Dachau nun rechts vom großen Bierzelt, gleich neben dem Sportplatz, zwei zusätzliche Klo-Container errichtet. Hierin befinden sich für die Damen 18 weitere Sitztoiletten. Eine "dauerhafte Einrichtung", die sich die Stadt 20 000 Euro hat kosten lassen.

© SZ vom 08.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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