Volksbühne Dachau:Maria hilf!

Die Volksbühne Dachau, eine Komödie über die wahren Leiden von Menschen, über zweifelhafte Ratschläge, über Medizin mit Nebenwirkungen - und die Kraft der Liebe.

Annika Mayer

- Kurz vor 20 Uhr umklammert Roland Strobl den blauen Bühnenvorhang im Ludwig-Thoma-Haus. Keiner im Publikum soll das Bühnenbild einer typisch bayerisch-ländlichen Stube schon vorher sehen. Denn in dem Kammerspiel übernimmt es eine zentrale zwiespältige Hauptrolle als heimelige Kulisse und als Raum, der die Menschen einengt. Dann sitzt Alfred gekrümmt in der Wohnstube, die er mit seiner herrischen Schwester Agnes teilt. Acht Gläser mit Pillen für Leiden wie Herzrasen oder Rheuma reihen sich auf dem Tisch, daneben ein Erste-Hilfe-Koffer. Die Pillen entpuppen sich im Laufe des Stücks als bunte Smarties. Alfred ist ein klassischer Hypochonder. Tag und Nacht muss Doktor Maier sich um die vermeintlichen Leiden seines Patienten kümmern. Aber was wirklich bei dem Patienten im Argen liegt, ist die Seele.

Da hilft nur die Liebe. Und nicht eine bratpfannenschlagende Furie in Gestalt seiner Schwester Agnes. Schon gar nicht der vermeintliche Freund Harry, ein hinterlistiger Banker, der dem Sohn seiner Jugendliebe Maria Geld überweisen soll und es für sich behält. Auch Cousine Julchen ist keine große Stütze. Denn Harry bedient sich auch an ihrem Herzblut und Vermögen. Sie wähnt ihre Altersvorsorge bei Harry sicher. Was für ein Trugschluss!

Um Trugschlüsse aller Art dreht sich die Komödie "Risiken und Nebenwirkungen" in der Regie von Roland Strobl. Premiere war am vergangenen Samstag, das Stück wird an den nächsten beiden Wochenenden mehrmals aufgeführt. Wie der Titel schon andeutet, geht es um Irrungen und Wirrungen, um falsche Freunde, und zweifelhafte Ratschläge - eben um Medizin im weitesten Sinn des Wortes. Bevor aber die Liebe als einzig wahre Therapie zu Alfred kommt, die Julchen mit einem erschrockenen "Ja so was" ankündigt, wird der arme Kerl noch heftig therapiert. Nach Ansicht von Schwester und Cousine hilft gegen seine "Psyseuche" kein Therapeut, der eh ein Betrüger ist, sondern nur ein Wunderheiler in Gestalt des Cousins Olaf. Er wirkte indes auf die Zuschauer wie eine heiße Droge. Denn ihn spielt Jürgen Strobl selbst. Als der Publikumsliebling die Bühne im Ludwig-Thoma-Haus betritt, brüllt das Publikum.

Kurz erzählt geht es in der turbulenten Komödie um Alfred und dessen Schwester Agnes - eine Beziehung, die allein schon Grund genug wäre zu verzweifeln. Tief drinnen ist Alfred voller Trauer, weil er die Liebe seines Lebens verpasst zu haben glaubt. Als Maria plötzlich nach Jahren wieder in dem Ort auftaucht, einsteht ein turbulentes Chaos. Doch Maria bringt quasi als Allheilmittel Ordnung in Alfreds Leben - und nicht nur in seines. Am Schluss muss auch Olaf nicht mehr vorgeben, jemand zu sein, der er nicht ist und bekennt sich zur Liebe und zur Xanthippe Agnes.

In der Mischung aus herbem Humor, deftigem Wortwitz ("Schönheitsgöttin à la Mumie" oder "Fußscheißpickelagnes-Salbe"), und Witzen ("Vielleicht sollte man einen ADAC-Berater fragen, wie man eine Frau abschleppt"), kann sich das versierte Ensemble der Volksbühne um Regisseur Roland Strobl so richtig ausspielen. Allen voran Rudolf und Sandra Lackner als Geschwisterpaar Alfred und Agnes und in den weiteren Rollen Christian Marschall, Angelika Schuster, Albert Trenk, Jürgen Strobl sowie Ute Stedtler. Sie alle finden den richtigen, manchmal ironischen Ton für das deftige Stück von Ute Tretter-Schlicker. Bevor Regisseur Roland Strobl den Vorhang los lässt, muss ihm das Publikum versprechen, es weiterzusagen, wenn ihm die Inszenierung gefällt. Stehende Ovationen.

Weitere Termine des Theaters sind am Samstag, 27. Oktober, um 20 Uhr, Sonntag, 28. Oktober, um 18 Uhr, Freitag und Samstag, 2. und 3. November, um 20 Uhr. Karten zu 9 Euro oder ermäßigt für Schüler und Studenten zu 5 Euro gibt es bei Jakob Kratz, Papeterie-Geschenke unter 08131/ 12 30 0, Frau Renner 08136/1684 oder an der Abendkasse.

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