Volksbegehren:Jeder Vierte im Landkreis Dachau will die Bienen retten

Demonstrant für das Volksbegehren "Rettet die Bienen"

22,9 Prozent der Landkreisbürger haben ihre Unterschrift gegeben.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Volksbegehren für Artenschutz stößt im Landkreis auf überdurchschnittliche Resonanz.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Die Dachauer möchten es wieder summen hören, sie wollen gestochen und beim Kuchenessen belästigt werden. Insekten fehlen sichtbar, auch die, die der Fahrtwind im Sommer an der Windschutzscheibe zerschellen lässt. Dass das Insektensterben nicht nur ein Spleen irgendwelcher Aktivisten ist, sondern im Alltag spürbar und wahrnehmbar, das ist für Peter Heller und Adrian Heim der wesentliche Grund für den überragenden Erfolg des Volksbegehrens im Landkreis Dachau. 22,9 Prozent der Landkreisbürger haben den Gesetzesentwurf für mehr Umweltschutz und den Erhalt der Artenvielfalt mit ihrer Unterschrift unterstützt. Damit liegt der Landkreis über dem Landesdurchschnitt von 18,4 Prozent und nach ersten Zählungen auf Platz neun im bayernweiten Ranking. Auf Platz drei liegt der Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck.

Unter den Gemeinden war der Zuspruch in Vierkirchen, Röhrmoos und Weichs mit jeweils um die 27 Prozent am größten. In Dachau und Karlsfeld unterschrieben mehr als 22 Prozent der Wahlberechtigten. "Wir haben mit diesem Thema bei den Leuten sperrangelweit offene Scheunentore eingerannt", sagt Peter Heller vom Bund Naturschutz. Er hat mit Adrian Heim vom Bündnis für Karlsfeld und Georg Weigl aus Markt Indersdorf das Aktionsbündnis für den Landkreis Dachau angeführt. Insgesamt gab es 225 Helfer, sagt Heim. Sie haben plakatiert, Flugblätter verteilt, Infostände betreut. Bereits während der Phase, in der Unterschriften zur Zulassung des Volksbegehrens gesammelt wurden, sei der Zuspruch enorm gewesen, sagt Heim. Zur Beteiligung nun sagt er: "Das hätten wir uns nicht träumen lassen." Besonders wichtig sei auch die große und einhellige Unterstützung der Gartenbauvereine und der Imker gewesen, sagt Heim.

Neben der guten Organisation der Unterstützer, die sich aus gemeinsamer Arbeit oft seit Jahrzehnten kennen und bereits andere Volksbegehren mit auf den Weg gebracht haben, heben Heim und Heller bei einer kleinen Pressekonferenz am Donnerstagmittag auch die Mitarbeit der Rathäuser hervor. Nur wenige, sehr kleine Gemeinden hatten zur Unterzeichnung nur zu den gesetzlich vorgeschriebenen Zeiten geöffnet, dazu gehörte auch ein Abend bis 20 Uhr und ein Samstagvormittag. Doch fast alle Gemeinden und vor allem die drei großen, Markt Indersdorf, Karlsfeld und Dachau waren deutlich darüber hinaus gegangen. So hatten sich die drei Rathäuser abgesprochen, am Mittwoch, dem letzten Eintragungstag nochmals bis 20 Uhr abends Gelegenheit zum Unterschreiben zu geben. Das zeigt sich auch an den Unterstützerzahlen, sagt Heim. Ob eine Gemeinde hingegen einen SPD- oder CSU-Bürgermeister habe, spiele offenbar im Abstimmungsverhalten der Bürger keine Rolle.

"Da werden wir im Kreistag blockiert"

Die Regierungsparteien CSU und Freie Wähler hatten das Volksbegehren nicht unterstützt, auch der Bauernverband im Landkreis Dachau hatte sich deutlich ablehnend geäußert. Landwirte, die nicht im Bauernverband organisiert sind, unterstützen oft den Gesetzesentwurf der Partei ÖDP, die das Volksbegehren initiiert hatte. Der Entwurf fordert unter anderem einen Abstand von fünf Metern zwischen Acker und Gewässern - das ist in allen anderen Bundesländern bereits Pflicht. "Natürlich sollen die Landwirte wie in den anderen Bundesländern auch dafür eine finanzielle Entschädigung erhalten", erklärt Heim. Das habe man nur nicht in den Gesetzesentwurf schreiben dürfen.

Zum Beispiel für den Webelsbach im Landkreis wäre es ein Gewinn, wenn er nicht mehr bis zum Uferrand beackert würde, sagt Heller. Wie wichtig stärkere gesetzliche Regelungen zum Erhalt von zusammenhängenden Grünflächen seien, sehe man am Beispiel Grünzug zwischen Karlsfeld und Dachau, sagt Adrian Heim. "Da werden wir im Kreistag blockiert." Umweltschützer kritisieren, dass mitten im Grünzug ein neuer Recyclinghof entstehen soll.

"Es muss eine Verbindlichkeit her", sagt Heim. "Die vergangenen 40 Jahre haben gezeigt, dass niemand freiwillig Flächen spart." Dass sich durch ein neues Gesetz bald die Umgebung im Landkreis ändert, glauben Heim und Heller bei aller Freude über den Erfolg dennoch nicht. "Vielleicht gibt es irgendwann wieder Hecken am Feldrand", sagt Heim. "Dann braucht es keine Schneezäune mehr." Erste Schritte wären blühende Wiesen oder ein Weg zwischen Wald und Feld.

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