Vierkirchen:Schon wieder Biberalarm

Der Nager fühlt sich in Vierkirchen wohl, besetzt das Naturbad und hat jetzt in Pasenbach Durchlaufrohre verstopft. Für den Bürgermeister entwickelt sich das Tier zur Plage - dafür gebe es nur eine Lösung.

Matthias Pöls

"Alarmstufe eins", verkündete der Vierkirchener Bürgermeister Heinz Eichinger (SPD) auf der Umweltbeiratssitzung seiner Gemeinde am Montagabend. Der Biber - er lebt wieder sein Naturell aus und staut Wasserläufe. Diesmal hat der Nager im Pasenbach Durchlaufrohre verstopft, der kleine Fluss stehe kurz vorm Überlaufen. "Wenn einmal richtiger Regen kommt, dann säuft der Ortsteil Pasenbach ab", sagte Eichinger. Erst am Montagmittag hatte ihn eine besorgte Anwohnerin über den hohen Wasserstand und die mit Ästen verstopften Rohre in der Nähe der alten Kläranlage informiert.

Vierkirchen: Dieses Rohr hatte der Biber verstopft. "Wenn einmal richtiger Regen kommt, dann säuft der Ortsteil Pasenbach ab", befürchtete der Vierkirchener Bürgermeister Heinz Eichinger(SPD) auf der Umweltbeiratssitzung am Montagabend. Doch der Bauhof hatte die Gefahr tags darauf schon gebannt.mpö/ Foto: Jørgensen

Dieses Rohr hatte der Biber verstopft. "Wenn einmal richtiger Regen kommt, dann säuft der Ortsteil Pasenbach ab", befürchtete der Vierkirchener Bürgermeister Heinz Eichinger(SPD) auf der Umweltbeiratssitzung am Montagabend. Doch der Bauhof hatte die Gefahr tags darauf schon gebannt.<QM>mpö/ Foto: Jørgensen

(Foto: DAH)

Der Biber, er fühlt sich in Vierkirchen offenbar pudelwohl. "Aufgeben tut der Hund nicht", sagte Eichinger lachend. Bereits im vergangenen Jahr gab es immer wieder Ärger mit den Nagern. Im Februar 2011 war ein Pärchen der streng geschützten Art über den Ramelsbach bis zum Naturbad vorgedrungen und hatte eine Reihe dicker Bäume angefressen. Die Tiere stauten den Ramelsbach auf und bauten in der Uferregion einen Fluchtgang zum angrenzenden Gemeindeweiher, der deshalb ebenfalls auszulaufen drohte. Die Wohnhöhlen der Biber reichten schon bis in die Mitte der Liegewiese des Naturbads. Filteranlagen und Folie des Biotops, in dem das Wasser des Bads gereinigt wird, waren nach Ansicht von Bürgermeister Heinz Eichinger in Gefahr. Weil die Gemeinde große Schäden befürchtete, beantragte sie eine Abschussgenehmigung, die sie von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes schließlich für zwei Tiere erhielt.

Im Dezember hatten offenbar die Nachkommen der erlegten Nager wieder ihr Wesen ausgelebt. Bei der alten Kläranlage hatten Biber viele Bäume entlang des Pasenbaches und des erst im selben Jahr gegrabenen Kanals einfach umgelegt. Die meterhohen Bäume mit ihren dicken Stämmen lagen kreuz und quer über den Zäunen, einer landete auf dem Rodelberg. "Alles ist kaputt", stellte der Bürgermeister damals kopfschüttelnd fest und kam nicht umhin der großen Arbeitsleistung der Tiere Respekt zu zollen. "Wie sie das schaffen, weiß ich nicht, aber kaum holen wir die Stämme aus den Rohren raus, sind sie am nächsten Tag wieder drin." Jeden dritten Tag habe der Bauhof stundenlange Arbeit. Damals wollte Eichinger erneut eine Abschussgenehmigung beantragen. Doch gemeinsam mit dem Bund Naturschutz wurde eine andere Lösung gefunden: Die Baumstämme wurden mit Manschetten ummantelt.

Nun sind die Biber wieder am Pasenbach aktiv. "Wir hoffen jetzt, wenn die Rohre raus sind, dass es dann vorbei ist", sagte Eichinger. Denn nicht nur das momentan verstopfte Rohr sei ein Problem. Nur 15 Meter weiter befindet sich eine provisorische Überfahrt mit einem weiteren Betonrohr für den Wasserdurchlauf. "Dann geht er da hin." Allerdings könne aufgrund des hohen Wasserdrucks das Rohr nicht einfach mit den Bagger herausgehoben werden. "Die Gefahren und Schäden sind so brutal." Und der Biber werde erst zum richtigen Problem, so Eichinger. Das Nagetier ist eine geschützte Art, dürfe nicht geschossen und gefangen werden. Aber "er vermehrt sich".

Anfang des 19. Jahrhunderts waren die Biber in weiten Teilen Europas fast ausgerottet. Denn ihr Fell und Fleisch waren sehr begehrt. Mittlerweile haben sich die Bestände der unermüdlichen Nager erholt, vor allem weil er unter strengem Naturschutz steht. Auch im Landkreis Dachau ist er längst wieder heimisch geworden. Experten schätzen den Bestand im Landkreis auf rund 400 bis 500 Exemplare - Tendenz steigend. Doch das muntere Treiben der geschickten Tiere ist im Besonderen auch Landwirten ein Dorn im Auge. Diese klagen schon über einen längeren Zeitraum über Schäden. Massive Beschwerden hagelte es bereits beim Kreisbauerntag 2010. Der damalige Umweltminister Markus Söder, Hauptredner der Veranstaltung, reagierte prompt: Wenn die Tiere zur Plage würden, dürfe man einen Abschuss nicht ausschließen, sagte er unter dem Beifall der Bauern.

Der Vierkirchener Bürgermeister sagte der Süddeutschen Zeitung, er sei überzeugt, dass es für den Biber "irgendwann Abschussraten wie beim Wild" gebe. Im vergangenen Jahr erteilte das Landratsamt insgesamt 16 Genehmigungen zum Abschuss der Tiere. "Auch wenn ich mit dieser Position alleine stehe", so der Befürworter von Abschussgenehmigungen für Biber, "und böse Briefe bekomme". Natürlich sei der Biber ein nützliches Wesen, etwa für Bodendiversität. Aber wenn die Schadenshöhe dermaßen hoch ist, dass das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen nicht mehr stimmt, "dann muss im Einzelfall die härteste Maßnahme greifen".

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