Vierkirchen:Häuptling Huber spricht

Beim Auftritt des CSU-Politikers in Vierkirchen wird die große Angst seiner Partei vor der AfD spürbar

Von Benjamin Emonts, Vierkirchen

Erwin Huber ist ein "Häuptling klarer Sprache", sagt der Dachauer CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath und zwinkert ihm anerkennend wie liebevoll zu. Am politischen Aschermittwoch des CSU-Ortsverbands Vierkirchen tritt Erwin Huber, Staatsminister außer Dienst, auch als ein Häuptling erbarmungsloser Ansagen auf - adressiert an Flüchtlinge, die in Deutschland Asyl suchen. Aber die martialische Botschaft ist natürlich für die Wähler bestimmt. Die CSU fürchtet, dass ein Teil ihrer Klientel zur AfD überlaufen könnte.

Aus Respekt vor den Opfern des furchtbaren Zugunglücks von Bad Aibling haben Christsoziale und andere Parteien das Aschermittwoch-Spektakel abgesagt. In Vierkirchen gedenkt die CSU mit einer Schweigeminute der Opfer. Denn im Landkreis, so wurde erklärt, schlage der Redner ja nicht auf den politischen Gegner ein - nur auf die Asylsuchenden, könnte man ergänzen. Nach einer ausschweifenden Lobeshymne an den von Gott gesegneten Freistaat Bayern - "wir haben Grund, stolz zu sein, wir werden beneidet an vielen Orten der Welt" - poltert Huber los. "Wer nicht verfolgt wird oder finanzielle Interessen verfolgt, der darf unser Asylrecht nicht in Anspruch nehmen." Dafür erntet Huber viel Applaus von rund 150 Gästen im Sportheim Vierkirchen. Huber fordert, wenig überraschend auf dem Hardliner-Kurs seiner Partei, Gesetzesverschärfungen, schärfere Grenzkontrollen und Obergrenzen für Flüchtlinge. Wer sich nicht ausweisen könne oder sich vorsätzlich seines Reisepasses entledige, der habe hierzulande keinen Anspruch auf finanzielle Leistungen: "Der hat sein Gastrecht verwirkt." Was der Politiker nicht sagt: Flüchtlinge haben nach dem deutschen Asylgesetz und der Genfer Konvention einen Anspruch auf Schutz und Asyl.

Der ehemalige CSU-Parteivorsitzende fordert eine "deutliche Reduzierung der Flüchtlingszahlen", eine "Befristung der Aufenthaltsdauer" und die "Ausweisung von Abgelehnten". "Wenn wir diesen Weg konsequent weiter gehen, werden wir Mitte des Jahres eine deutliche Verbesserung sehen." Fast schon prophetisch ist Hubers Ansage, dass die SPD im Streit um das Asylpaket II einlenken werde. Am Tag danach einigt sich die Koalition in Berlin darauf, dass der Elternnachzug bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ausgesetzt wird - mit der Möglichkeit von Ausnahmen in Härtefällen. Aber das Christliche kommt auch zur Sprache: Bei politisch und religiös Verfolgten müsse man Solidarität und Hilfsbereitschaft zeigen. Eine Zeitlang. Wenn der Krieg allerdings zu Ende sei, "sind die Leute aufgefordert, ihr Land wieder aufzubauen". Huber erinnert an die Jugoslawienkriege: "70 Prozent der Kriegsflüchtlinge sind auf den Balkan zurückgekehrt."

Von den Flüchtlingen erwartet Huber die Bereitschaft zur Integration. "Wer zu uns kommt, hat Traditionen, Lebensgewohnheiten und Einstellungen der Menschen zu akzeptieren." Schließlich gelte in Deutschland weder die Sharia noch irgendein Ehrenkodex. "Wer hier lebt, hat unsere Rechtsordnung zu akzeptieren." Ex-Bundespräsident Christian Wulff hatte einmal erklärt: "Der Islam gehört zu Deutschland dazu." Damit will Huber in Vierkirchen aufräumen: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Mitteleuropa ist durch das Christentum geprägt. Das werden wir nicht über Bord werfen." Das verlangt auch kein Flüchtling - auch nicht die vier Millionen Muslime, die in Deutschland schon lange leben und in klarer Häuptlingssprache die Grenzen der Integration an diesem Abend erfahren. Dann noch Kritik an Polen: "Ich bezweifle, dass Polen den Sinn von Solidarität verstanden hat." Europa müsse in der Bewältigung des Flüchtlingsaufkommens zusammen halten. Ansonsten drohe wieder eine "Abschottung der Kleinstaaterei".

In deutlichem Ton sagt Huber, worum es vor allem geht: Bitte nehmen Sie Abstand von der AfD. Einer Partei, deren Vorsitzende den Gebrauch von Schusswaffen an den Grenzen ins Spiel gebracht hat, dürfe man das Land "nicht einmal partiell anvertrauen." "Wir sollten aus unserer Vergangenheit gelernt haben, solchen Kräften in Deutschland nie wieder eine Chance zu geben."

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