Vierkirchen:Noch ein zu tiefer Brunnen

Vierkirchen: Die Gemeinde Vierkirchen hatte vor, mit dem Brunnenwasser das Schwimmbecken im beliebten Naturbad zu füllen. Das hätte den Vorteil, dass weniger Wasser aus der Leitung entnommen werden müsste, zudem hätte es gleich die perfekte Temperatur.

Die Gemeinde Vierkirchen hatte vor, mit dem Brunnenwasser das Schwimmbecken im beliebten Naturbad zu füllen. Das hätte den Vorteil, dass weniger Wasser aus der Leitung entnommen werden müsste, zudem hätte es gleich die perfekte Temperatur.

(Foto: Toni Heigl)

Neben dem Oberweilbacher Christbaumbauer Spennesberger ist offenbar auch die Gemeinde Vierkirchen auf Tiefengrundwasser gestoßen. Ob das Landratsamt auch in diesem Fall einen Rückbau anordnet, ist allerdings unklar

Von Anna Schwarz, Vierkirchen

Vor rund fünf Jahren hat die Gemeinde Vierkirchen für ihr Naturbad einen Brunnen gebohrt - mit Genehmigung des Wasserwirtschaftsamtes. Bürgermeister Harald Dirlenbach (SPD) erklärt: "Der Brunnen ist fertig und aktuell mit einem Gullydeckel verschlossen, aber auf Stand-by." Ob die Gemeinde das Brunnenwasser irgendwann nutzen darf, bleibt fraglich: "Die Wasserentnahme ist noch nicht genehmigt - es ist ein schwebendes Verfahren", sagt Dirlenbach. Für ihn und den Gemeinderat hatte ein zusätzlicher Brunnen für das Naturbad ursprünglich viele Vorteile: "Wir bräuchten weniger Wasser aus der Leitung, es käme auf direktem Weg ins Bad und das Tiefenwasser aus dem neuen Brunnen wäre auch entsprechend kühl zum Baden." Dass es so kompliziert werden würde, das Tiefenwasser zu entnehmen, habe er nicht erwartet.

Schließlich haben ein Ingenieurbüro und das Wasserwirtschaftsamt die Bohrungen ständig begleitet. Ordnungsgemäß hat Vierkirchen eine Bohranzeige gemacht, daraufhin teilte das Wasserwirtschaftsamt mit, dass und wie tief neben dem Regenerationsbecken im Naturbad gebohrt werden darf. Dirlenbach sagt: "Irgendwann hat uns das Amt dann gesagt: Ihr könnt schon weiterbohren, aber es ist nicht sicher, ob ihr das Wasser dann auch nutzen dürft." Dazu erklärt das Landratsamt: "Das Bohren erfolgt auf eigenes Risiko." Es sei wie bei einem Hausbauer, wenn er auf eine römische Villa stoße, "dann muss er auch aufhören zu graben". Die Gemeinde Vierkirchen ist zwar nicht auf eine römische Villa gestoßen, aber eben auf etwas vergleichbar Wertvolles: Tiefengrundwasser.

Vierkirchen: Derzeit ist der fertige Brunnen noch mit einem Gullydeckel verschlossen und damit laut Bürgermeister Dirlenbach auf „Stand by“.

Derzeit ist der fertige Brunnen noch mit einem Gullydeckel verschlossen und damit laut Bürgermeister Dirlenbach auf „Stand by“.

(Foto: Toni Heigl)

Genauso war es dem Oberweilbacher Christbaumbauer Stefan Spennesberger ergangen, der vor Kurzem vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht klagte - und verlor. Das Gericht entschied, dass Spennesberger seinen vor sechs Jahren gebauten Brunnen wieder zurückbauen muss. Laut Richter Korbinian Heinzeller war für die Beurteilung entscheidend, ob beim Bohren in Schichten vorgedrungen worden sei, die die Trinkwasserversorgung nachhaltig gefährden könnten. Nun steht die Gemeinde Vierkirchen vor einem ähnlichen Problem.

Das Tiefengrundwasser ist besonders geschützt, wie aus einer Anfrage an den Bayerischen Landtag hervorgeht: "Tiefengrundwasser soll in seiner natürlichen Beschaffenheit erhalten bleiben und kann nur sehr eingeschränkt nachhaltig genutzt werden. Entnahmen von Tiefengrundwasser sollen nur dann auf Dauer gestattet werden, wenn für die öffentliche Trinkwasserversorgung keine anderen zumutbaren Versorgungsalternativen bestehen, oder wenn es für andere hochwertige Zwecke genutzt werden soll, für die Wasser von besonderer Reinheit oder aus großer Tiefe erforderlich ist" - unter anderem für die Heilwasser- oder Mineralwassernutzung, balneomedizinische oder geothermische Thermalwassernutzungen.

Generell hat Dirlenbach aber Hoffnung, dass die Gemeinde das Tiefengrundwasser doch noch für sich nutzen dürfen wird: "Ich denke, man müsste die Wasserentnahme bei einem Brunnen einer Kommune auf jeden Fall anders bewerten als bei einem Christbaumbauer. Bei dem geht es ja um kommerzielle Gründe, warum er das Wasser entnehmen möchte. Bei uns geht es um die kommunale Daseinsvorsorge und, dass wir ein Naturbad für die Gesellschaft betreiben." Fest steht: Schon jetzt ist eine nicht unerhebliche Summe in den Bau des Brunnens geflossen. Laut Dirlenbach hat dieser die Gemeinde bislang 20 000 Euro gekostet, ein Rückbau würde sicherlich noch einmal genauso viel kosten.

Der Hintergrund zum Fall Spennesberger: Das Wasserwirtschaftsamt hat dem Christbaumbauer zwar eine Bohrung von bis zu 40 Metern Tiefe erlaubt, das Problem dabei: Nach 17 Metern Tiefe war die Brunnenbaufirma auf eine Tonschicht gestoßen und hatte daraufhin keine Rücksprache gehalten. Jedoch hätte die Firma, so der Vorwurf des Amtes, wissen müssen, dass sich unterhalb der massiven Tonschicht Tiefengrundwasser befindet. Nun soll er den bereits fertigen Brunnen wieder zurückbauen. Doch Spennesberger will das Urteil so nicht hinnehmen. Sein Anwalt erklärte, dass der Brunnenbau vom Landratsamt grundsätzlich bewilligt worden sei. Dass dabei tiefer gebohrt wurde als erlaubt, sei, wenn überhaupt, der Brunnenbaufirma anzulasten. Schließlich kenne sich Spennesberger weder mit Geologie noch Brunnenbau aus, deshalb habe er Experten beauftragt. Dass er nun für deren Fehler bezahlen solle, sei nicht rechtens. Er plädierte für eine nachträgliche Legalisierung des Brunnens und kündigte weitere rechtliche Schritte an.

Spennesbergers Klage hat das Münchner Verwaltungsgericht bereits abgewiesen, eine Urteilsbegründung steht allerdings noch aus. Sie wird für Anfang des neuen Jahres erwartet. Diese will das Landratsamt abwarten, bevor es final über den Fall Vierkirchen entscheidet. Zwischenzeitlich hat Dirlenbach seinen Antrag auf Wasserentnahme beim Landratsamt aber ohnehin auf ruhend gestellt: "Wenn wir gewusst hätten, dass es so kompliziert wird, hätten wir wohl auf das Projekt Brunnenbau verzichtet." Gleichwohl hat er Verständnis für die Situation: "Man muss natürlich schon hinterfragen, wofür unser Trinkwasser genutzt wird."

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