Verwandlungskünstler:Volksfestbier zum Lidl-Tarif

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Kabarettist Wolfgang Krebs' wirbt für das Leben in ländlichen Regionen - und streut dabei Dachauer Kolorit ein

Von Jana Rick, Dachau

Der Scheberl Schorsch ist ein typischer Bayer im Trachten-Janker, auf dem er seine unzähligen Orden sämtlicher Vereinsmitgliedschaften hängen hat. Er kommt aus Untergamskobenzeißgrubengernhaferlverdimmering, das ist "ganz weit weg und selbst da liegt's noch dahinter", so erklärt er es auf der Bühne im Ludwig-Thoma-Haus Dachau. Schorsch alias Kabarettist Wolfgang Krebs sorgt sich um seine Heimat und deren Tradition, nachdem es in den letzten Jahren die jungen Einheimischen vermehrt in die großen Städte zum Studieren gezogen hat.

Landflucht ist das große Thema an diesem Abend. Das kann Schorsch nicht verstehen, er tritt deswegen auf mit der Bitte: "Geh zu, bleib da!". Es gebe schließlich genug Argumente fürs Leben auf dem Land, an erster Stelle steht zum Beispiel das billige Bier. Oder überhaupt Bier. In der Stadt trinken alle Aperol, das schmeckt laut Schorsch "wie der Duftstein im Pissoir riecht", und warum man einen Hugo trinkt, ist für ihn auch unverständlich. "Wir trinken bei uns am Land Bier!", ruft der Bayer und bekommt große Zustimmung aus dem Dachauer Publikum. Dachau sei übrigens "der Lidl unter den Volksfesten", der Ort mit dem billigsten Bier, da will man doch gar nicht weg. Wobei Schorsch zugibt, dass Dachau nicht wirklich Land ist: "Dachau ist irgendwo dazwischen, noch nah dran an einer großen Stadt, aber wenn man in die andere Richtung schaut, dann ist da alles weit weg."

Der Traditionsbayer verschwindet hinter dem großen Plakat auf der Bühne, auf dem die malerischen Alpen und grüne Almwiesen zu sehen sind und kommt wenige Sekunden später als Edmund Stoiber wieder. "Liebe Dachauerinnen und Dachdecker", begrüßt dieser das Publikum, verbessert sich: "Liebe Schlossbewohnerinnen und Schlossbewohner". Als ehemaliger Ministerpräsident stolpert Krebs von einem Satz in den nächsten, verhaspelt sich wieder und füllt seine Denklücken mit vielen "Ähms", "Dings" und "Schwamm drüber". Er appelliert, dass man Seehofer "in den Schmutz ziehen muss, äh, in den Schutz nehmen" muss und lacht über die Engländer mit ihrem "Drecksit". Der Krebs-Stoiber springt von einem konfusen Gedankengang zum nächsten und wieder zurück, sodass man fast den Faden verliert. Dann entschuldigt er sich: "Sortieren Sie sich das einfach selber." Das Lachen im Saal legt kaum länger als eine halbe Minute eine Pause ein, zu gut sind die Wortverdrehungen, zu lustig die politischen Unkorrektheiten. Auch in der Rolle als Seehofer geht Krebs auf, in Sakko und mit dem typischen Lachen des Politikers. Er erklärt, die Koalition bedeute "eine Regierung, die man sich mit Leuten teilen muss, die noch nicht mal in der CSU sind", und schimpft über den Verjüngungswahn, der zurzeit in der Gesellschaft herrsche. "Ihr müsst noch sehr, sehr lange mit mir rechnen", warnt Seehofer das Publikum, als er die Bühne verlässt.

Laut gelacht wird auch über den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der bei seinem Auftritt erstmal ein Selfie für Instagram macht und dann von einem "ausgewogenen Schadstoffmix" spricht, den es brauche, damit die Menschen in den Städten nicht so lange leben. Auch die Bienen kommen an diesem Abend nicht zu kurz, so scherzt Stoiber, dass jetzt alles so grün sei, und "wir mit dem SUV zum Bienenretten fahren". Laut ihm solle man jetzt auch eine Rote Liste für die SPD aufstellen, denn die müsse man schützen.

Natürlich hält auch Angela Merkel eine kurze Rede, Krebs trägt in dieser Rolle einen leuchtenden, pink-grünen Blazer und zeigt die weltweit bekannte Handgeste der Kanzlerin. Man hat schon fast Mitleid mit ihr, wenn sie über die vielen Stämme und Urvölker spricht, die es in der Bundesrepublik gibt und die sie alle aufgrund ihres Dialektes oder ihrer "Klicklaute" nicht versteht. Die Bundeskanzlerin ist der Meinung, man müsse Deutschland mit mehr Logopäden versorgen.

Doch hinter all dem Humor und der Satire regen die Paraderollen des Wolfgang Krebs auch zum Nachdenken an. So erntet Stoiber Applaus, als er seinen Zuhörern in Erinnerung ruft, dass Frieden das Wichtigste sei und wir diesen in Europa schätzen müssten.

© SZ vom 16.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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